Betriebsräte blockieren scharfe Krankenkontrollen
29.12.2025 - 14:12:12Deutsche Unternehmen reagieren mit strengen Anwesenheitsregeln auf Rekord-Krankenstände – und scheitern am Widerstand der Betriebsräte. Diese pochen auf ihr Mitbestimmungsrecht und fordern Prävention statt Kontrolle.
Der Konflikt spitzt sich zu, während die Krankenkassen für das vierte Quartal 2025 historische Fehlzeiten melden. Besonders betroffen sind Einzelhandel und Pflege. Als Hauptgründe nennen AOK und DAK anhaltende Atemwegserkrankungen und einen deutlichen Anstieg psychischer Belastungen.
Ab dem 1. Januar 2026 wollen viele Firmen schärfere Regeln durchsetzen. Doch ohne Zustimmung des Betriebsrats geht nichts.
Die Zahlen sind alarmierend. Kurz vor den Feiertagen veröffentlichte die AOK Rheinland/Hamburg Daten, die einen neuen Höchststand belegen. Die betriebliche Reaktion folgt prompt: Verpflichtende Krankenrückkehrgespräche, Attestpflicht ab dem ersten Tag und Bonus-Systeme, die Anwesenheit belohnen, stehen auf der Agenda.
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Doch diese Maßnahmen kollidieren oft mit dem Betriebsverfassungsgesetz. „Unternehmen handeln aus einer Not heraus, aber ohne rechtliche Absicherung“, analysiert ein Arbeitsrechtler. Die Folge sind sofortige Konflikte mit den Arbeitnehmervertretungen.
Wo das Vetorecht der Betriebsräte greift
Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) wird zum Schlachtfeld. § 87 regelt die Mitbestimmung bei Ordnung und Verhalten im Betrieb. Ein einfaches „Wie geht es Ihnen?“ ist erlaubt. Sobald daraus jedoch eine systematische Regel wird – etwa ein verpflichtendes Gespräch nach jedem dritten Krankentag –, muss der Betriebsrat zustimmen.
„Die Grenze zwischen Fürsorge und Disziplinarmaßnahme ist fließend“, warnt der Rechtsexperte. Betriebsräte blockieren derzeit pauschale Richtlinien, die jeden Krankenschein unter Generalverdacht stellen.
Auch technische Überwachung fällt unter strikte Mitbestimmung. Software-Updates, die „häufige Kurzzeiterkrankungen“ automatisch markieren, benötigen eine Betriebsvereinbarung. Ohne diese sind sie rechtlich wacklig.
Gewerkschaften: Problem ist Belastung, nicht Faulheit
IG Metall und DGB wehren sich gegen die Grundthese vieler Arbeitgeber. Die Rekordzahlen seien kein Zeichen mangelnder Arbeitsmoral, sondern Folge von Arbeitsverdichtung und Personalmangel. Diese Position bekräftigt nun auch der Medizinische Dienst Bayern.
Die Behörde appelliert an die Unternehmen, auf Prävention zu setzen: Besseres Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM), psychische Gefährdungsbeurteilungen und der Abbau von Burnout-Risiken. Betriebsräte werden aufgefordert, Kontrollforderungen mit Gegenvorschlägen für echten Gesundheitsschutz zu beantworten.
Gefährliche Prämien und der Blick auf 2026
Besonders heikel sind Versuche in Logistik und Automobilzulieferung. Dort sollen Anwesenheitsprämien Mitarbeiter zur Präsenz motivieren. Arbeitsgerichte sehen solche Boni jedoch kritisch. Sie könnten Kranke dazu drängen, zur Arbeit zu kommen – und in Zeiten von Infektionswellen Kollegen anzustecken.
Für das erste Quartal 2026 prognostizieren Experten eine Welle von Einigungsstellenverfahren. Unternehmen müssen den schmalen Grat zwischen betrieblichem Notstand und Arbeitnehmerrechten navigieren. Die Botschaft der Betriebsräte ist eindeutig: Es geht um die Ursachen von Krankheit, nicht um deren Meldung. Ohne Vereinbarung bleiben einseitige Verschärfungen wirkungslos.
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