EU-Entwaldungsverordnung, Verschiebung

EU-Entwaldungsverordnung: Zweite Verschiebung bis Ende 2026

06.12.2025 - 01:29:12

Die EU-Entwaldungsverordnung wird erneut verschoben – diesmal bis Ende 2026. Was bedeutet das für Unternehmen, Lieferketten und den Kampf gegen die Abholzung?

Dramatische Wende in letzter Minute: Europaparlament und Rat der Europäischen Union haben sich am Abend des 4. Dezember auf eine weitere Verschiebung der umstrittenen EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) verständigt. Großunternehmen erhalten nun eine Frist bis zum 30. Dezember 2026, Mikro- und Kleinbetriebe sogar bis zum 30. Juni 2027.

Das Ganze gleicht einem politischen Krimi – bereits zum zweiten Mal wird die Verordnung aufgeschoben. Noch vor wenigen Wochen sollte das Regelwerk in Kraft treten. Branchenvertreter sprechen von einer regelrechten “Zitterpartie”, die nun vorerst ein Ende gefunden hat.

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Die provisorische Einigung soll Lieferkettenchaos verhindern und Unternehmen mehr Zeit geben, ihre IT-Systeme und Sorgfaltspflichten vorzubereiten. Die komplexen Nachweissysteme, mit denen Produkte wie Kaffee, Kakao, Soja, Holz und Rindfleisch auf Entwaldungsfreiheit geprüft werden müssen, erfordern offenbar deutlich mehr Vorlauf als gedacht.

“Das Herzstück der EU-Entwaldungsverordnung bleibt intakt”, betonte Christine Schneider, Chefunterhändlerin des Europaparlaments. “Wir schützen Wälder, die einem echten Entwaldungsrisiko ausgesetzt sind – und vermeiden gleichzeitig unnötige Verpflichtungen dort, wo kein solches Risiko besteht.”

Die neuen Fristen im Überblick:

  • Große Unternehmen und Händler: Compliance-Pflicht ab 30. Dezember 2026
  • Kleine und Kleinstunternehmen: Vollständige Anforderungen ab 30. Juni 2027

Die Verlängerung gilt für alle relevanten Rohstoffe und Folgeprodukte – ein deutlicher Spielraum für globale Lieferketten, die verzweifelt versuchten, die ursprüngliche Deadline 2025 einzuhalten.

Bürokratieabbau: Was sich konkret ändert

Neben der zeitlichen Verschiebung brachten die Trilog-Verhandlungen substanzielle Erleichterungen – eine zentrale Forderung der Europäischen Volkspartei (EVP) und mehrerer Mitgliedstaaten.

Vereinfachte Meldepflichten für risikoarme Fälle
Die Pflicht zur Abgabe von Sorgfaltserklärungen liegt künftig ausschließlich beim ersten Inverkehrbringer auf dem EU-Markt. Nachgelagerte Unternehmen in der Lieferkette müssen keine doppelten Erklärungen mehr einreichen – allerdings die Referenznummern der ursprünglichen Sorgfaltserklärungen strikt dokumentieren.

Entlastung für Kleinbetriebe
Mikro- und Kleinunternehmen profitieren von einem System “einfacher Einmalerklärungen”. Diese Regelung soll kleinere Landwirte und Betriebe von der schweren administrativen Last wiederkehrender Vollberichte befreien – sofern sie in risikofreien Gebieten tätig sind.

Druckerzeugnisse ausgenommen
Ein Erfolg für die Verlagsbranche: Bücher, Zeitungen und gedruckte Bilder fallen künftig nicht mehr unter die Verordnung. Die Sorge, dass die Regelung versehentlich risikoarme Sektoren mit exzessiven Compliance-Kosten belastet, wurde damit ausgeräumt.

Die “Kein-Risiko”-Debatte und Überprüfungsklausel
Während das Parlament im November für eine formelle “Kein-Risiko”-Länderkategorie votiert hatte, konzentriert sich die finale Einigung auf praktische Vereinfachungen. Allerdings muss die EU-Kommission bis April 2026 eine umfassende Überprüfung durchführen. Könnte das der Türöffner für weitere Abschwächungen sein?

Warum schon wieder eine Verschiebung?

Der Weg zur zweiten Verzögerung war politisch aufgeladen. Ursprünglich 2023 verabschiedet, sollte die EUDR bereits 2024 greifen. Nach massivem Druck von Handelspartnern – darunter Brasilien, die USA und südostasiatische Staaten – sowie europäischen Agrarministern wurde die Frist auf Dezember 2025 verschoben.

Während des gesamten Jahres 2025 mehrten sich Berichte, dass das dedizierte IT-System der EU nicht bereit sei, die erwarteten Millionen jährlicher Sorgfaltserklärungen zu verarbeiten. Branchenverbände warnten vor einem möglichen Kollaps der Handelsströme bei einem fehlerhaften Start.

“Die Einigung zwischen Europaparlament und Rat schafft die notwendige Sicherheit und Planbarkeit für Unternehmen”, erklärte Jessika Roswall, EU-Kommissarin für Umwelt, Wasserresilienz und eine wettbewerbsfähige Kreislaufwirtschaft. Der Fokus liege nun auf der Fertigstellung der IT-Infrastruktur und der Länder-Benchmarking-Systeme.

Wirtschaft atmet auf – Umweltschützer frustriert

Die Reaktion der Wirtschaft fällt eindeutig aus: Erleichterung. Der Deutsche Säge- und Holzindustrie Bundesverband (DeSH) begrüßte die Entscheidung als “entscheidenden Schritt zu einer praktikablen EUDR” und lobte den Bürokratieabbau für heimische Produzenten.

Auch die National Pig Association betonte, die Verzögerung verhindere “erhebliche Störungen” am Sojamarkt – ein kritischer Futterbestandteil für europäische Nutztiere.

Umweltorganisationen hingegen reagieren enttäuscht. Kritiker argumentieren, dass die zweite Verschiebung faktisch weitere zwölf Monate unkontrollierte Entwaldung im Zusammenhang mit EU-Konsum bedeutet. Die sozialistische Europaabgeordnete Delara Burkhardt nannte das Ergebnis “enttäuschend” und warnte, die Überprüfungsklausel könne die Tür für eine Aufweichung der Umweltziele öffnen.

Wie geht es weiter?

Die provisorische Einigung muss nun formell von Europaparlament und Rat verabschiedet werden. Die Abstimmung im Plenum ist für die Woche ab dem 15. Dezember 2025 angesetzt. Angesichts des politischen Konsenses im Trilog gilt die Zustimmung als Formsache.

Nach Verabschiedung und Veröffentlichung im Amtsblatt der EU werden die neuen Fristen Gesetzeskraft erlangen. Für Unternehmen dürfte sich der Fokus 2026 von Panik zu Prozessoptimierung verschieben – die Vorbereitungen auf das definitive Inkrafttreten des Anti-Entwaldungsregimes Ende 2026 laufen.

Bleibt die Frage: Wird diesmal wirklich alles rechtzeitig fertig sein? Oder erleben wir 2026 die dritte Verschiebung?

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