Compliance-Risiko wird Pflichtthema für Betriebsräte
29.12.2025 - 10:24:12Neue EU-Verordnung stuft Sanktionsverstöße als wirtschaftliches Kernrisiko ein. Betriebsräte haben ab sofort Anspruch auf detaillierte Offenlegung potenzieller Risiken und Bußgelder.
Ab heute müssen deutsche Unternehmen ihre Betriebsräte umfassend über Sanktions- und Compliance-Risiken informieren. Grund sind neue EU-Regeln, die Verstöße zu einem wirtschaftlichen Kernrisiko erklären.
Berlin – Ein neuer EU-Durchführungsbeschluss und das verschärfte Sanktionsregime gegen Russland verändern die Spielregeln für die Unternehmensmitbestimmung. Seit diesem Montag, dem 29. Dezember 2025, zählen potenzielle Compliance-Verstöße nicht mehr nur als juristisches, sondern als wirtschaftliches Risiko. Das hat direkte Konsequenzen für den Wirtschaftsausschuss nach § 106 BetrVG.
„Die Schwelle für die Informationspflicht ist deutlich gesenkt worden“, erklärt eine arbeitsrechtliche Einschätzung dieser Woche. Mit der in Kraft getretenen Durchführungsverordnung (EU) 2025/2475 werden rechtliche Risiken mit erheblicher finanzieller Tragweite explizit den operationellen Risiken zugerechnet. Vor dem Hintergrund drastisch erhöhter Strafen – bis zu 40 Millionen Euro sind seit 2024 möglich – und einer verschärften EU-Durchsetzungspraxis wird aus einem theoretischen ein ganz konkretes Bilanzrisiko.
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Neue EU-Regeln setzen Maßstab
Die heute wirksam gewordene Verordnung definiert erstmals verbindliche technische Standards für die Meldung operationeller Risiken. Zwar richtet sie sich primär an Finanzinstitute, doch sie setzt einen neuen Maßstab für alle Kapitalgesellschaften: Was ist ein wesentliches wirtschaftliches Risiko?
Die Antwort fällt nun eindeutig aus. Jedes Risiko, das die finanzielle Lage des Unternehmens substanziell beeinträchtigen kann, muss dem Wirtschaftsausschuss offengelegt werden. Das gilt insbesondere für die Einhaltung des 15. EU-Sanktionspakets gegen Russland, das seit Dezember 2024 in Kraft ist und nun voll durchschlägt.
„Vage Versicherungen zur Compliance genügen nicht mehr“, so ein Beobachter. Der Ausschuss hat Anspruch auf konkrete Daten. Dazu zählen eine detaillierte Analyse der Risikoexposition in bestimmten Lieferketten, gebildete Rückstellungen für mögliche Bußgelder sowie die Ergebnisse aktueller Sanktionsprüfungen.
Wirtschaftsausschuss erhält schärfere Rechte
Die Rechtsauffassung zu den Befugnissen des Wirtschaftsausschusses hat sich im letzten Quartal 2025 deutlich verschärft. Zwar beschränken sich seine Rechte formal auf das einzelne Unternehmen. Doch die Integration von Compliance-Risiken in die zentrale Wirtschaftsplanung durchbricht diese Grenze.
Kann die Geschäftsführung die wirtschaftliche Lage des Unternehmens noch plausibel darstellen, ohne ein drohendes Millionen-Bußgeld oder Handelsverbot zu erwähnen? Die klare Antwort der neuen Rechtslage lautet: Nein. Ein solches Risiko ist ein wesentlicher Umstand, der dem Gremium vorzulegen ist.
Arbeitnehmervertreter werden daher beraten, gezielt den „Operational Risk Report“ nach den neuen EU-Standards oder ein betriebsinternes Äquivalent anzufordern. Verweigert die Geschäftsführung die Auskunft mit Verweis auf Geschäftsgeheimnisse, muss sie dies konkret begründen – eine Hürde, die angesichts des öffentlichen Interesses an Sanktionsdurchsetzung höher liegt denn je.
Spannung vor den Januar-Sitzungen
Die neuen Pflichten sorgen für angespannte Erwartungen vor den turnusmäßigen Sitzungen der Wirtschaftsausschüsse im Januar. Vorstände stehen unter Druck, ihre Jahresrisikobewertungen abzuschließen. Im Klima der „Null-Toleranz“-Durchsetzung lassen sich verborgene Risiken nicht länger unter den Teppich kehren.
Der Blick richtet sich bereits auf 2026. Dann tritt die überarbeitete Europäische Betriebsräte-Richtlinie in Kraft, die im Oktober 2025 verabschiedet wurde. Sie wird die Informationsrechte der Arbeitnehmervertreter in transnationalen Fragen weiter stärken.
Die Botschaft dieses 29. Dezembers ist jedoch eindeutig: Das Compliance-Risiko ist zum Wirtschaftsrisiko geworden. Es gehört damit auf den Tisch des Wirtschaftsausschusses und nicht mehr allein in die Schubladen der Rechtsabteilung. Unternehmen, die diesen Wandel ignorieren, riskieren nicht nur hohe Strafen von außen, sondern auch interne Rechtsstreitigkeiten mit ihren Betriebsräten.
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