Neue Asbest-Regeln sorgen für Streit am Bau
09.12.2025 - 01:20:12Eine wegweisende Woche für Deutschlands Arbeitsschutz: Während sich Baufirmen auf verschärfte Asbest-Vorschriften einstellen müssen, dürfen Chemieunternehmen aufatmen. Die EU schiebt neue Kennzeichnungspflichten um Jahre nach hinten.
Mit dem nahenden Stichtag am 21. Dezember 2025 zur Umsetzung der EU-Asbest-Richtlinie steht der deutschen Baubranche ein heißer Dezember bevor. Doch während die einen nachschärfen, gewähren die anderen Aufschub: Die Europäische Union hat die umstrittenen CLP-Fristen für Chemikalienkennzeichnung überraschend gestoppt.
Der Bundesrat hat am 21. November grünes Licht für die novellierte Gefahrstoffverordnung gegeben – allerdings mit einer folgenschweren Einschränkung. Die zentrale Streitfrage: Wer muss vor Sanierungen auf Asbest prüfen lassen?
Die Handwerksverbände forderten seit Jahren eine klare Regelung: Bauherren sollten verpflichtet werden, vor Ausschreibungen grundsätzlich Schadstoff-Untersuchungen durchzuführen. Diese Hoffnung wurde nun zerschlagen.
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“Eine komplette Absage an das, woran wir 15 Jahre im Asbest-Dialog gearbeitet haben”, kritisierte Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe (ZDB), gestern im Handwerksblatt. Die Branche spricht von einer “Enttäuschung”.
Was ändert sich konkret?
Die neue Regelung verpflichtet Gebäudeeigentümer lediglich, vorhandene Informationen weiterzugeben – etwa Baujahr oder bekannte Altlasten. Eine aktive Untersuchungspflicht vor Auftragsvergabe gibt es nicht.
Die wichtigsten Neuerungen:
* Screening-Pflicht: Strengere Prüfanforderungen für Gebäude mit Baujahr vor 31. Oktober 1993
* Informationsweitergabe: Auftraggeber müssen alle verfügbaren Gebäudedaten an Baufirmen übermitteln
* Kostenklarstellung: Der Bundesrat ergänzte immerhin: Notwendige Erkundungsmaßnahmen sind Teil des Auftragsvolumens und vom Auftraggeber zu bezahlen
Für Bauunternehmen bedeutet dies: Sie müssen weiterhin Prüfkosten und Risiken einkalkulieren. Taucht Asbest unerwartet auf, drohen Streitigkeiten über “Zusatzkosten” – ein altbekanntes Problem, das nun fortbesteht.
CLP-Kennzeichnung: Drei Jahre Aufschub
Ganz anders die Lage in der chemischen Industrie. Am 3. Dezember veröffentlichte die EU die Verordnung 2025/2439 – im Fachjargon als “Stop the Clock”-Regelung bekannt. Das Inkrafttreten ist für den 23. Dezember angesetzt.
Was bedeutet das konkret? Die ursprünglich für 2026 und 2027 geplanten Fristen zur Umsetzung der überarbeiteten CLP-Verordnung werden auf den 1. Januar 2028 verschoben.
Durchatmen für Hersteller
Für deutsche Produzenten und Händler entfällt damit zunächst der Zeitdruck bei:
* Schriftgröße: Anpassungen der Etiketten-Typografie können warten
* Digitale Kennzeichnung: Integration neuer digitaler Labeling-Vorschriften verschiebt sich
* Formatierung: Bestehende Etikettenbestände dürfen länger verwendet werden
Die Verschiebung ist Teil des EU-Entbürokratisierungspakets “Omnibus VI”. Ein willkommener Nebeneffekt: Neue Gefahrenklassen wie endokrine Disruptoren können nun zeitgleich mit den Format-Updates eingeführt werden – eine harmonisierte Umsetzung statt gestaffelter Anpassungen.
Baustellenverordnung mit Klarstellungen
Parallel zur Gefahrstoffverordnung wurde auch die Baustellenverordnung überarbeitet. Die Änderungen präzisieren die Rolle der Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinatoren (SiGeKo) bei Asbest-Sanierungen.
Die neue Fassung verknüpft die Koordinierungspflichten explizit mit den verschärften Screening-Anforderungen. Ziel: Die “Informationskette” vom Bauherrn bis zum Arbeiter auf dem Gerüst muss lückenlos funktionieren.
Was Unternehmen jetzt tun müssen
Kurz vor den Feiertagen stehen Sicherheitsbeauftragte und Facility Manager vor einer Doppelaufgabe:
Baubranche – sofortiger Handlungsbedarf:
Sanierungsprojekte für 2026 müssen umgehend geprüft werden. Verträge sollten aktualisiert werden, um die neuen Informationspflichten der Auftraggeber abzubilden. Experten raten: Gebäudedaten explizit schriftlich anfordern – das löst die Haftung des Eigentümers aus, falls später Schadstoffe auftauchen.
Chemiesektor – strategische Neuplanung:
Compliance-Teams können durchatmen und ihre Zeitpläne anpassen. Der Fokus verschiebt sich von “Hauruck-Umsetzung” zu strategischer Vorbereitung auf die 2028er-Standards.
“Die neue Gefahrstoffverordnung bringt Rechtssicherheit, auch wenn es nicht die Lösung ist, die sich das Handwerk erhofft hat”, kommentierten Rechtsexperten heute auf dem Portal Stoffrecht. Mit der Verkündung im Bundesgesetzblatt, die jeden Tag erwartet wird, endet die Übergangsphase faktisch.
Die wichtigsten Termine im Überblick
- 21. November 2025: Bundesrat billigt GefStoffV-Novelle mit Auflagen
- 3. Dezember 2025: EU veröffentlicht CLP-“Stop the Clock”-Verordnung
- 21. Dezember 2025: Frist zur Umsetzung der EU-Asbest-Richtlinie in deutsches Recht
- 1. Januar 2028: Neuer einheitlicher Stichtag für CLP-Kennzeichnungspflichten
Ob die Baubranche ihre Forderung nach einer echten Veranlasser-Pflicht jemals durchsetzen kann? Der politische Widerstand scheint groß – zu groß, wie die jüngsten Ereignisse zeigen. Für die Praxis bedeutet das: Baufirmen müssen sich weiter mit Grauzonendiskussionen herumschlagen, während die Konkurrenz aus anderen EU-Ländern teils klarere Regelungen genießt.
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