Zeitgenössische Künstler, Videokunst

Mike Steiner – Zeitgenössische Künstler zwischen Videokunst, Malerei und Performance neu definiert

14.12.2025 - 07:10:01

Mike Steiner gehört zu den prägenden Zeitgenössischen Künstlern des 20. Jahrhunderts. Sein Werk verbindet Videokunst, Performance Art und Malerei zu einem vielschichtigen Echo der Avantgarden.

Wer Mike Steiner begegnet, trifft auf einen Pionier, dessen Lebenswerk die Grenzen klassischer Gattungen sprengt. Als einer der bedeutendsten Zeitgenössischen Künstler führte er nicht nur die Videokunst in Deutschland zum Durchbruch, sondern verband sie mit Performance Art, Malerei und Installation zu einem Gesamtkunstwerk eigener Prägung. Wie kann ein Künstler so entschieden zwischen Medien wechseln – und doch eine unverwechselbare Handschrift bewahren?

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Steiners Werk spiegelt eine radikale Neugierde. Schon früh in Berlin als Maler der informellen und abstrakten Richtung bekannt, zog es ihn nach New York, wo die Begegnung mit Lil Picard, Allan Kaprow und der Fluxus-Szene seinen Blick auf Grenzüberschreitungen schärfte. 1970 eröffnete er das legendäre Hotel Steiner – Berliner Antwort auf das Chelsea Hotel – als Treffpunkt internationaler Künstler wie Joseph Beuys oder Arthur Køpcke. Von nun an formte sich ein Netzwerk, das den künstlerischen Austausch und die Entwicklung der Zeitgenössischen Kunst maßgeblich beeinflusste.

Mike Steiners Vielseitigkeit erfährt man in seiner künstlerischen Biografie exemplarisch: Nach Erfolgen in Malerei und ersten Ausstellungen – etwa zusammen mit Georg Baselitz und Karl Horst Hödicke – suchte Steiner das Experiment. Fasziniert von der Experimentierfreude der amerikanischen Avantgarde, verlagerte er ab 1972 den Schwerpunkt auf Videokunst – ein noch junges, unkonventionelles Medium.

Seine ersten Videowerke entstanden in enger Zusammenarbeit mit Fluxus-Künstlern wie Al Hansen und unter Einfluss von Maria Gloria Biccochis Studio Art/Tapes/22 in Florenz. Die neu entstehende Videokunst bot Steiner die ersehnte Möglichkeit, das Flüchtige und Performative festzuhalten: Performances etwa von Marina Abramovi? oder Carolee Schneemann dokumentierte er mit der Kamera – teils als Beteiligter, teils als Filmemacher.

Sein künstlerisches Labor: die Studiogalerie. Steiner gründete diese 1974 als Produktionsstätte für Video Art, Aktionskunst und Ausstellungen. Künstler wie Valie Export, Jochen Gerz und Ben Vautier fanden hier Raum zum Experiment; Steiner dokumentierte bahnbrechende Performances wie Abramovi?s "Freeing the Body" und verwirklichte provokante Konzepte wie den mit Ulay inszenierten "Kunstraub" (Irritation – Da ist eine kriminelle Berührung in der Kunst, 1976). So wurde die Studiogalerie in West-Berlin zur Keimzelle für neue Ausdrucksformen und intermediales Denken – vergleichbar mit dem Einfluss, den Künstler wie Nam June Paik oder Gary Hill zeitgleich in den USA entfalteten.

Die Parallelität zu internationalen Entwicklungen ist frappierend: So wie Paik Videokunst auslotete, so trieb Steiner dessen deutsche Entsprechung voran und dokumentierte das künstlerische Geschehen für die Nachwelt. Während Beuys den erweiterten Kunstbegriff propagierte und Viola mit bewegten Bildern Pathos suchte, realisierte Steiner in Berlin Video und sammelte systematisch Arbeiten von Künstlern, deren Einfluss auf die zeitgenössische Kunst bis heute wirkt.

