Digitale Spaltung: Senioren verlieren bei KI-Revolution den Anschluss
06.12.2025 - 14:21:12Während die Internetversorgung weltweit stetig wächst, entsteht eine neue Form digitaler Ausgrenzung. Dieses Mal geht es nicht um Glasfaserkabel, sondern um die Fähigkeit, fortschrittliche Technologien wie Künstliche Intelligenz und digitale Gesundheitsüberwachung zu nutzen.
Neue Daten zeigen eine drastische „Generationenkluft” bei der Nutzung moderner digitaler Tools. Weltweit reagieren jetzt Gemeinschaftsorganisationen und Technologie-Anbieter mit Initiativen, um zu verhindern, dass Senioren in einer zunehmend automatisierten Welt abgehängt werden.
Das Schweizer Bundesamt für Statistik veröffentlichte am Freitag eine umfassende Studie zur Internetnutzung, die das Ausmaß der Spaltung deutlich macht. Während die grundlegende Internetnutzung hoch bleibt, offenbart die Nutzung von KI-Tools eine erhebliche Diskrepanz.
Rund 79 Prozent der jungen Menschen zwischen 15 und 24 Jahren nutzen bereits KI-Tools für Aufgaben wie Texterstellung oder Bildgenerierung. Bei den 55- bis 64-Jährigen sind es gerade einmal 28 Prozent.
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Besonders aufschlussreich: die Gründe für diese Zurückhaltung. Etwa ein Drittel der Bevölkerung sieht „keinen Nutzen” in der Verwendung von KI – eine Haltung, die überproportional häufig bei älteren Menschen vorkommt. Weitere sieben Prozent nannten Datenschutzbedenken oder mangelnde Fähigkeiten als Haupthindernisse.
Die Zahlen legen nahe: Während sich die digitale Landschaft von passivem Konsum (Nachrichten lesen, Videos schauen) zu aktiver Nutzung (KI-Assistenten verwenden, komplexe digitale Dienste verwalten) wandelt, droht älteren Menschen eine neue, komplexere Form der Ausgrenzung.
Unternehmen investieren in digitale Bildung
Als Reaktion auf diese wachsende Kluft intensivieren regionale Infrastrukturanbieter ihre Bemühungen zur Förderung digitaler Kompetenz. Am Donnerstag kündigte der britische Breitbandanbieter KCOM eine umfassende Ausweitung seiner Community-Programme an.
Bei einer Veranstaltung am Firmensitz in Hull sagte das Unternehmen zu, die Anzahl der STEM- und Online-Sicherheitsveranstaltungen für junge Menschen zu verdoppeln. Gleichzeitig bekräftigte KCOM sein Engagement für ältere Generationen durch Digital-Inclusion-Zuschüsse. In den vergangenen 18 Monaten spendete das Unternehmen über 120.000 Pfund (etwa 143.000 Euro) an zwölf lokale Gruppen zur Bekämpfung digitaler Ausgrenzung.
„Wir leben in einer zunehmend digitalen Welt, in der alles online stattfindet – vom Bewerben um einen Job über das Bezahlen von Rechnungen bis zur Terminvereinbarung beim Arzt”, erklärte Kenneth Ross, Chief People Officer bei KCOM. „Wer keinen Zugang zu dieser Welt, läuft Gefahr, abgehängt zu werden.”
Die Zuschüsse sollen „gleiche Bedingungen für alle schaffen”, betonte Ross, insbesondere für „ältere Menschen, die noch nie online waren”.
Smartwatches für Senioren: Gesundheitstechnologie im Alltag
Während KCOM sich auf grundlegende Fähigkeiten konzentriert, erproben andere Initiativen, wie tragbare Technologie die Lebensqualität älterer Menschen verbessern kann. Am Mittwoch präsentierte die Zweigstelle Age UK North Yorkshire Coast and Moors die Ergebnisse eines Pilotprojekts in Scarborough.
