Deutschland, Großoffensive

Deutschland startet Großoffensive für digitale Verwaltung

28.11.2025 - 04:10:12

Deutschland startet milliardenschwere Digitalisierungsoffensive mit europäischer Identitäts-Wallet. Über 75 Unternehmen unterstützen die Einführung bis 2027 für Behördengänge und Alltagsdienste.

Deutschland zieht das Tempo an: Mit 4,47 Milliarden Euro für die Digitalisierung und einem Bündnis aus über 75 Unternehmen will die Bundesregierung bis 2027 zur digitalen Vorzeigeverwaltung werden. Der Schlüssel? Die europäische digitale Identität.

Diese Woche markiert einen Wendepunkt in der deutschen Verwaltungsmodernisierung. Während die Bundesrepublik in europäischen Rankings bislang als digitaler Nachzügler galt, setzen Regierung und Wirtschaft nun auf einen koordinierten Befreiungsschlag. Das ambitionierte Ziel: Schluss mit Papierkrieg und Behördengängen.

Industriegiganten vereinen sich für digitale Brieftasche

Den Kern der Offensive bildet die European Digital Identity Wallet (EUDI) – eine digitale Brieftasche für Ausweise, Führerscheine und Zertifikate. Am 20. November unterzeichneten das Bundesministerium für Digitales und Verkehr, der Digitalverband Bitkom und mehr als 75 Konzerne ein historisches Memorandum of Understanding.

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Unter den Unterzeichnern finden sich Schwergewichte wie Deutsche Bank, Deutsche Bahn, die Lufthansa Group, SAP und Vodafone. Ihr Versprechen: Die eigenen Systeme bis 2027 so anzupassen, dass Kunden sich per EUDI-Wallet ausweisen können – beim Bankgeschäft ebenso wie beim Ticketkauf oder der Altersprüfung.

„Die EUDI-Wallet ist weit mehr als eine App. Sie ist die Infrastruktur für ein sicheres digitales Rechtssystem in Europa”, erklärte Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst bei der Unterzeichnung. Die Botschaft ist klar: Deutschland setzt diesmal nicht auf nationale Alleingänge, sondern auf europäische Standards.

Rekordbudget von 4,47 Milliarden Euro bewilligt

Der finanzielle Unterbau für die Transformation steht. Am 17. November genehmigte der Haushaltsausschuss des Bundestags für 2026 erstmals ein dediziertes Budget in Höhe von 4,47 Milliarden Euro für das Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung.

Die Verteilung zeigt, wo die Prioritäten liegen:

  • 256 Millionen Euro fließen in das zentrale Bürgerkonto BundID, über das Bürger künftig auf hunderte Verwaltungsleistungen zugreifen können
  • 194 Millionen Euro sind für die Modernisierung öffentlicher Register vorgesehen – Voraussetzung für das “Once-Only”-Prinzip, bei dem Daten nur einmal angegeben werden müssen
  • 162 Millionen Euro sind explizit für den Aufbau des nationalen EUDI-Wallet-Ökosystems reserviert
  • 2,3 Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds stärken den Glasfaserausbau

„Dieses Budget ist ein Paradigmenwechsel”, kommentierte ein Ministeriumssprecher. „Wir wechseln von projektbasierter Finanzierung zu nachhaltigen Investitionen in unsere digitale Souveränität.”

Wirtschaft signalisiert Bereitschaft

Wie ernst es die Wirtschaft meint, belegt eine aktuelle Bitkom-Umfrage: 82 Prozent der deutschen Unternehmen mit mindestens 20 Beschäftigten planen, die EUDI-Wallet in ihre Dienste zu integrieren. Diese breite Unterstützung könnte den entscheidenden Unterschied zu früheren gescheiterten Digitalvorhaben ausmachen.

Anders als bei vergangenen Projekten setzt Berlin nicht auf rein nationale Lösungen, die an fehlender kritischer Masse scheiterten. Die „Europa-First”-Strategie verspricht von Anfang an ein System, das grenzüberschreitend funktioniert – ein Gamechanger für ein exportorientiertes Land wie Deutschland.

Cybersicherheit wird zur Pflicht

Parallel zur Infrastruktur-Offensive verschärft Deutschland seine digitale Sicherheitsarchitektur. Am 13. November verabschiedete der Bundestag das NIS-2-Umsetzungsgesetz, das europäische Cybersicherheitsrichtlinien in nationales Recht überführt.

Ab Anfang 2026 müssen tausende mittelständische Unternehmen in kritischen Sektoren wie Energie, Transport und Gesundheit deutlich strengere Meldevorschriften für Cyber-Vorfälle einhalten. Das Gesetz führt ein dreistufiges Meldesystem ein: Bereits 24 Stunden nach einem signifikanten Vorfall ist eine erste Warnung Pflicht.

Auch Verbraucher profitieren von neuen Schutzregeln. Seit dem 20. November unterliegen „Jetzt kaufen, später zahlen”-Angebote und Kleinkredite unter 200 Euro obligatorischen Bonitätsprüfungen. Die Maßnahme soll Überschuldung in der boomenden Fintech-Branche vorbeugen.

Der Zeitdruck steigt

Die Entwicklungen kommen nicht zufällig jetzt. Das Onlinezugangsgesetz (OZG) 2.0, das Anfang des Jahres in Kraft trat, schuf den rechtlichen Druck. Doch erst die diese Woche angekündigten Mittel und Partnerschaften liefern die Werkzeuge zur Umsetzung.

„Die Regierung garantiert faktisch eine Pipeline großer IT-Projekte für die nächsten zwei Jahre”, analysiert die Technologiepolitik-Expertin Dr. Hannah Klein. „Das schafft Planungssicherheit für Dienstleister und beschleunigt die Modernisierung der Bundesverwaltung erheblich.”

Kann Deutschland diesmal den Sprung schaffen? Die nächsten sechs Monate werden zeigen, ob aus Absichtserklärungen konkrete Anwendungen werden. Die ersten große Pilotprojekte mit beteiligten Banken und Verkehrsunternehmen sind für Mitte 2026 geplant.

Was jetzt passieren muss

Der Bundesrat soll das NIS-2-Umsetzungsgesetz noch vor Jahresende durchwinken – dann startet die Durchsetzung im ersten Quartal 2026. Für die EUDI-Wallet beginnt die kritische Phase: Bis 2027 soll jeder Bürger die digitale Brieftasche herunterladen und nutzen können.

Der Druck liegt nun beim Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung. Es muss die Rekordmittel in Nutzererlebnisse verwandeln, die endlich mit der Bequemlichkeit privater Dienste mithalten können. Die Messlatte ist hoch – aber die Voraussetzungen waren nie besser.

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