BAG, Probezeiten

BAG kippt 25-Prozent-Regel für Probezeiten

18.12.2025 - 08:19:12

Die Personalabteilungen deutscher Unternehmen stehen vor einer neuen Rechtsunsicherheit. Das Bundesarbeitsgericht hat die starre 25-Prozent-Regel für Probezeiten in befristeten Verträgen gekippt – und setzt stattdessen auf Einzelfallprüfungen.

Bis Ende Oktober galt in vielen Unternehmen eine einfache Rechnung: Die Probezeit in einem befristeten Arbeitsverhältnis sollte nicht länger als 25 Prozent der Gesamtvertragsdauer sein. Diese vermeintliche Regel, die vom Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg ins Spiel gebracht worden war, ist nun Geschichte. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einem Grundsatzurteil (Az. 2 AZR 160/24) klargestellt: Ein fester Prozentsatz existiert im deutschen Arbeitsrecht nicht.

Was bedeutet das konkret? Unternehmen gewinnen zwar Flexibilität zurück, verlieren aber die Sicherheit einer einfachen Berechnung. „Die Ära der starren Prozentregeln ist vorbei“, kommentiert die Fachzeitschrift Personalwirtschaft in ihrer Analyse vom 16. Dezember 2025. Stattdessen müssen Personalverantwortliche jetzt komplexer begründen, warum eine bestimmte Probezeitlänge angemessen ist.

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Neue Maßstäbe: Die „Art der Tätigkeit“

Im Zentrum der neuen Rechtsprechung steht ein Begriff, der Personalern vertraut sein dürfte: die „Art der Tätigkeit“. Das BAG betont in seinem Urteil, dass die Angemessenheit einer Probezeit im Einzelfall zu prüfen ist – und zwar in Relation zur erwarteten Vertragsdauer und zur konkreten Tätigkeit.

Das klingt abstrakt, hat aber handfeste Konsequenzen: Eine komplexe Position mit langer Einarbeitungszeit kann auch in einem kürzeren befristeten Vertrag eine längere Probezeit rechtfertigen. Einfache Tätigkeiten mit minimalem Trainingsbedarf dagegen nicht. „Die Dokumentation wird entscheidend“, warnt das Fachportal Haufe in seiner aktuellen Bewertung vom 17. Dezember 2025. Unternehmen sollten die Einarbeitungszeiten und spezifischen Anforderungen einer Position genau festhalten, um ihre Probezeitregelungen verteidigen zu können.

Risiko: Ungültige Probezeitklauseln

Die neuen Unsicherheiten bergen erhebliche Risiken. Wird eine Probezeitklausel vor Gericht als unverhältnismäßig eingestuft, hat das weitreichende Folgen. Die während der Probezeit geltende verkürzte Kündigungsfrist von zwei Wochen entfällt dann. Stattdessen gilt sofort die gesetzliche Regelkündigungsfrist von vier Wochen zum Monatsende oder -fünfzehnten – und das rückwirkend ab Arbeitsbeginn.

Noch gravierender: Unter Umständen kann ein Arbeitnehmer schneller in den Genuss des allgemeinen Kündigungsschutzes nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) kommen. Voraussetzung ist lediglich, dass die sechsmonatige Wartezeit erfüllt ist. Die Ungültigkeit der Probezeitklausel verwandelt den befristeten Vertrag zwar nicht automatisch in einen unbefristeten – macht eine Kündigung in der Anfangsphase aber deutlich schwieriger und teurer.

Ausblick: Mehr Streitigkeiten erwartet

Rechtsexperten rechnen für 2026 mit einer Zunahme von Gerichtsverfahren, in denen Unternehmen die Komplexität einer Position nachweisen müssen. „Justification Litigation“ – also Streitigkeiten um die Begründung von Probezeiten – dürften zum Alltag in deutschen Arbeitsgerichten werden.

Parallel zu diesen arbeitsrechtlichen Entwicklungen hat die Bundesregierung am 17. Dezember 2025 eine wichtige Entscheidung für die Personalplanung getroffen: Der Zugang zum Kurzarbeitergeld wird bis zum 31. Dezember 2026 verlängert. Diese doppelte Entwicklung – mehr Flexibilität bei befristeten Verträgen, aber auch mehr Unsicherheit – prägt das regulatorische Umfeld für Personalverantwortliche im kommenden Jahr.

Für Unternehmen heißt das: Vertragsvorlagen für 2026 müssen dringend überarbeitet werden. Statt standardisierter Probezeitregelungen sind jetzt individuelle Begründungen gefragt. Die einfache Prozentrechnung war gestern – die komplexe Einzelfallprüfung beginnt heute.

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