Quantencomputer, Visier

Quantencomputer im Visier: Deutschland sichert Behördennetze ab

04.12.2025 - 08:12:12

Regierungen in Europa und Nordamerika rüsten auf: Cybersicherheit ist nicht länger Kür, sondern Pflicht. Die Bedrohung durch Quantencomputer und staatlich gesteuerte Hackergruppen zwingt Behörden zum Handeln – und zwar jetzt.

Zwischen dem 1. und 4. Dezember haben Deutschland, Großbritannien und die USA koordiniert neue Maßnahmen vorgestellt. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), das britische National Cyber Security Centre (NCSC) und der US-Senat ziehen an einem Strang: Ohne moderne, agile Sicherheitsarchitektur funktioniert digitale Verwaltung nicht.

Deutschland prescht vor. Am 3. Dezember erteilte das BSI seine Zulassung für ein Gerät von Adva Network Security, das Post-Quanten-Kryptographie (PQC) beherrscht. Der FSP 150-XG118Pro ermöglicht Verschlüsselung, die auch künftigen Quantencomputern standhalten soll.

Anzeige

Passend zum Thema Cyber-Abwehr: Warum 73% der deutschen Organisationen auf Cyberangriffe nicht vorbereitet sind – und welche Maßnahmen sofort helfen. Das kostenlose E-Book “Cyber Security Awareness Trends” fasst aktuelle Bedrohungen, neue Gesetze (inkl. KI-Regulierung) und praxistaugliche Schutzmaßnahmen zusammen. Enthält Checklisten, Handlungsanleitungen und schnell umsetzbare Maßnahmen für Kommunen und Behörden. Ideal für IT-Verantwortliche und Entscheider, die ihre Abwehr proaktiv stärken wollen. Jetzt kostenlosen Cyber-Security-Report herunterladen

Warum das so entscheidend ist? Geheimdienste und Cyberkriminelle setzen bereits heute auf die “Harvest now, decrypt later”-Strategie: Sie sammeln verschlüsselte Daten in der Hoffnung, sie in einigen Jahren mit Quantenrechnern zu knacken. Für Behördennetze, über die Bürgerdaten und Verschlusssachen laufen, eine existenzielle Gefahr.

Das Besondere an der BSI-Zulassung: Das System lässt sich per Software-Update aufrüsten, ohne dass Hardware ausgetauscht werden muss. Diese Krypto-Agilität spart Kosten und garantiert langfristige Sicherheit. „Kritische Infrastrukturen, Verteidigung und Regierungen brauchen quantensichere Verschlüsselung”, erklärte Adva in seiner Mitteilung.

Parallel dazu stellten die Cyberagentur und ihr Partner Ventel Anfang Dezember ihr “Frühwarn-Radar für Cyberkriminalität” vor. Das Projekt nutzt künstliche Intelligenz, um Angriffsmuster zu erkennen, bevor Attacken stattfinden. Der Wechsel von reaktiver zu vorausschauender Verteidigung markiert einen Paradigmenwechsel in der deutschen Cyberstrategie.

Großbritannien blockt eine Milliarde Angriffe

Während Deutschland in die Zukunft investiert, setzen Großbritannien und Irland auf akute Gefahrenabwehr. Das britische NCSC meldete am 2. Dezember einen beeindruckenden Erfolg: Der Dienst “Share and Defend” hat in weniger als einem Jahr rund eine Milliarde Zugriffe auf Schadsoftware-Seiten verhindert.

Wie funktioniert das? Das NCSC teilt Bedrohungsdaten in Echtzeit mit Internetprovidern wie BT. Diese blockieren dann automatisch den Zugang zu bekannten Phishing-Seiten, Fake-Shops und Malware-Verteilern. Sicherheitsminister Dan Jarvis bezeichnete das System am 3. Dezember auf dem Cyber Resilience Summit als Blaupause für den kommenden “National Cyber Action Plan”, der Anfang 2026 vorgestellt werden soll.

Die schiere Zahl blockierter Angriffe zeigt, welchem permanenten Beschuss digitale Behördendienste ausgesetzt sind. Jeder verhinderte Klick ist ein potenziell abgewehrter Datendiebstahl oder Systemausfall.

Irland warnt vor eskalierender Bedrohungslage

Irlands National Cyber Security Centre (NCSC-IE) schlug am 2. Dezember deutlichere Töne an. Das Nationale Cyber-Risiko-Assessment 2025 beschreibt eine “eskalierende” Gefährdung durch Hacktivismus und staatlich unterstützte Akteure.

“Irlands nationale Sicherheit hängt zunehmend von der Integrität und Verfügbarkeit seiner digitalen Infrastruktur ab”, erklärte Direktor Richard Browne bei der Vorstellung. Drei systemische Risiken identifizierte der Bericht: geopolitische Spannungen, rasante Technologieentwicklung (insbesondere KI) und Schwachstellen in Lieferketten.

Für Irland, das einen erheblichen Teil der europäischen Rechenzentrumskapazität beherbergt, klingen diese Warnungen besonders dringlich. Die Schlussfolgerung: Digitale Souveränität erfordert robuste Cybersicherheit – ohne Kompromisse.

