BAG-Urteile, Bonusziele

BAG-Urteile 2025: Bonusziele für 2026 müssen jetzt stehen

17.12.2025 - 21:30:12

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) stellt variable Vergütungssysteme auf den Prüfstand. Zwei wegweisende Urteile aus 2024 und 2025 zwingen deutsche Arbeitgeber dazu, Zielvereinbarungen für das kommende Jahr noch vor dem 1. Januar abzuschließen. Wer zu spät handelt, riskiert hohe Schadensersatzforderungen in Höhe des vollen Bonusanspruchs.

Rechtsexperten schlagen Alarm: Die bislang oft praktizierte Nachsicht bei der Terminierung von Bonuszielen ist Geschichte. Im Zentrum steht das BAG-Urteil vom 19. Februar 2025 (Az. 10 AZR 57/24). Das Gericht entwickelte eine strikte „Unvereinbarkeitsdoktrin“ für verspätet gesetzte Ziele.

Die Kernaussage: Wird eine Zielvorgabe zu spät im Referenzzeitraum mitgeteilt, verliert sie ihre wesentliche Motivations- und Anreizfunktion. Ein Ziel, das gesetzt wird, nachdem ein erheblicher Teil des Jahres bereits verstrichen ist, kann rechtlich kein Anreiz mehr sein. Die Konsequenz für den Arbeitgeber ist drastisch: Er muss Schadensersatz in Höhe der vollen möglichen Bonussumme leisten – unabhängig von Unternehmenserfolg oder individueller Leistung des Mitarbeiters.

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„Damit sind die stillschweigenden Karenzfristen, auf die sich viele Firmen verlassen haben, obsolet“, kommentieren Arbeitsrechtler in aktuellen Analysen. Personalabteilungen, die die Ziele für 2026 erst im zweiten Quartal finalisieren, setzen ihr Unternehmen automatisch der Gefahr voller Bonusauszahlungen aus.

Verhandlung statt Diktat: Die Pflicht zur „Augenhöhe“

Die Lage wird durch ein weiteres Grundsatzurteil verschärft. Das BAG entschied am 3. Juli 2024 (Az. 10 AZR 171/23), dass bei einem Vertrag über eine „Zielvereinbarung“ der Arbeitgeber bei gescheiterten Gesprächen nicht einseitig Ziele diktieren darf – es sei denn, der Vertrag enthält eine wirksame Auffangklausel.

Das bedeutet für die Praxis:
* Verhandlungspflicht: Der Arbeitgeber muss nachweislich versuchen, eine einvernehmliche Lösung mit dem Mitarbeiter zu finden.
* Kein einseitiger Ersatz: Ein einfacher „Zielbrief“ wegen terminlicher Schwierigkeiten genügt nicht mehr.
* Schadensersatz bei Scheitern: Ist der Arbeitgeber für das Scheitern der Vereinbarung verantwortlich – etwa durch verspätete Gesprächseinleitung –, haftet er auf Schadenersatz. Dieser wird meist aus dem Durchschnittsbonus früherer Jahre oder dem vollen Zielbetrag berechnet.

„Die Ära des ‚Frustrationsbonus‘, der einfach diktiert wird, ist für Vereinbarungsklauseln vorbei“, so ein Resümee in der Jahresendauswertung des Fachverlags Haufe. „Die Verhandlungsbemühungen müssen lückenlos dokumentiert werden.“

Dringender Handlungsbedarf zum Jahreswechsel

Die Kombination beider Urteile schafft eine Null-Toleranz-Umgebung für administrative Verzögerungen. Mit nur noch zwei Wochen bis zum Jahresende 2025 ist die Dringlichkeit für Personalabteilungen enorm.

Checkliste für den Jahresabschluss 2025:
1. Verträge prüfen: Klar unterscheiden zwischen Mitarbeitern mit Zielvereinbarungen (erfordert Unterschrift) und solchen mit Zielvorgaben (erfordert Mitteilung).
2. Fristen einhalten: Sicherstellen, dass alle Zieldokumente vor dem 1. Januar 2026 versendet und bei Bedarf gegengezeichnet sind.
3. Inhalte validieren: Ziele müssen realistisch und erreichbar sein. Das BAG hat bereits „unerreichbare“ Ziele für unwirksam erklärt, was Schadensersatzansprüche auslösen kann.
4. Kommunikation dokumentieren: Bei Vereinbarungen die Gesprächseinladungen und den Austausch von Entwürfen akribisch protokollieren.

Rechtsberater warnen: Die „Abwarte-Strategie“, oft genutzt, um erst die Wirtschaftslage im ersten Quartal abzuwarten, ist jetzt brandgefährlich. Nach der neuen Rechtslage könnte ein im April oder Mai 2026 für das laufende Jahr gesetztes Ziel für unwirksam erklärt werden – mit dem Anspruch der Belegschaft auf Maximalauszahlung.

Trend: Stärkung der Arbeitnehmerrechte bei variabler Vergütung

Die Verschärfung der Rechtsprechung spiegelt einen generellen Trend im deutschen Arbeitsrecht wider: die Stärkung der Arbeitnehmerrechte bei leistungsbezogener Bezahlung. Historisch betrachteten viele Arbeitgeber den Zielsetzungsprozess als bürokratische Formalie, die verzögert werden konnte, um sich an wechselnde Budgets anzupassen.

Die Urteile 2025 signalisieren die Absicht des BAG, den Anreizcharakter von Boni durchzusetzen. Per Definition muss ein Anreiz bestehen, bevor die Arbeit geleistet wird.

„Das Bundesarbeitsgericht sendet eine klare Botschaft: Man kann nicht die Vergangenheit incentivieren“, erklärt Dr. Martin Kupka, Fachanwalt für Arbeitsrecht, in einem Kommentar. „Kommt das Ziel zu spät, ist es kein Bonussystem mehr, sondern ein Festzahlungsrisiko für den Arbeitgeber.“

Dieser Entwicklung setzt insbesondere Vertriebsorganisationen und Vergütungsausschüsse für Führungskräfte unter Druck, bei denen komplexe Kennzahlen die Finalisierung der Zielvorgaben oft verzögern.

Ausblick 2026: Der Fokus verschiebt sich

Für 2026 erwarten Experten eine neue Welle von Rechtsstreitigkeiten, die sich auf die Qualität der Zielverhandlungen konzentrieren. Nachdem die Verfahrensfragen (Zeitpunkt und Einseitigkeit) durch die strikten Urteile 2024/2025 weitgehend geklärt sind, dürften künftige Klagen die Angemessenheit der Ziele selbst und die Transparenz der verwendeten Auffangklauseln herausfordern.

Bis dahin ist die Handlungsanweisung für deutsche Unternehmen eindeutig: Um kostspielige Schadensersatzforderungen zu vermeiden, müssen die Bonusziele für 2026 jetzt auf dem Tisch liegen – und nicht im nächsten Quartal.

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