Wehrdienst-Reform, Ausbildungsbetriebe

Wehrdienst-Reform stellt Ausbildungsbetriebe vor neue Realität

19.12.2025 - 07:09:12

Die Bundeswehr wird zum Konkurrenten um junge Talente. Mit attraktiven Gehältern und neuen Pflichten ab 2026 zwingt die Wehrdienst-Reform Unternehmen zum Umdenken.

BERLIN – Die Personalplanung in deutschen Unternehmen steht vor einer historischen Wende. Heute, am 19. Dezember 2025, stimmt der Bundesrat voraussichtlich dem Wehrdienst-Modernisierungsgesetz (WDModG) zu – der letzten Hürde vor Inkrafttreten zum 1. Januar 2026. Die Reform von Verteidigungsminister Boris Pistorius bringt nicht nur die verpflichtende Wehrerfassung zurück, sondern setzt mit bis zu 2.700 Euro Monatsgehalt für Freiwillige einen neuen finanziellen Maßstab. Für Ausbildungsbetriebe wird die Bundeswehr damit zum unerwarteten Konkurrenten.

Die größte Herausforderung für Unternehmen liegt in der finanzielle Attraktivität des neuen Dienstes. Während Auszubildende je nach Branche und Jahr zwischen 500 und 1.200 Euro Vergütung erhalten, lockt die Bundeswehr mit 2.600 bis 2.700 Euro brutto im Monat. Der Arbeitgeberverband BDA warnte bereits im Gesetzgebungsverfahren vor der „Gefahr, dass Auszubildende ihre Ausbildung allein wegen dieses finanziellen Anreizes abbrechen könnten“.

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Ab Juli 2027 kommt die physische Musterung für alle Männer des Jahrgangs 2008 und jünger hinzu. Die heute 17-Jährigen – genau die Zielgruppe für Ausbildungsplätze 2026 – sind damit die erste betroffene Kohorte. Personalverantwortliche müssen nicht nur mit Ausfällen rechnen, sondern auch ihre Rekrutierungsstrategien überdenken. Die langfristige Karriereperspektive in einem Unternehmen muss gegen das kurzfristige finanzielle Lockangebot der Bundeswehr bestehen.

Rechtlicher Schutz: Das Arbeitsplatzschutzgesetz greift

Das gilt für Ausbildungsverhältnisse:
* Kündigungsschutz: Ab Erhalt des Einberufungsbescheids bis Dienstende besteht absoluter Kündigungsschutz – auch für Azubis.
* Ruhendes Verhältnis: Das Ausbildungsverhältnis wird während des Wehrdienstes unterbrochen, aber nicht beendet.
* Anschlussrecht: Nach Dienstende besteht ein rechtlicher Anspruch auf nahtlose Fortsetzung der Ausbildung.
* Verlängerungspflicht: Die Ausbildungsdauer verlängert sich um die Zeit des Wehrdienstes, da diese nicht auf die Ausbildungsinhalte angerechnet wird.
* Diskriminierungsverbot: Bewerber dürfen nicht allein wegen bevorstehender Wehrdienstpflicht abgelehnt werden.

Paradigmenwechsel in der Personalplanung

Die Reform beendet eine über ein Jahrzehnt währende Phase, in der Wehrdienst keine Rolle in der Unternehmensplanung spielte. „Unternehmen müssen den Wehrdienst jetzt in ihr Personalrisikomanagement integrieren“, heißt es in juristischen Analysen. Besonders die im Gesetz verankerte Bedarfswehrpflicht als „Notbremse“ schafft Unsicherheit: Würde sie bei zu wenigen Freiwilligen aktiviert, könnten geplante Freiwilligendienste plötzlich zu verpflichtenden Abwesenheiten werden.

Fahrplan für Personalabteilungen

Nach der heutigen Bundesratsentscheidung und der Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten beginnt die Umsetzung:
* 1. Januar 2026: Das Gesetz tritt in Kraft. Die digitalen Fragebögen gehen an den Jahrgang 2008.
* Mitte 2026: Erste Anfragen zu Beurlaubungen für Assessment-Center sind zu erwarten.
* 1. Juli 2027: Start der verpflichtenden Musterung mit bezahltem Freistellungsanspruch (1-2 Tage).

Für Personalverantwortliche bedeutet das konkret: Handbücher aktualisieren, Führungskräfte zu den Diskriminierungsverboten schulen und die Ausbildungswerbung an die neue Konkurrenzsituation anpassen. Die Ära der rein zivilen Personalplanung ist endgültig vorbei.

@ boerse-global.de