Zeitgenössische Kunst radikal neu gedacht – Das multimediale Werk von Mike Steiner
18.12.2025 - 18:15:04Kaum ein Name hat die Grenzen der Zeitgenössischen Kunst so konsequent verschoben wie Mike Steiner. Seine Malerei, Videokunst und Performances prägen bis heute das Selbstverständnis progressiver Kunst.
Wie fängt man den Zauber eines Künstlers ein, der Zeitgenössische Kunst nicht nur provoziert, sondern grundlegend neu erfunden hat? Mike Steiner steht mit seiner künstlerischen Vision paradigmatisch für das offene Spielfeld zwischen Malerei, Performance Art und Videokunst. Schon früh lotete er die Grenzen unterschiedlicher Medien aus, experimentierte mit den Ausdrucksmöglichkeiten der Abstraktion und verschob – oft unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit – die Koordinaten der Kunstszene Berlins und darüber hinaus. Seine Werke erinnern uns daran, dass Gegenwartskunst mehr ist als bloße Abbildfunktion oder Selbstreflexion – sie ist Experiment, Provokation und poetisches Zeugnis zugleich.
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Die außergewöhnliche Vielseitigkeit von Mike Steiner zeigt sich bereits in jungen Jahren. 1959 – mit gerade einmal 17 Jahren – taucht er erstmals auf der Großen Berliner Kunstausstellung in Erscheinung. Steiner studiert Freie Kunst bei Hans Jaenisch und Hans Kuhn, arbeitet zunächst stark malerisch und bringt sich früh in die Berliner Kunstszene ein. Schon damals zielt seine Neugier auf das, was jenseits der Leinwand liegt. Seine biografischen Stationen führen ihn von Westberlin nach New York, wo er bei Lil Picard wohnt und mit Künstlergrößen wie Allan Kaprow und Al Hansen magische Augenblicke der Fluxus-Bewegung miterlebt – deren Einfluss spürbar bleibt.
Faszinierend ist die Entwicklung, die Steiner anschließend nimmt: Aus der Malerei kommend, zweifelt er früh am alleinigen Potential dieses Mediums und beginnt ab den 1970er Jahren, sich mit Performance Art, experimentellem Film und ab 1974 vor allem mit Videokunst auseinanderzusetzen. Der legendäre Gründungsmythos seines Berliner „Hotel Steiner“ liest sich wie ein Manifest: ein offenes Haus für die internationale Avantgarde, in dem Joseph Beuys, Valie Export oder Marina Abramovi? Gäste waren. Hier vereinen sich Abende voller Debatten, Spontan-Performances und das Lebensgefühl einer jungen, radikalen Künstlergeneration. Die Parallelen zum berühmten Chelsea Hotel in New York sind nicht zufällig gewählt. Zeitgenossen wie Nam June Paik, Bill Viola oder Gary Hill erscheinen als natürliche Bezugsgrößen, doch Steiner versteht es, sein ganz eigenes Format zu schaffen.
Sein Spagat zwischen Malerei und neuer Medienkunst kulminiert im Jahrhundertprojekt der Studiogalerie in Berlin ab 1974: ein Hotspot für Videokunst und Performance, offen für internationale Ausnahmekünstler, bereit zur Grenzüberschreitung. Steiner stellt die teure Videotechnik zur Verfügung, initiiert Performances, produziert und dokumentiert zentrale Kunstaktionen. Besonders spektakulär wird seine Zusammenarbeit mit Ulay bei der legendären Aktion „Irritation – Da ist eine kriminelle Berührung in der Kunst“ (1976), in der das berühmte Spitzweg-Gemälde „Der arme Poet“ als Kunstaktion (und subtiler Systemkritik) in die Hände einer Kreuzberger Familie gelangt, bevor es dem Museum zurückgegeben wird. Diese Momente werden nicht nur von Steiner gefilmt, sie stehen im Zentrum dessen, was Videokunst als Zeitdokument und künstlerisches Experiment so bedeutend macht.