USA verlängern Finanzierung für Kommunen

In den Vereinigten Staaten konzentrierte sich die Debatte diese Woche auf nachhaltige Finanzierung. Die Senatorinnen Maggie Hassan (Demokraten) und John Cornyn (Republikaner) brachten am 2. und 3. Dezember parteiübergreifend einen Gesetzentwurf ein, der das State and Local Cybersecurity Grant Program (SLCGP) verlängern soll.

Das ursprünglich aus dem Infrastructure Investment and Jobs Act finanzierte Programm stellt eine Milliarde Dollar bereit, um Kommunalverwaltungen – oft die schwächsten Glieder der digitalen Kette – bei der Modernisierung ihrer Abwehr zu unterstützen. “Kommunen und Bundesstaaten stehen vor sich ständig weiterentwickelnden Cyberbedrohungen, die essenzielle Dienste wie Schulen, Versorgung und Notfalldienste gefährden”, betonte Hassan.

Ohne diese Förderung droht vielen kleineren Gemeinden der digitale Rückfall – mit Folgen für Bürgerservices und kritische Infrastruktur.

Internationale Standards für KI in kritischer Infrastruktur

Am 3. Dezember veröffentlichte die US-Behörde CISA gemeinsam mit internationalen Partnern – darunter das BSI und das britische NCSC – neue Prinzipien für die sichere Integration von KI in Betriebstechnologie (OT).

Warum ist das relevant? Smarte Stromnetze, Wasserwerke und Verkehrssysteme setzen zunehmend auf KI-Steuerung. Doch jede Automatisierung schafft neue Angriffsflächen. Die neuen Leitlinien bieten Regierungsbehörden einen einheitlichen Rahmen, um KI in diesen sensiblen Bereichen einzusetzen, ohne Sicherheit oder Zuverlässigkeit zu opfern.

Die internationale Abstimmung signalisiert: Cybersicherheitsstandards müssen global harmonisiert werden, um wirksam zu sein. Ein Flickenteppich nationaler Regelungen nützt niemandem.

Paradigmenwechsel: Von reaktiv zu proaktiv

Die Ereignisse der vergangenen 72 Stunden markieren einen Wendepunkt. Cybersicherheit ist kein IT-Randthema mehr, sondern der zentrale Enabler digitaler Verwaltung. Drei Trends stechen hervor:

Krypto-Agilität wird Pflicht. Die BSI-Zulassung für Advas PQC-Lösung deutet darauf hin, dass die Fähigkeit zum schnellen Austausch von Verschlüsselungsprotokollen künftig zur Beschaffungsvorgabe wird. Wer heute Hardware kauft, muss morgen noch Updates einspielen können.

Aktive Verteidigung statt Schadensbegrenzung. Das Cyber-Radar der Cyberagentur und Großbritanniens “Share and Defend” zeigen: Moderne Abwehr neutralisiert Bedrohungen, bevor sie Schaden anrichten. Dieser Upstream-Ansatz entlastet Behörden und Bürger gleichermaßen.

Digitale Souveränität durch Sicherheit. Sowohl Irlands Risikoanalyse als auch Deutschlands Fokus auf “digitale Souveränität” machen klar: Ein Staat, der seine digitale Verwaltung nicht schützen kann, verliert seine Handlungsfähigkeit. Cybersicherheit ist keine technische, sondern eine verfassungsrechtliche Frage.

Ausblick: Was 2026 bringt

Die diese Woche gelegten Fundamente werden 2026 tragfähig werden müssen. Zu erwarten sind:

Standardisierung von Post-Quanten-Verschlüsselung. Nach dem Vorstoß des BSI dürften andere europäische Länder binnen zwölf Monaten PQC für Verschlusssachen-Netze vorschreiben.

Ausweitung aktiver Abwehr. Der Erfolg von “Share and Defend” wird Nachahmer finden – möglicherweise auch in den USA und weiteren EU-Staaten.

KI-Governance wird bindend. Die von CISA initiierten internationalen Prinzipien dürften bis Mitte 2026 in verbindliche Beschaffungsregeln für Smart-City-Projekte und kritische Infrastruktur münden.

Die Schnittstelle zwischen Staat und Bürger ist heute digital. Die Sicherheit dieser Schnittstelle bestimmt das Vertrauen in den Staat selbst. Diese Woche haben Regierungen bewiesen, dass sie Cybersicherheit endlich mit der Dringlichkeit behandeln, die sie verdient.

Anzeige

PS: IT-Verantwortliche aufgepasst — Sie müssen nicht gleich neue Teams einstellen, um digitale Verwaltung sicherer zu machen. Der gratis Leitfaden zeigt schlanke, sofort umsetzbare Maßnahmen, Anti-Phishing-Strategien sowie Priorisierungen für kommunale IT-Budgets und Fördermittel wie das SLCGP. Perfekt für Behörden und Entscheider, die praxisnahe Checklisten und sofort umsetzbare Prioritäten suchen. Kostenloses Cyber-Security-E-Book sichern

@ boerse-global.de