EU investiert Milliarden in KI-Infrastruktur und verschärft Kontrollen
07.12.2025 - 10:59:12
Die Europäische Union treibt den Aufbau sicherer KI-Infrastruktur voran und strafft gleichzeitig ihre Compliance-Vorgaben. Während Brüssel und die Europäische Investitionsbank am 4. Dezember ein milliardenschweres Abkommen für „KI-Gigafabriken” besiegelten, kämpfen Unternehmen europaweit mit den bereits geltenden Schulungspflichten aus dem KI-Gesetz. Der kürzlich vorgelegte „Digitale Omnibus” verspricht Entlastung – doch Rechtsexperten warnen: Kernpflichten bleiben unangetastet.
Mit dem am 4. Dezember unterzeichneten Memorandum zwischen EU-Kommission und EIB-Gruppe sollen künftig große Rechenzentren entstehen, die KI-Modelle der nächsten Generation sicher trainieren können. Das Abkommen, besiegelt von Vize-Präsidentin Henna Virkkunen und EIB-Chefin Nadia Calviño, ist Teil der InvestAI-Strategie und mobilisiert bis zu 17 Milliarden Euro (rund 20 Milliarden US-Dollar).
Was unterscheidet diese Initiative von bisherigen Infrastrukturprojekten? Die explizite Verknüpfung von Rechenleistung mit KI-Sicherheit. Jede geförderte Einrichtung muss den strengen ethischen und Sicherheitsstandards der EU entsprechen – ein bewusster Kontrapunkt zu weniger regulierten Märkten.
„Es geht nicht nur um Computing-Power, sondern um Vertrauen und Compliance als Fundament”, betonte ein Kommissionssprecher nach der Unterzeichnung. Die EIB wird Konsortien gezielt beraten und finanzieren. Erste Projektausschreibungen werden für Anfang 2026 erwartet.
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KI-Kompetenzpflicht: Keine Atempause für Unternehmen
Während Brüssel die Infrastruktur von morgen plant, müssen Firmen heute bereits konkrete Vorgaben erfüllen. Artikel 4 des KI-Gesetzes, der sogenannte „AI Literacy”-Paragraph, gilt seit 2. Februar 2025 – und zwar ausnahmslos für alle Anbieter und Nutzer von KI-Systemen, unabhängig vom Risikolevel.
Die Verpflichtung ist klar: Mitarbeiter müssen die technische Funktionsweise von KI-Systemen verstehen, Ergebnisse korrekt interpretieren und Risiken wie Halluzinationen oder Bias erkennen können. „Unternehmen dürfen die neuen Deregulierungsvorschläge nicht als Freifahrtschein für Schulungsverzicht missverstehen”, warnt eine Analyse der Kanzlei Morrison & Foerster. „Die Kompetenzpflicht bleibt tragender Pfeiler der Sicherheitsarchitektur.”
Warum die Verwirrung? Weil der „Digitale Omnibus” für Missverständnisse sorgt.
Digitaler Omnibus: Entlastung mit Fußnoten
Die am 19. November 2025 veröffentlichte Omnibus-Verordnung will den Verwaltungsaufwand für europäische Firmen reduzieren. Sie sieht gezielte Anpassungen am KI-Gesetz, der DSGVO und weiteren Digitalgesetzen vor.
Zentrale Änderungen:
- Verschiebung der Literacy-Förderung: Die breite Förderung von KI-Kompetenz geht von Unternehmen auf Mitgliedstaaten und Kommission über. Die Pflicht zur Schulung der eigenen Belegschaft bleibt jedoch bestehen.
- Zeitplan-Streckung: Regeln für Hochrisiko-KI-Systeme sollen erst Dezember 2027 greifen (oder 24 Monate nach Verfügbarkeit harmonisierter Standards) – statt wie ursprünglich Mitte 2026. Hintergrund: Die technischen Standards sind noch nicht fertig.
- KMU-Erleichterungen: Kleine und mittlere Unternehmen sollen bei risikoärmeren Systemen mit weniger Dokumentation auskommen.
Rechtsexperten von White & Case und Baker Botts betonen: Diese Änderungen schaffen Spielraum für künftige Hochrisiko-Pflichten, heben aber nicht die aktuellen Basis-Anforderungen zu Kompetenz und verbotenen Praktiken auf, die seit Februar gelten.
Whistleblower-Plattform: Brüssel macht Ernst
Ende November startete die Kommission ein verschlüsseltes Whistleblower-Portal für das KI-Gesetz. Über die vom AI Office verwaltete Plattform können Mitarbeiter, Ex-Beschäftigte und Insider anonym Verstöße melden – etwa den Einsatz verbotener KI-Praktiken oder vernachlässigte Sicherheitsprotokolle.
Die Plattform ermöglicht bidirektionale Kommunikation bei vollständigem Identitätsschutz. Ihre Einführung signalisiert: Die Durchsetzungsmechanismen werden scharf gestellt, auch wenn die Zertifizierungsfristen für Hochrisiko-Systeme gestreckt werden.
Kann das gut gehen – erst verlängerte Fristen, dann verschärfte Kontrollen?
Ausblick 2026: Gigafabriken und Gesetzgebungs-Marathon
Mit dem Jahreswechsel rücken zwei Prozesse in den Fokus:
Erstes Quartal 2026: Offizielle Ausschreibungen für KI-Gigafabrik-Projekte. Die EIB prüft Finanzierungsanträge von Konsortien.
Legislativer Trilog: Der Digitale Omnibus durchläuft Europaparlament und Rat. Unternehmen sollten verfolgen, ob die Verschiebung auf Dezember 2027 für Hochrisiko-Regeln final beschlossen wird.
Standardisierung unter Druck: Die Fristverlängerung lastet enorm auf den Normungsgremien (CEN/CENELEC), die die technischen Standards als Compliance-Maßstab finalisieren müssen.
Vorläufiges Fazit: Firmen sind gut beraten, ihre KI-Schulungsprogramme und internen Governance-Strukturen aufrechtzuerhalten. Wie der Start des Whistleblower-Tools zeigt, bleibt Brüssel wachsam – ungeachtet verschobener Fristen für spezifische Hochrisiko-Kategorien. Der regulatorische Druck nimmt zu, nicht ab.
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