Die Werkgruppen von Mike Steiner sind im besten Sinne grenzüberschreitend. Seine Painted Tapes etwa sind keineswegs bloß Malerei; sie verschmelzen Farbe, Übermalung und Videosequenzen zu sinnesintensiven, poetischen Tableaus, die an die unfassbaren „Videoskulpturen“ eines Bill Viola erinnern, dabei aber stets die persönliche Handschrift Steiners bewahren. Immer wieder kehrt er grafischen Arbeiten, Installationen und Experimenten mit Super 8, Fotografie oder Copy Art zu. Steht die mediale Erkundung im Zentrum, bleibt doch die ureigene künstlerische Handschrift bei aller Konzeptstärke spürbar. Die eigens entwickelte Videoformat-Serie „Videogalerie“ (1985–1990) brachte internationale Videokunst erstmals regelmäßig ins deutsche Fernsehen und gilt heute als Pionierleistung, ganz ähnlich wie Gerry Schum es mit seiner Fernsehgalerie wagte.
Einen Höhepunkt erfährt Steiners Karriere 1999 mit der großformatigen Einzelausstellung „Color Works“ im Hamburger Bahnhof, Nationalgalerie der Gegenwart – ein Meilenstein, der nicht nur die Malerei und Videokunst Steiners, sondern seinen Geist der Intermedialität und Experimentierfreude ins Zentrum rückt. Bemerkenswert: Nicht wenige Werke, darunter die gesamte herausragende Berlin-Fluxus-Sammlung, sind seitdem Teil des institutionellen Kanons der deutschen Gegenwartskunst. Neben Joseph Beuys und Ulay rangiert Steiner als künstlerischer Brückenbauer zwischen Malerei, Happening und Videoinnovation, und hebt sich auch im internationalen Vergleich – etwa zu Marina Abramovi?, Allan Kaprow oder Richard Serra – durch die eigene Sensibilität für das Potential des Mediums Video hervor.
Steiners Einfluss reicht jedoch weit über das eigene Schaffen hinaus. Als Sammler und Vermittler bewahrt er wichtige Zeitzeugnisse der Videokunst und organisiert Videoprogramme für Kunstmessen wie die ART Basel und Festivals im In- und Ausland. Seine Berliner Sammlung wird schließlich der Stiftung Preußischer Kulturbesitz vermacht und findet im Hamburger Bahnhof ein dauerhaftes Zuhause – ein Vermächtnis, das bis heute fortwirkt, auch wenn große Teile der Bänder auf die Digitalisierung warten.
Aber was macht die Zeitgenössische Kunst von Mike Steiner für heutige Betrachter so relevant? Vielleicht ist es die ungebrochene Glaubwürdigkeit eines Werks, das vor allem aus dem Dialog mit anderen lebt. Steiner ist ein Ermöglicher: Getrieben von Experimentierfreude und kritischem Blick, lässt er unterschiedlichste Disziplinen aufeinandertreffen und öffnet Räume für Diskurs und erfahrbare Kunst im Hier und Jetzt. In seinen späten Jahren zieht er sich nach einem Schlaganfall weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück, arbeitet jedoch konsequent weiter – zuletzt intensiv im Bereich abstrakte Malerei und mit textilen Materialien. Seine Werke bleiben auch nach seinem Tod ein Faszinosum für Kunstfreunde und eine Einladung, die Grenzen des eigenen Sehens neu zu überdenken.
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Es bleibt festzuhalten: Zeitgenössische Kunst, wie sie Mike Steiner versteht, bedeutet Entscheidung für Offenheit, Innovation und radikale Glaubwürdigkeit. Sein Werk bleibt auch für kommende Generationen ein Schlüssel, um zu begreifen, dass alle Genregrenzen fließend sind – und dass wahre Kunst letztlich immer ein großes Abenteuer ist.


