E-Rechnungspflicht: BMF-Schreiben bringt Klarheit für EDIFACT-Nutzer
25.12.2025 - 17:42:11Die zweite Verwaltungsanweisung des Finanzministeriums beendet die Unsicherheit für Unternehmen mit klassischen EDI-Formaten. Abkürzungen und Erweiterungen müssen nun strengen Regeln folgen.
Berlin – Ein Jahr nach Start der Empfangspflicht für elektronische Rechnungen erhalten deutsche Unternehmen entscheidende Klarheit. Das zweite BMF-Schreiben vom 15. Oktober 2025 legt fest, wie etablierte EDIFACT-Formate unter der neuen E-Rechnungspflicht weiter genutzt werden können. Der Fokus liegt jetzt auf technischer Interoperabilität und korrekter Validierung für das Steuerjahr 2026.
Viele Unternehmen sind unsicher, wie EDIFACT-Extensions korrekt in das EN‑16931-Format überführt werden oder welche Pflichtangaben für den Vorsteuerabzug zwingend sind. Fehler bei Format, Abkürzungs-Mappings (z. B. „Stk“ → „PCE“) oder Archivierung können schnell Prüfungen und Nachforderungen auslösen. Das kostenlose E‑Rechnung-Bundle (Video‑Podcast + ergänzendes E‑Book) erklärt Übermittlung, Validierungshierarchie und rechtskonforme Archivierung Schritt für Schritt – speziell für Buchhaltung und IT. Jetzt E‑Rechnung-Bundle herunterladen
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat mit seinem aktualisierten Schreiben die Zukunft klassischer EDI-Verfahren besiegelt. EDIFACT-Formate wie das in Handel und Automobilindustrie weit verbreitete EANCOM dürfen weiter verwendet werden. Voraussetzung: Die darin enthaltenen Pflichtdaten müssen vollständig und korrekt in das europäische Standardformat EN 16931 überführt werden können.
„Das Schreiben gibt uns die benötigte Rechtssicherheit“, erklärt ein Sprecher von GS1 Germany, der für den EANCOM-Standard verantwortlichen Organisation. „Die Angst, Milliarden von EDI-Transaktionen über Nacht auf XML umstellen zu müssen, ist gebannt. Die technische Hürde für die Konformität wurde jedoch angehoben.“
Erweiterungen: Geschäftsdaten ja, Steuerdaten nein
Eine der wichtigsten Klarstellungen betrifft Erweiterungen – benutzerdefinierte Datenfelder für branchenspezifische Informationen wie Chargennummern oder spezielle Lieferanweisungen.
Das BMF stellt klar: Erweiterungen sind erlaubt, dürfen aber keine umsatzsteuerrelevanten Daten enthalten, sofern diese im EN-16931-Kernstandard vorgesehen sind. Steuerpflichtige Informationen in proprietären Z-Segmenten oder nicht-standardisierten XML-Erweiterungen zu „verstecken“, ist nicht zulässig.
„Erweiterungen sind ergänzend zu behandeln“, erläutert Steuertechnologie-Experte Dr. Markus Weiland. „Kann das Finanzamt bei einer Prüfung Pflichtangaben nicht in den Standardfeldern finden, weil sie in einer benutzerdefinierten Erweiterung stecken, gilt die Rechnung als nicht konform. Der Kern ist verpflichtend, die Erweiterung optional – und strikt für Geschäftsprozesse, nicht für die Steuerkonformität.“
Abkürzungen: Alte ERP-Codes müssen standardisiert werden
Die Problematik der Abkürzungen betrifft die Diskrepanz zwischen alten ERP-Codes und den strengen ISO-Codelisten des EN-16931-Standards. Viele Unternehmen nutzten bisher interne Abkürzungen wie „Stk“ für Stück statt des normgerechten „PCE“.
Das BMF-Schreiben bekräftigt: Für eine gültige E-Rechnung müssen standardisierte Codes verwendet oder automatisch abgebildet werden können. Die Beratungsgesellschaft Grant Thornton weist in einer Analyse auf eine entscheidende Unterscheidung bei Validierungsfehlern hin:
- Formatfehler: Verstöße gegen die Syntax oder Nutzung nicht-standardisierter Codes, die eine Abbildung verhindern. Diese machen die Rechnung ungültig und gefährden den Vorsteuerabzug.
- Geschäftsregelfehler: Inhalt, der syntaktisch lesbar ist, aber eine Logikregel verletzt. Diese können unter Umständen „heilbar“ sein oder mit Warnungen als gültig behandelt werden.
Für EDIFACT-Nutzer bedeutet dies: Alte Abkürzungen müssen rigoros auf Standardcodes abgebildet werden, bevor die Daten archiviert oder als E-Rechnung verarbeitet werden.
Validierung: Pragmatismus mit klaren Grenzen
Eine Erleichterung für die Wirtschaft ist der pragmatische Ansatz des BMF bei der Validierung. Das Schreiben führt eine „Validierungshierarchie“ ein. Scheitert eine Rechnung an einer technischen Prüfung, bedeutet das nicht automatisch den Verlust des Steuerabzugs – sofern die wesentlichen rechtlichen Anforderungen des § 14 UStG erfüllt sind und die Daten lesbar sind.
Das globale E-Invoicing-Netzwerk Pagero warnt jedoch vor zu viel Zuversicht: „Unternehmen sollten sich nicht auf das Sicherheitsnetz der ‚wesentlichen Konformität‘ verlassen. Automatisierte Systeme werden Rechnungen mit ‚kritischen Fehlern‘ zunehmend ablehnen. Ein Formatfehler ist ein hartes Stoppschild.“
Ausblick: Von der Technik zur Prozessoptimierung
Zum 25. Dezember 2025 befinden sich deutsche Unternehmen ein Jahr in der reinen Empfangsphase. Der nächste große Meilenstein steht am 1. Januar 2027 an: Dann endet die Übergangsfrist für das Versenden von Papier- oder PDF-Rechnungen für Unternehmen mit einem Umsatz über 800.000 Euro.
Die Klarheit des BMF-Schreibens hat in diesem Quartal eine Welle von Software-Updates ausgelöst. ERP-Anbieter implementieren eilig die von FeRD und KoSIT veröffentlichten Zuordnungstabellen, um ihre EDI-Konverter an die neuen Regeln anzupassen.
Experten prognostizieren für 2026 einen Wechsel von der „technischen Bereitschaft“ zur „Prozessoptimierung“. Die Herausforderung wird sein, die Inhaltsvalidierung zu automatisieren – sicherzustellen, dass „Stk“ ohne manuellen Eingriff zu „PCE“ wird und benutzerdefinierte Erweiterungsdaten in das ERP-System fließen, ohne die Steuerkonformität zu gefährden.
Wichtige Termine im Überblick
- 15. Oktober 2024: Veröffentlichung des 1. finalen BMF-Schreibens (Grundlagen).
- 1. Januar 2025: Pflicht zum Empfang von E-Rechnungen für alle B2B-Transaktionen.
- 15. Oktober 2025: Veröffentlichung des 2. BMF-Schreibens (Klarstellungen zu Validierung & EDIFACT).
- 1. Januar 2027: Pflicht zum Versand von E-Rechnungen für Unternehmen > 800.000 Euro Umsatz.
Hinweis: Dieser Artikel gibt einen allgemeinen Überblick basierend auf dem Rechtsstand vom Dezember 2025 und stellt keine Steuer- oder Rechtsberatung dar.
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