NIS-2-Gesetz, Deutschland

NIS-2-Gesetz: Deutschland verschärft Cybersicherheit über Nacht

07.12.2025 - 11:19:12

Seit gestern gelten in Deutschland neue Regeln für Cybersicherheit – und zwar ohne Übergangszeit. Rund 30.000 Unternehmen müssen ab sofort strengere Sicherheitsstandards erfüllen. Wer nicht mitspielt, riskiert Millionenstrafen und persönliche Haftung der Geschäftsführung.

Das am Freitag im Bundesgesetzblatt veröffentlichte NIS-2-Umsetzungs- und Cybersicherheitsstärkungsgesetz (NIS2UmsuCG) setzt die entsprechende EU-Richtlinie in nationales Recht um. Die Botschaft an Deutschlands Wirtschaft ist unmissverständlich: Cybersicherheit ist ab sofort Chefsache – und zwar mit sofortiger Wirkung.

„Unternehmen müssen ab Tag eins konform sein”, heißt es in einer Analyse der Plattform Chino.io. Dieser “Kaltstart” trifft vor allem kleine und mittlere Unternehmen hart. Die Zahl der betroffenen Firmen steigt von bisher 4.500 auf etwa 30.000 – darunter erstmals auch Bereiche wie verarbeitendes Gewerbe, Lebensmittelindustrie und Abfallwirtschaft.

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) erhält dabei weitreichende Befugnisse. Die Behörde kann künftig verbindliche Anweisungen erteilen, Sicherheitsaudits anordnen und im Extremfall sogar Gewerbelizenzen aussetzen oder Geschäftsführern ihre Tätigkeit untersagen.

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Registrierung läuft: Portal startet im Januar

Betroffene Unternehmen stehen jetzt vor konkreten Handlungspflichten. Das BSI hat einen zweistufigen Registrierungsprozess vorgesehen:

Sofortmaßnahme: Unternehmen sollten umgehend ein Konto auf der Plattform “Mein Unternehmenskonto” (MUK) einrichten. Das eigentliche BSI-Meldeportal geht am 6. Januar 2026 an den Start – doch wer sich früh vorbereitet, vermeidet Stress.

Meldepflichten: Bei signifikanten Sicherheitsvorfällen greift künftig ein strikter Drei-Stufen-Plan: Frühwarnung binnen 24 Stunden, detaillierte Meldung nach 72 Stunden, Abschlussbericht nach einem Monat. Wer diese Fristen verpasst oder sich gar nicht erst registriert, dem drohen dieselben Sanktionen wie bei technischen Verstößen.

Geschäftsführer persönlich in der Pflicht

Der Paradigmenwechsel: Cybersicherheit ist nicht mehr nur IT-Thema, sondern nicht delegierbare Aufgabe der Unternehmensleitung. Geschäftsführer und Vorstände haften persönlich, wenn sie keine angemessenen Risikomanagement-Maßnahmen umsetzen.

Das Gesetz untersagt Unternehmen ausdrücklich, diese Haftung abzubedingen oder gegen verhängte Bußgelder zu versichern. Damit durchbricht der Gesetzgeber den klassischen Haftungsschutz der juristischen Person – bei Cybersicherheitsverstößen haftet die Führungsebene mit.

Die finanziellen Risiken sind erheblich: „Wesentliche” Einrichtungen müssen mit Bußgeldern bis zu 10 Millionen Euro oder 2 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes rechnen – je nachdem, was höher ausfällt. Für „wichtige” Einrichtungen liegt die Grenze bei 7 Millionen Euro oder 1,4 Prozent des Umsatzes.

Mittelstand im Dominoeffekt

Zwar richtet sich das Gesetz direkt an mittelgroße Unternehmen (in der Regel ab 50 Mitarbeitern oder 10 Millionen Euro Umsatz), doch auch kleinere Betriebe spüren den Druck. Regulierte Unternehmen müssen künftig die Cybersicherheit ihrer Lieferanten überprüfen.

Das schafft einen Kaskadeneffekt: Kleine Software-Anbieter, Logistikdienstleister und IT-Firmen, die mit NIS-2-pflichtigen Kunden arbeiten, erhalten bereits jetzt Anfragen, ihre Cyber-Resilienz nachzuweisen. „Selbst wenn ein KMU nicht direkt reguliert ist, kann es faktisch gezwungen sein, die Standards zu erfüllen – sonst verliert es seine Großkunden”, beobachten Branchenexperten.

Unterstützung für den Mittelstand

Das Bundeswirtschaftsministerium hat Hilfsangebote gestartet: Der “FitNIS2-Navigator” und die “ISMS-Werkstatt” sollen kleineren Firmen bei der Lückenanalyse helfen. Das Projekt “KMU.kompetent.sicher” der Universität Paderborn bietet gezieltes Training für den Mittelstand.

Deutschland holt Verzögerung auf

Die Verabschiedung beendet eine peinliche Verzögerung: Deutschland hat die EU-Umsetzungsfrist vom 17. Oktober 2024 um über ein Jahr überschritten. Die schnelle Inkraftsetzung nach der parlamentarischen Verabschiedung am 13. November 2025 zeigt Berlins Dringlichkeit, weitere EU-Vertragsverletzungsverfahren zu vermeiden.

Besonders brisant: Die Einbeziehung der produzierenden Industrie zieht Deutschlands Mittelstand-Herzland in eine regulatorische Welt, die bisher Energiekonzernen und Telekom-Anbietern vorbehalten war.

Was jetzt passiert

In den kommenden Wochen wird das BSI detaillierte Leitfäden und branchenspezifische Anforderungen veröffentlichen. Bis Ende Dezember sollten Unternehmen Schwachstellenanalysen durchführen und sich auf die Portal-Öffnung am 6. Januar vorbereiten.

Für 2026 rechnen Experten damit, dass erste Bußgelder zunächst bei Registrierungsverstößen verhängt werden. Mittelständler müssen sich zudem auf verstärkte Audit-Anfragen ihrer Großkunden einstellen – die Lieferketten-Überprüfungen dürften im ersten Quartal 2026 Fahrt aufnehmen.

Die Ära freiwilliger Cybersicherheit ist vorbei. In Deutschland ist digitale Widerstandsfähigkeit ab sofort Gesetz.

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