Mit einer Förderung von rund 20.000 Pfund (etwa 24.000 Euro) ging das „Digital Champions”-Projekt über die Vermittlung grundlegender Computerkenntnisse hinaus. Das Pilotprogramm verleiht Smartwatches, Ringe und Geräte wie Alexa an Senioren, damit diese Vitalwerte wie Blutdruck und Herzfrequenz eigenständig überwachen können.
„Wir haben mehr als 350 Menschen geholfen, neue Fähigkeiten zu erlernen und online zu gehen”, berichtete Irha Parishei, Digital Project Lead der Organisation. „Das war besonders bedeutsam im Hinblick auf die Bekämpfung von Einsamkeit.”
David Skaith, Bürgermeister von York und North Yorkshire, der an der Präsentation teilnahm, lobte die Initiative: „Wir wissen, dass viele unserer Gemeinden recht isoliert sind. Besonders im Alter haben wir Angst vor der Nutzung von Technologie.” Es gelte, neben Kompetenz auch Selbstvertrauen aufzubauen.
Fernsehen statt Smartphone: Innovation in zugänglichem Design
Die Überwindung der Qualifikationslücke erfordert auch Hardware, die Senioren dort abholt, wo sie stehen. Die Technologieplattform „Swift Access”, kürzlich bei den Future of Ageing Awards ausgezeichnet, zeigt einen vielversprechenden Ansatz.
Das System verwandelt ein Gerät, mit dem die meisten Senioren bereits vertraut sind – den Fernseher – in eine Kommunikations- und Wellbeing-Zentrale. Statt Nutzer zu zwingen, sich durch komplexe Smartphone-Oberflächen zu navigieren, können Pflegeheimbewohner Nachrichten empfangen, Fotos ansehen und auf Trainingsinhalte über ihren Fernseher zugreifen.
Die Plattform wurde gemeinsam mit älteren Menschen und klinischen Forschern entwickelt. Sie illustriert einen entscheidenden Wandel in der Branche: Technologie an den Nutzer anpassen, anstatt zu erwarten, dass sich der Nutzer an die Technologie anpasst.
Vom Breitbandanschluss zur sinnvollen Konnektivität
Die Entwicklungen der vergangenen Woche markieren einen Wendepunkt im Kampf gegen digitale Ausgrenzung. Im letzten Jahrzehnt stand die Infrastruktur im Vordergrund – Senioren ans Breitbandnetz anzuschließen. Nun verschiebt sich der Fokus auf „bedeutungsvolle Konnektivität”.
Die Schweizer Daten dienen als Warnung: Zugang allein bedeutet keine Teilhabe. Wenn wesentliche Dienstleistungen – vom Banking bis zur Gesundheitsdiagnostik – zunehmend auf KI und komplexen Schnittstellen basieren, werden die 72 Prozent der Senioren, die diese Tools nicht nutzen, faktisch zu digitalen Bürgern zweiter Klasse.
Doch die lokalen Ansätze in Yorkshire und Hull bieten eine Blaupause für die Zukunft. Indem sie Hardware-Zugang (Smartwatches) mit menschlicher Unterstützung (Digital Champions) und vertrauten Oberflächen (TV-basierte Plattformen) kombinieren, gehen diese Initiativen die psychologischen Barrieren von Angst und Skepsis an, die in den Schweizer Daten deutlich wurden.
Können generische Computerkurse noch ausreichen? Wohl kaum. Die Zukunft gehört spezialisierten Schulungen, wie das Age UK-Pilotprojekt zeigt. Und die „kein Nutzen”-Wahrnehmung, die Schweizer Senioren äußern, stellt auch eine Marktchance dar. Technologieunternehmen werden zunehmend unter Druck geraten, den konkreten, unmittelbaren Wert von KI für ältere Menschen zu demonstrieren – mit Fokus auf Unabhängigkeit, Gesundheitsüberwachung und Familienkontakt, nicht auf Produktivität.
Der Erfolg dieser Programme wird sich nicht daran messen, wie viele Senioren online sind, sondern daran, wie viele das digitale Umfeld selbstbewusst nutzen können, um gesünder und unabhängiger zu leben.
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