Rentenpaket, Geothermie-Gesetz

Rentenpaket II und Geothermie-Gesetz: Bundestag setzt Zeichen

06.12.2025 - 07:19:12

Eine folgenreiche Woche für Deutschland: Binnen 24 Stunden hat der Bundestag zwei zentrale Weichenstellungen beschlossen. Am Freitag sicherte das Parlament mit dem Rentenpaket II das Rentenniveau bis 2031 bei 48 Prozent und schuf neue Anreize für Arbeitnehmer im Ruhestand. Einen Tag zuvor hatte die Geothermie den Status eines „überragenden öffentlichen Interesses” erhalten – ein Turbo für die Wärmewende.

Die Beschlüsse aus Wirtschafts- und Sozialausschuss markieren einen Wendepunkt: Die Koalition versucht, soziale Sicherheit und Energiewende unter einen Hut zu bringen. Doch kann das auf Dauer gelingen?

Mit 318 Ja-Stimmen, 224 Gegenstimmen und 53 Enthaltungen verabschiedete der Bundestag das Rentenpaket II am Freitagnachmittag. Die sogenannte Haltelinie wird bis 2031 verlängert – eine Garantie, dass das Rentenniveau nicht unter 48 Prozent des Durchschnittslohns rutscht. Für Millionen Rentner bedeutet das: Ihre Bezüge werden nicht von der allgemeinen Lohnentwicklung abgekoppelt.

Finanziert werden soll die Stabilisierung über steuerliche Zuschüsse und das noch junge Konzept des Generationenkapitals. Dabei fließt Kapital in langfristige Anlagen, dessen Erträge die Rentenkasse entlasten sollen – ein Modell, das anderswo bereits etabliert ist, in Deutschland aber noch in den Kinderschuhen steckt.

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Aktivrente lockt erfahrene Arbeitskräfte

Herzstück des Pakets ist die Aktivrente: Wer nach Erreichen der Regelaltersgrenze weiterarbeitet, kann künftig bis zu 2.000 Euro monatlich steuerfrei hinzuverdienen. Die Regelung soll dem Fachkräftemangel entgegenwirken und erfahrene Beschäftigte im Arbeitsleben halten.

Parallel dazu wurde die Mütterrente III beschlossen. Endlich erhalten auch Eltern, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, die vollen drei Jahre Erziehungszeit für die Rente angerechnet – eine längst überfällige Angleichung, wie Sozialverbände betonen.

Kritik von Union und Experten

Die Opposition reagierte scharf. CDU und CSU warfen der Koalition vor, die Lasten einseitig auf die jüngere Generation abzuwälzen. Christof Quiring, Leiter für betriebliche Altersvorsorge bei Fidelity International, mahnte: „Die Entscheidung ist ein Handlungssignal, aber keine Entwarnung.” Die strukturellen Probleme würden lediglich in die 2030er-Jahre verschoben – eine Rechnung, die dann umso teurer werden könnte.

Tatsächlich endet die Haltelinie 2031. Was danach kommt? Darüber schweigt das Gesetz. Die Frage nach Rentenalter und Beitragssätzen bleibt also vertagt – ein politisches Minenfeld für die nächste Legislaturperiode.

Geothermie erhält Vorfahrt

Einen Tag vor dem Rentenbeschluss hatte der Bundestag bereits das Geothermie-Beschleunigungsgesetz verabschiedet. Die zentrale Neuerung: Tiefengeothermie-Projekte, Wärmepumpen und Wärmespeicher gelten nun als Vorhaben von „überragendem öffentlichen Interesse“.

Was technisch klingt, hat weitreichende Folgen: In Planungs- und Genehmigungsverfahren werden diese Projekte künftig bevorzugt behandelt. Jahrelange Verzögerungen durch Berg- und Wasserrecht sollen der Vergangenheit angehören. Auch Wärmenetze profitieren: Sie werden rechtlich mit Gas- und Wasserstoffleitungen gleichgestellt – ein Signal an Stadtwerke und Kommunen, die Fernwärme ausbauen wollen.

Batteriespeicher müssen draußen bleiben

Ursprünglich sollten auch großflächige Batteriespeicher im Außenbereich privilegiert werden. Nach Intervention des Wirtschaftsausschusses wurde diese Regelung aber stark eingeschränkt. Privilegiert sind nun nur noch Speicher, die bestehende Erneuerbare-Energien-Anlagen ergänzen – keine autarken Batterieparks auf der grünen Wiese.

Branchenvertreter begrüßten das Gesetz dennoch. Die Wärmewende, verantwortlich für einen erheblichen Teil des deutschen Energieverbrauchs, könne nun endlich Fahrt aufnehmen.

Rohstoffe rücken in den Fokus

Parallel zu den Gesetzgebungsverfahren drängen die Grünen auf einen Aktionsplan Rohstoffe. Mit einem Antrag vom 3. Dezember fordern sie die sofortige Vorlage einer Strategie zur Sicherung kritischer Ressourcen – von Lithium für Batterien bis zu Seltenen Erden für Windkraftanlagen.

Der Wirtschaftsausschuss diskutiert zunehmend über Versorgungsketten und strategische Autonomie. Die Grünen setzen dabei auf Kreislaufwirtschaft und Substitution statt einseitiger Importabhängigkeit. Kann Deutschland sich aus volatilen Weltmärkten teilweise lösen?

Zwischen Wahlgeschenk und Weichenstellung

Die Doppelstrategie der Koalition offenbart ein Dilemma: Das Rentenpaket sichert soziale Stabilität und beruhigt eine große Wählergruppe – verschiebt aber schmerzhafte Strukturreformen auf später. Das Geothermie-Gesetz hingegen greift aktiv in die Wirtschaft ein und senkt Risiken für grüne Investitionen.

Moritz Kraemer, Chefvolkswirt der LBBW, brachte es auf den Punkt: Deutschland habe sich „bequem eingerichtet” und müsse seine „Agilität zurückgewinnen”. Die beiden Gesetze seien erste Schritte – aber reichen sie angesichts demografischen Wandels und globalen Wettbewerbs?

Was kommt als Nächstes?

Das Rentenpaket II muss noch den Bundesrat passieren. Angesichts der Kanzlermehrheit im Bundestag gilt die Zustimmung als wahrscheinlich, auch wenn die Länder über Umsetzungskosten verhandeln dürften. Die Aktivrente könnte dann bereits 2026 greifen, die Haltelinie gilt sofort nach Inkrafttreten.

Beim Geothermie-Gesetz rechnet die Branche mit einer Antragswelle Anfang 2026. Stadtwerke und Projektentwickler stehen in den Startlöchern, um die neuen Spielräume zu nutzen.

Und der Rohstoff-Aktionsplan? Der Wirtschaftsausschuss steht unter Druck, vor der Winterpause Antworten zu liefern. Denn ohne gesicherte Materialversorgung bleibt auch die ambitionierteste Energiewende Theorie.

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