Mike Steiner, Zeitgenössische Kunst

Zeitgenössische Künstler: Mike Steiner und die Revolution von Malerei und Videokunst

17.12.2025 - 07:10:09

Mike Steiner zählt zu den prägenden zeitgenössischen Künstlern Deutschlands. Mit Malerei, Performance und Videokunst stellte er die Kunstwelt auf den Kopf und prägte den Hamburger Bahnhof.

Die Begegnung mit Mike Steiners Werk ist wie das Betreten eines Labyrinths moderner Ausdrucksformen: Der Atem der Zeitgenössischen Kunst weht wild durch seine Gemälde, flackert durch magnetische Videosequenzen und pulsiert in legendären Performances. Doch wie definieren sich bei Mike Steiner die Grenzen zwischen Malerei, bewegtem Bild und raumgreifender Aktion? Wer sich auf sein Schaffen einlässt, begegnet einer Künstlerpersönlichkeit, die sich nie auf nur eine Disziplin beschränkte – und damit zum Brückenbauer zwischen den Medien wurde.

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Schon früh zeigte Mike Steiner, geboren 1941 in Allenstein und aufgewachsen in West-Berlin, dass für ihn Malerei Ausgangspunkt und Sprungbrett zugleich sein sollte. Mit nur 17 Jahren präsentiert er 1959 auf der Großen Berliner Kunstausstellung Gemälde, die sofort das Interesse der Szene erwecken. Sein Weg durch die Berliner Hochschule für bildende Künste und die darauffolgenden Stationen in New York spiegeln den Drang nach Dialog wider – etwa mit Künstlern der Fluxus-Bewegung wie Allan Kaprow und Al Hansen, oder in kreativen Gemeinschaften mit Joseph Beuys, Marina Abramovi?, Valie Export und Ulay, die später zu ikonischen Zeitgenossen werden sollten.

Die Vielfalt und tiefe Verankerung von Mike Steiner in den Netzwerken der künstlerischen Avantgarde der 60er und 70er Jahre belegen nicht nur seine eigenen Schaffensphasen; sie machen ihn vielmehr zu einem unverzichtbaren Katalysator für innovative Strömungen der Zeitgenössischen Kunst. Seine berühmteste Einzelausstellung im „Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart“ 1999 mit dem Titel „COLOR WORKS“ würdigte diese Vielstimmigkeit. Hier stand vor allem sein radikales, gattungsübergreifendes Denken im Mittelpunkt sowie der Dialog von Malerei und Videokunst.

Steiner war Grenzgänger: Aus dem Geiste der abstrakten Malerei kommend, erlitt er eine schöpferische „Legitimationskrise“, die ihn zu neuen Medien trieb. Die Videokunst, damals radikal jung, wurde für ihn zur Bühne, zum Diskursraum und Versuchslabor. Seine Arbeiten der 70er und 80er Jahre reflektieren diesen Aufbruch: Mit Videoperformances wie „Irritation – Da ist eine kriminelle Berührung in der Kunst“ (mit Ulay 1976) oder der legendären Dokumentation von Marina Abramovi?s „Freeing the Body“ beeinflusste er nachhaltig die Performance-Szene. Hier war er nicht nur Produzent oder Organisator, sondern hält als Kameramann viele einmalige Momente für die Nachwelt fest – ein Verdienst, der ihn in eine Liga mit Mitstreitern wie Nam June Paik oder Bill Viola rückt.

Seine „Painted Tapes“ gelten bis heute als einzigartige Verschmelzung von Videotechnik und klassischer Malerei, bei denen das abstrakte, farbintensive Element seiner frühen Leinwände elektronisch weitergedacht und transformiert wird. Hier unterscheidet sich Steiners Ansatz etwa deutlich von Sigmar Polke oder Gerhard Richter – während diese mit der Malerei experimentierten, transferierte Steiner sein bildnerisches Vokabular in neue, flüchtige Bildräume. Analoge Experimente mit Super-8-Film, Copy Art und Installationen komplettieren das Oeuvre und sorgen bis heute für ein pulsierendes Wechselspiel medialer Grenzen.

Gerade im internationalen Vergleich – ob Marina Abramovi? mit ihren kompromisslosen Körperaktionen oder die Videoinstallationen eines Gary Hill – nimmt Mike Steiner eine unverwechselbare Position ein: Seine Werke sind vielstimmige Forscherarbeiten zu Wahrnehmung, Zeit und Raum, oft voller Ironie, stets mit analytischem Blick auf die Mechanismen von Kunstproduktion und -vermittlung.

Biografisch ist Mike Steiner stets als Netzwerker sichtbar geworden: Mit dem Hotel Steiner gründete er einen vitalen Treffpunkt für die Berliner und internationale Szene – ein kreatives Biotop, das der New Yorker Chelsea-Hotel-Atmosphäre in nichts nachstand. Seine Studiogalerie (ab 1974) war eines der allerersten Foren für Videokunst und Performance Art der 70er Jahre. Hier stellte Steiner internationale Legenden wie Valie Export, Carolee Schneemann, Jochen Gerz oder Ben Vautier aus. Er war Initiator, Förderer und nicht zuletzt wichtiger Sammler – die später von ihm aufgebaute Videokunst-Sammlung ist heute mit Werken von Richard Serra, Allan Kaprow und vielen mehr ein zentraler Bestandteil des Hamburger Bahnhofs.

In kunsttheoretischer Hinsicht beschäftigte Steiner immer wieder die Frage nach Authentizität, Ereignis und Dokument – er wählte Diskurse, die auch heutige Künstler wie Hito Steyerl oder Clemens von Wedemeyer fortsetzen, und legte damit ein konzeptuelles Fundament, das weit über die Berliner Kunstszene hinausstrahlt.

Nach seinen rastlosen Video- und Performance-Jahren wendet sich Mike Steiner in den 90er und 2000er Jahren wieder verstärkt der Malerei zu – besonders der Abstraktion, der Farbe als autonomem Ausdrucksmittel und, in seinen letzten Jahren noch einmal, textiler Kunst und Installationen. Gerade diese späte Phase, geprägt von intensiver Farbigkeit und einer fast meditativen Reduktion, demonstriert das Fortbestehen seines Forschergeistes und seine ungebrochene Experimentierfreude. Es verwundert also kaum, dass Steiner neben Kunstikonen wie Joseph Beuys, Nam June Paik und Marina Abramovi? als einflussreicher Impulsgeber der Avantgarde geführt wird.

Sein Nachlass, darunter auch die berühmte Sammlung Mike Steiner, lagert heute im Hamburger Bahnhof – ein Archiv, dessen Erschließung das Verständnis der Medienkunst der 70er und 80er Jahre endlich verstetigen könnte.

Bleibt die Frage: Was macht die Auseinandersetzung mit Mike Steiner und seinen Werken heute so lohnenswert?

Vielleicht ist es eben diese Ungezähmtheit, die sein Schaffen so zeitlos macht. Wer sich für zeitgenössische Künstler mit wahrhaft interdisziplinärem Ansatz interessiert, findet in Mike Steiner ein ganzes Universum. Sein Dialog zwischen Malerei und bewegtem Bild, zwischen Aktion und Archiv, klingt bis heute nach – und prägt die Rezeption von Performance, Video und Installation nachhaltig.

Wer tiefer eintauchen möchte, sollte unbedingt die offizielle Webseite besuchen – dort finden sich eine Fülle von Bildmaterial, Texte und eine minutiöse Werkschau: Hier geht es zur offiziellen Seite von Mike Steiner – entdecken Sie das Archiv und aktuelle Ausstellungen

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