Voith, Stellen

Voith streicht 2.500 Stellen weltweit

10.12.2025 - 00:12:12

Die deutsche Industrie erlebt einen schwarzen Dezember: Innerhalb von nur 72 Stunden haben Maschinenbauer Voith, Autozulieferer Bosch und Volkswagen weitere massive Stellenstreichungen angekündigt. Die Krise im verarbeitenden Gewerbe verschärft sich dramatisch – getrieben durch hohe Energiekosten, bürokratische Hürden und die stockende E-Mobilität.

Heute verkündete der Heidenheimer Technologiekonzern Voith den Abbau von bis zu 2.500 Arbeitsplätzen. Parallel dazu wurden neue Details zu den Entlassungen bei Bosch in Stuttgart und VW in Dresden bekannt. Was steckt hinter dieser beispiellosen Kündigungswelle?

Der Maschinenbaukonzern Voith, bekannt für seine Anlagen in den Bereichen Papier, Energie und Mobilität, begründet die Maßnahme mit dem Kampf um die langfristige Wettbewerbsfähigkeit. “Wir prüfen Optionen, die in den kommenden Wochen mit den Arbeitnehmervertretern diskutiert und bewertet werden”, heißt es in der Mitteilung vom Dienstag.

Deutschland soll dabei eine “Schlüsselrolle” spielen – ein Euphemismus, der erfahrungsgemäß bedeutet: Die heimischen Standorte trifft es besonders hart. Das Unternehmen verweist auf die bekannten Probleme: überhöhte Energie- und Arbeitskosten, komplexe Regulierungsanforderungen und ausufernde Bürokratie.

Anzeige

Passend zum Thema Betriebsräte-Verhandlungen – wenn Konzerne Kapazitäten abbauen, entscheidet der Sozialplan darüber, wer wie stark betroffen ist. Dieses kostenlose E‑Book erklärt Schritt für Schritt, wie Sie Punkteschemata erstellen, Interessenausgleich aushandeln und Abfindungen maximieren. Es enthält Muster-Punkteschemata, Verhandlungs-Tipps und praktische Checklisten für jeden Verhandlungsstand. Ideal für Betriebsräte, Schwerbehindertenvertretungen und Beschäftigte, die ihre Rechte jetzt durchsetzen wollen. Kostenlosen Sozialplan-Leitfaden sichern

Die angekündigten Entlassungen betreffen rund zehn Prozent der weltweiten Belegschaft. Für die Region Baden-Württemberg, wo Voith seit Generationen ein industrieller Anker ist, kommt die Nachricht einem Schock gleich. Der Betriebsrat dürfte in den anstehenden Verhandlungen um jeden Arbeitsplatz kämpfen.

Bosch: Digitale Hoffnungen zerplatzen

Beim schwäbischen Autozulieferer Bosch verdichten sich die Hiobsbotschaften. Am vergangenen Sonntag wurde bekannt, dass am Standort Stuttgart-Feuerbach über 500 IT-Stellen wegfallen sollen – ausgerechnet auf dem “Digital Campus”, der einst als Innovationszentrum gepriesen wurde.

Noch gravierender: Etwa 1.200 Software-Entwickler im Bereich autonomes Fahren müssen um ihre Jobs bangen. Die Begründung: Der Markt für automatisiertes Fahren entwickle sich deutlich langsamer als erhofft, eine Konsolidierung der Ressourcen sei unvermeidlich.

“Unerwartet” und mit “heftigen Reaktionen” quittierte der Betriebsrat die Pläne. Diese neuen Kürzungen kommen zu den bereits angekündigten Maßnahmen hinzu – insgesamt droht Bosch nun der Verlust von über 22.000 Arbeitsplätzen weltweit, ein Großteil davon in Deutschland. Die Ironie: Ausgerechnet die Zukunftsbereiche Digitalisierung und autonomes Fahren, in die Milliarden investiert wurden, erweisen sich nun als Jobkiller.

VW-Transparenzfabrik wird zum Forschungslabor

Auch Volkswagen setzt seine harte Sanierungslinie fort. Im Rahmen des “Performance-Programms”, das bis 2026 zehn Milliarden Euro einsparen soll, wird die “Gläserne Manufaktur” in Dresden radikal umgebaut. Die Produktion des E-Modells ID.3 läuft dort aus.

Der symbolträchtige Standort, einst Aushängeschild der elektrischen Transformation, mutiert zum reinen Forschungs- und Innovationscampus. Die Belegschaft schrumpft von 250 auf 155 Mitarbeiter. Um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden, lockt VW mit einer Prämie von 30.000 Euro für alle, die freiwillig nach Wolfsburg wechseln.

