BAG-Urteil, Online-Recherchen

BAG-Urteil verbietet heimliche Online-Recherchen zu Bewerbern

25.12.2025 - 15:54:12

Ein Grundsatzurteil verbietet stille Online-Recherchen über Bewerber. Personalabteilungen müssen nun proaktiv informieren und Prozesse anpassen, um Schadensersatzforderungen zu vermeiden.

Das Bundesarbeitsgericht stellt klar: Wer Bewerber heimlich im Internet überprüft, muss mit Schadensersatz rechnen. Die Entscheidung zwingt Personalabteilungen zum kompletten Umdenken.

Ende der stillen Hintergrundchecks

Die informelle Praxis, Bewerber einfach zu „googeln“, ist ab sofort rechtswidrig. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Grundsatzurteil vom 5. Juni 2025 bestätigt, das jetzt für Furore sorgt. Demnach verstößt eine heimliche Online-Recherche gegen die Informationspflicht nach Artikel 14 der DSGVO. Der konkrete Fall betraf einen Rechtsanwalt, dessen Bewerbung an der Universität Düsseldorf abgelehnt wurde, nachdem die Personalabteilung eine nicht rechtskräftige Verurteilung auf Wikipedia entdeckt hatte – ohne den Bewerber je darüber zu informieren.

Der 1.000-Euro-Präzedenzfall

Das BAG bestätigte ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf und sprach dem abgelehnten Bewerber 1.000 Euro Schadensersatz zu. Die Summe mag gering erscheinen, die rechtliche Signalwirkung ist jedoch enorm. Das Gericht sah bereits im Nichtinformieren einen „Kontrollverlust“ über die persönlichen Daten, der einen immateriellen Schaden nach Art. 82 DSGVO begründet.

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Die Kernpunkte des Urteils:
* Informationspflicht: Wird eine Datenquelle außerhalb der Bewerbung genutzt, muss der Bewerber informiert werden.
* Frist: Die Information muss „innerhalb angemessener Frist“ erfolgen, spätestens bei der Entscheidung.
* Keine Ausnahme: Die öffentliche Verfügbarkeit der Daten im Internet befreit nicht von der Pflicht.

Bürokratie-Alarm in Personalabteilungen

Die Entscheidung löst eine Welle von Compliance-Anpassungen aus. Personalabteilungen müssen ihre Prozesse für 2026 dringend überarbeiten. „Wir raten allen Mandanten davon auszugehen, dass jede Online-Recherche als Datenerhebung gilt“, erklärt Arbeitsrechtler Thomas Müller. Der sicherste Weg sei, jede genutzte Quelle zu dokumentieren und Bewerber proaktiv zu informieren.

Kritiker sehen darin eine bürokratische Hürde, die sorgfältige Recherchen bestraft. Findet ein Recruiter online belastende Informationen – etwa rassistische Kommentare – muss er diese nun offenlegen. Das könnte neue Diskriminierungsklagen provozieren.

Das Paradox: Legitimes Interesse vs. Transparenzzwang

Das Urteil spiegelt einen größeren Trend wider: Deutsche Gerichte stärken 2025 zunehmend die digitalen Persönlichkeitsrechte von Arbeitnehmern. Im Gegensatz zu den USA, wo umfangreiche Background-Checks Standard sind, hat in Deutschland das Recht auf informationelle Selbstbestimmung Vorrang.

Dabei entsteht ein Paradox: Arbeitgeber haben ein legitimes Interesse, die Eignung eines Kandidaten zu prüfen, besonders bei sensiblen Positionen. Die Transparenzpflicht erschwert jedoch gerade im Massenbewerbungsverfahren die Praxis. „Das Gericht hat die Recherche nicht verboten, sondern die Heimlichkeit“, stellt Privacy-Advocate Sarah Klein klar. „Es erzwingt einen Dialog.“

Was Personaler 2026 erwartet

Für das kommende Jahr zeichnen sich drei Entwicklungen ab:
1. Mehr Klagen: Abgelehnte Bewerber werden vermehrt Auskunftsersuchen nach Art. 15 DSGVO stellen, um herauszufinden, ob heimlich über sie recherchiert wurde.
2. Technische Lösungen: Anbieter von HR-Software werden wahrscheinlich „Search-&-Notify“-Funktionen entwickeln, um die Informationspflicht zu automatisieren.
3. Neue Leitlinien: Die Datenschutzkonferenz (DSK) wird voraussichtlich Anfang 2026 konkretisieren, wann genau informiert werden muss – ob eine pauschale Hinweise in der Stellenausschreibung genügt oder individuelle Benachrichtigungen nötig sind.

Die Botschaft an alle Arbeitgeber ist eindeutig: Wer sucht, muss es sagen. Stillschweigen ist keine Option mehr.

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