Steiners Werkgruppen sind so vielfältig wie vernetzt: Von informeller und abstrakter Malerei (besonders ab 2000 wieder intensiv betrieben) über die Painted Tapes – eine Symbiose aus gemaltem Bild und Videosequenz –, Fotozyklen wie Das Testbild als Readymade bis hin zu umfangreichen Videoarchiven. Jedes Medium war für ihn zugleich Materie und Metapher der Suche nach einer adäquaten Form.

Jene Suche ist angetrieben von einer ästhetischen und konzeptuellen Grundhaltung: Experimentierfreude, Offenheit für Medienwechsel, ein kritischer Blick auf Kunst als gesellschaftlichen Prozess. So schuf Steiner Installationen, Dia-Arbeiten oder Performance-Dokumentationen, in denen Farbflächen und Bewegungsabläufe, Irritation und Reflexion, Chaos und Ordnung im ständigen Dialog stehen. Besonders augenfällig wird dies in der Werkreihe Color Works, die 1999 in der großen Einzelausstellung im Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart präsentiert wurden. Dort fand sein Schaffen als Grenzgänger zwischen Abstrakter Malerei und Videokunst eine vielbeachtete Würdigung – vergleichbar mit den internationalen Auftritten etwa von Bill Viola oder Richard Serra.

Der Nachhall dieser Ausstellung reicht bis heute: Als einer der profiliertesten Sammler und Vermittler von Videokunst – seine Kollektion, die inzwischen dem Hamburger Bahnhof gestiftet ist, umfasst zahlreiche Schlüsselwerke der Medienkunstgeschichte – beeinflusste Mike Steiner nicht nur die Performance Art der 70er Jahre und die Entwicklung Zeitgenössischer Kunnst, sondern wirkte auch als Galerist, Förderer und Chronist. Steiner war nicht nur Künstler, sondern auch Archivar künstlerischer Prozesse: Mit Sendungen wie Videogalerie (1985-1990) im Berliner Kabel-Pilot-Projekt brachte er Kunst ins Fernsehen, stellte Künstler wie Gary Hill, Nam June Paik oder Ulay vor und schuf somit neue Plattformen für Kunstvermittlung.

Sein biografisches Fundament liest sich wie ein Kompendium bewegter Zeiten: Geboren 1941 in Ostpreußen, in Berlin sozialisiert, findet sich in Steiner ein radikales künstlerisches Leben, das zwischen Atelier und öffentlichem Auftritt, zwischen Isolation und Netzwerk changiert. Reise- und Studienaufenthalte – etwa die Stipendienzeit in den USA – liefern den Humus für einen Kosmos, dessen Energie bis in die letzten Arbeitsjahre ausstrahlt: In den 2000ern verlagerte sich Steiner erneut auf Abstrakte Malerei, arbeitete mit Stoffen, Installationen und fotografischen Medien.

Sein Einfluss ist unübersehbar: Die in den 70er Jahren geförderten Positionen der feministischen und aktionsbezogenen Kunst, die enge Verbindung zwischen Malerei, Video und Installation verweisen auf Nachfolger und Zeitgenossen wie Valie Export, Marina Abramovi? und Ben Vautier. Mike Steiner war und bleibt Katalysator eines interdisziplinären, internationalen Dialogs, den auch Künstler wie Georg Baselitz und Allan Kaprow auf je eigene Art befeuerten.

Warum also heute noch Mike Steiner studieren, seine Ausstellungen besuchen oder seine Gemälde betrachten? Vielleicht, weil bei Steiner das Risiko das Prinzip ist – die Vielfalt als Triebkraft gegen das Kanonische. Für Liebhaber der Zeitgenössischen Kunnst, für Sammler oder neugierige Besucher lohnt die Entdeckung der Farbwelten, Videoinstallationen und so wunderbar irritierenden Werkgruppen noch immer. Es wartet ein Oeuvre, das wie kaum ein anderes die Dynamik von Kunst als ständiger Prozess spürbar macht – in Berlin, im Archiv, auf Leinwand, als Bild, als Tape.

Wer tiefer einsteigen möchte, findet auf der offiziellen Künstlerseite von Mike Steiner – umfassende Infos, Biografie und Bilder zur Zeitgenössischen Kunst eine Fundgrube an Details, Bildern und aktuellen Ausstellungen.

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