DGB, Schein-Betriebsräten

DGB warnt vor Schein-Betriebsräten vor wichtiger Wahl

28.12.2025 - 02:03:12

Der Deutsche Gewerkschaftsbund beklagt eine systematische Aushöhlung der Mitbestimmung durch rechtlich wirkungslose Ersatzgremien und fordert schärfere Strafverfolgung.

Die nächste Betriebsratswahl droht zur Farce zu werden. Der Deutsche Gewerkschaftsbund schlägt Alarm: Immer mehr Unternehmen ersetzen gesetzliche Mitbestimmungsgremien durch rechtlich zahnlose Pseudo-Vertretungen.

Mainz/Berlin – Nur noch knapp jedes zehnte Unternehmen in Rheinland-Pfalz hat einen echten Betriebsrat. Das ist das alarmierende Ergebnis einer aktuellen Analyse des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB). Anlass ist die bevorstehende reguläre Betriebsratswahl vom 1. März bis 31. Mai 2026. Der DGB warnt vor einer systematischen Aushöhlung der betrieblichen Mitbestimmung durch sogenannte „andere Vertretungsorgane“.

Diese Gremien tragen oft Namen wie „Team-Board“ oder „Mitarbeiterforum“, werden von der Geschäftsführung initiiert und sollen echte Betriebsräte ersetzen. Doch sie haben keine rechtliche Basis. „Das ist eine besorgniserregende Entwicklung“, sagt Susanne Wingertszahn, Vorsitzende des DGB Rheinland-Pfalz/Saarland. Ihre Gewerkschaft beobachtet eine gezielte Behinderung von Betriebsratsarbeit – ein Straftatbestand nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).

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Der große Unterschied: Recht versus Goodwill

Was macht einen echten Betriebsrat so viel mächtiger als einen freiwilligen „Runden Tisch“? Die Antwort liegt im Gesetz. Ein nach dem BetrVG gewählter Betriebsrat verfügt über erzwingbare Mitbestimmungsrechte. Das bedeutet: Bei sozialen Angelegenheiten wie Arbeitszeiten, Überwachung oder Überstunden muss der Arbeitgeber eine Einigung erzielen. Ein Schein-Gremium kann dagegen nur bitten – und jederzeit aufgelöst werden.

Die rechtlichen Unterschiede sind gravierend:
* Kein Kündigungsschutz: Während Betriebsratsmitglieder besonderen Schutz genießen, können Mitglieder freiwilliger Ausschüsse leicht entlassen werden.
* Keine echten Vereinbarungen: Nur mit einem echten Betriebsrat geschlossene Betriebsvereinbarungen sind rechtlich bindend. Absprachen mit Pseudo-Gremien sind oft wertlos.
* Keine Eilanträge: Ein Schein-Betriebsrat kann nicht vor Gericht ziehen, um die Einführung neuer Überwachungssoftware zu stoppen.

„Ein Runder Tisch bietet vielleicht eine Stimme, aber nur ein Betriebsrat hat eine Stimme, die vor Gericht zählt“, bringt es ein Arbeitsrechtler auf den Punkt.

Spezialkanzleien als „Union Buster“ im Einsatz

Hinter der Strategie, echte Betriebsräte zu verhindern, stehen laut DGB oft spezialisierte Anwaltskanzleien. Kritiker bezeichnen sie als „Union Buster“. Ihre Taktik: Sie erschweren die Betriebsratswahl durch formale Einwände oder schüren Angst unter potenziellen Kandidaten. Gelingt die Gründung nicht, setzt die Geschäftsführung oft ein gefügiges Schein-Gremium ein – und behauptet, die Mitarbeiterinteressen seien bereits vertreten.

Ein aktuelles Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 30. September 2025 zeigt die Folgen dieser Verzögerungstaktik. Wird ein Betriebsrat erst nach Beginn von Entlassungen oder Umstrukturierungen gewählt, ist sein Einfluss auf einen Sozialplan stark eingeschränkt. Für Arbeitgeber entsteht so ein gefährlicher Anreiz, echte Wahlen hinauszuzögern.

Forderung: Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften für 2026

Vor der entscheidenden Wahlphase im Frühjahr 2026 erhöht der DGB den Druck. Die Gewerkschaft fordert die Einrichtung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften. Diese sollen speziell die Strafverfolgung bei Behinderung von Betriebsratsarbeit übernehmen. Bislang bleibt der entsprechende Paragraf 119 BetrVG meist ein „Papiertiger“, da lokale Staatsanwaltschaften oft überlastet sind.

Besonders in der Tech- und Startup-Branche wird der Konflikt erwartet. Dort argumentieren Unternehmen häufig mit „agilen“ Strukturen gegen „traditionelle“ Betriebsräte. Doch in unsicheren wirtschaftlichen Zeiten wird der rechtliche Schutz durch einen echten Betriebsrat – etwa bei Sozialplänen – für viele Beschäftigte immer wichtiger.

Die Weichen für die Wahl 2026 werden schon jetzt gestellt. Unternehmen könnten versuchen, in den kommenden Wochen alternative Gremien zu installieren, um Wahlinitiativen zuvorzukommen. Die Gewerkschaften bereiten ihrerseits massive Aufklärungskampagnen vor. Ob die Mitbestimmung in Deutschland gestärkt oder weiter ausgehöhlt wird, entscheidet sich in den nächsten Monaten.

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