Doch der Bonus verpufft: Bei der heutigen Betriebsversammlung quittierten die Dresdner Beschäftigten das Angebot mit Buhrufen. Die Bereitschaft, Familie und Heimat für den Konzern aufzugeben, scheint selbst mit finanzieller Zuckerbrot gering. Immerhin: Konzernweit haben bereits über 25.000 Mitarbeiter Abfindungen oder Altersteilzeit-Modelle akzeptiert – VW liegt damit im Plan, bis 2030 insgesamt 35.000 Stellen abzubauen.

Stahlgigant und Telekom-Riese in der Krise

Die jüngsten Ankündigungen reihen sich ein in eine Serie dramatischer Einschnitte:

Thyssenkrupp Steel besiegelte Ende vergangener Woche den Abbau von 11.000 Arbeitsplätzen. Die Produktionskapazität soll von 11,5 auf etwa 9 Millionen Tonnen Stahl jährlich sinken – ein historischer Rückbau deutscher Stahlkraft. Die IG Metall konnte lediglich erreichen, dass der Kahlschlag “sozialverträglich” abgefedert wird.

Nokia wiederum steht wegen der geplanten Schließung des Münchner Standorts am Pranger. Hunderte hochqualifizierte F&E-Jobs in der Telekommunikation stehen auf dem Spiel. Die IG Metall organisierte heute Proteste – ein weiterer Beleg dafür, dass Deutschland als Tech-Standort massiv an Attraktivität verliert.

Strukturkrise statt konjunkturelle Delle

Anders als in früheren Abschwüngen handelt es sich diesmal nicht um eine vorübergehende Flaute. Die Unternehmen reduzieren nicht nur zeitweise die Produktion – sie bauen dauerhaft Kapazitäten ab und steigen aus ganzen Geschäftsfeldern aus.

“Wir erleben eine schmerzhafte, aber überlebenswichtige Transformation”, kommentieren Branchenbeobachter die Voith-Entscheidung. Die wiederkehrenden Argumente – Energiekosten, Bürokratie, verschleppte E-Wende – legen nahe, dass bisherige politische Eingriffe wirkungslos verpufften. Investitionen fließen weiterhin ab, statt nach Deutschland zu kommen.

Für Betriebsräte und Arbeitsrechtler bedeutet diese Kündigungswelle komplexe Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialpläne. Der Fokus hat sich verschoben: Es geht längst nicht mehr darum, Entlassungen zu verhindern, sondern sie durch Abfindungen, Frühverrentung und Umschulungen erträglich zu gestalten.

Düsterer Start ins neue Jahr

Die ersten Monate 2026 dürften weitere Schocknachrichten bringen. Mit einer stagnierenden Wirtschaft und schrumpfenden Schlüsselindustrien rechnen Experten vor allem bei mittelständischen Zulieferern mit neuen Hiobsbotschaften. Wenn die großen Konzerne zurückfahren, trifft es deren Zulieferer-Netzwerk mit Verzögerung umso härter.

Die Verhandlungen bei Voith und Bosch werden im Januar die Schlagzeilen dominieren. Bei Voith ist die genaue Zahl der deutschen Entlassungen noch offen – ein Spielraum, den der Betriebsrat erbittert nutzen wird. Und VWs Dresdner Umzugsprämie wird zum Testfall: Lässt sich in schrumpfenden Märkten Mobilität der Belegschaft überhaupt noch erkaufen?

Das deutsche “Jobwunder” der vergangenen Dekade ist definitiv vorbei. Was folgt, ist eine neue Realität aus Konsolidierung und Kostensenkung, die Deutschlands industrielle Landschaft auf Jahre hinaus prägen wird.

Anzeige

PS: Wenn jetzt Entlassungen drohen, entscheiden Vorbereitung und das richtige Muster über die Nachteile Ihrer Kolleginnen und Kollegen. Der Gratis-Ratgeber “Sozialauswahl und Interessenausgleich” liefert praxiserprobte Punkteschemata, Musterformulierungen und Verhandlungsstrategien, mit denen Betriebsräte fairere Abfindungen und Nachteilsausgleiche durchsetzen können. Holen Sie sich die Vorlagen, mit denen Sie in Verhandlungen sofort besser aufgestellt sind. Jetzt Sozialplan-Ratgeber herunterladen

@ boerse-global.de