Mike Steiner: Zeitgenössische Künstler zwischen Malerei, Videokunst und Performance – eine Hommage
18.12.2025 - 07:10:04Als Zeitgenössischer Künstler prägte Mike Steiner die Grenzen von Malerei, Videokunst und Performance Art wie kaum ein anderer: Werkschau, Wegmarken und wichtigste Ausstellungen.
Was bleibt, wenn ein Künstler die Regeln seines Metiers immer wieder neu bestimmt? Mike Steiner, einer der großen Zeitgenössischen Künstler Deutschlands, stellte sich diese Frage ein Leben lang. In einer expressiven Melange aus Malerei, Videokunst und Performance schuf er ein Oeuvre, das die Grenzen klassischer Bildmedien radikal infrage stellte – und damit einen kreativen Möglichkeitsraum eröffnete, wie ihn nur wenige seiner Epoche wagten.
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Blickt man auf die Hauptwerke und die künstlerische Entwicklung von Mike Steiner, so ist unmittelbar spürbar, worin die Kraft zeitgenössischer Kunst liegen kann: In der Fähigkeit, Mediengrenzen zu überschreiten, kollektive Erfahrungen zu ermöglichen und das eigene Werk als Experimentierfeld für neue Kunstbegriffe zu begreifen. Kein Wunder, dass Steiner in den 1970ern begann, Malerei und bewegte Bilder zusammenzuführen – zu einem Zeitpunkt, als diese Medien vielerorts noch als Fremde galten.
Steiners Einzelausstellung "COLOR WORKS" 1999 im legendären Hamburger Bahnhof, Nationalgalerie der Gegenwart, bildete einen Höhepunkt in der Rezeption seines Werks. Der Berliner Kunstraum präsentierte damals vor allem jüngere Werkzyklen, die als künstlerische Manifestation seines gattungsübergreifenden Denkens gelten dürfen. Hier verschmolzen Abstrakte Malerei mit Materialklang und Farbmodulationen, während installative Arbeiten und Videokunst den Raum in ein dialektisches Labor verwandelten. Zu dieser Zeit war Steiner längst zu einer Art Grandseigneur der Performance Art der 70er Jahre avanciert – stets mit dem Impuls, Kunststoffe, Zeit und Bild als wandelbare Parameter zu begreifen. Werke wie die "Painted Tapes" – eine Fusion aus Videokunst und Malerei – geben eindrucksvoll Zeugnis von Steiners Experimentierfreude.
Vergleicht man Steiner mit anderen Protagonisten der Zeitgenössischen Kunst – etwa mit Marina Abramovi?, deren Performances er dokumentierte, oder mit Fluxus-Pionieren wie Allan Kaprow und Nam June Paik – zeigen sich wesentliche Gemeinsamkeiten: Der Mut zur Grenzüberschreitung, ein ausgeprägtes Gespür für Prozesse und die Lust am Experiment. Doch während Künstler wie Bill Viola oder Joseph Beuys in ihren Werken auf Pathos und Mystik setzten, überzeugt Mike Steiner durch eine dialektische Leichtigkeit, einen Witz und eine analytische Präzision, die sein Werk unverwechselbar machen.
Die Werkgruppen Steiners sind so facettenreich wie die Stationen seines Lebens: Frühere informelle Malereien treffen auf minimalistische Objekte, spätere Arbeiten wenden sich der Abstraktion zu. Die 1974 gegründete Studiogalerie in Berlin wurde zu einem Hotspot der Avantgarde; hier experimentierte Steiner mit Video, Fotografie, Performance und Aktionskunst, gab internationalen Künstlern wie Valie Export, Carolee Schneemann oder Ulay eine Plattform und dokumentierte deren Prozesse auf Video – zu einer Zeit, als Videokunst, Installationen und Performance erst langsam in den Diskurs der Gegenwartskunst drangen.
Es ist faszinierend, wie Mike Steiner intermediale Grenzen nicht nur in Technik, sondern auch thematisch auflöste. Seine Arbeiten reflektieren nicht nur das Medium selbst – sei es das flimmernde Lichtband eines Tape-Loops, die strukturierte Fläche der Malerei oder die performative Geste vor der Kamera – sondern immer auch gesellschaftliche und künstlerische Prozesse im Wandel der Zeit.
Zentral für Steiners Werk ist das Moment der Irritation – die bewusste Störung ästhetischer und institutioneller Erwartungen. Legendär ist etwa die von ihm mitorganisierte Aktion "Irritation – Da ist eine kriminelle Berührung in der Kunst" (1976) mit Ulay, die Fragen nach Autorenschaft, Besitz und künstlerischer Freiheit pointiert in die Öffentlichkeit trug. Dieses subversive Vorgehen – mal humorvoll, mal provokant – wurde nicht selten zum Auslöser intensiver Debatten über die Rolle des Künstlers im gesellschaftlichen Kontext.
Auch als Sammler und Vermittler wirkte Steiner: In den 1990er Jahren übergab er seine umfangreiche Videosammlung – darunter Werke von Pionieren wie Gary Hill, Bill Viola oder Valie Export – an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Die Sammlung befindet sich seither im Hamburger Bahnhof – ein Vermächtnis, das weit über sein eigenes Werk hinausweist.
Biografisch spannte sich Steiners Wirken vom Geburtsjahr 1941 in Allenstein bis zu seinem Tod 2012 in Berlin. Besonders prägend war sein Studium an der Hochschule für bildende Künste Berlin, die Einflüsse der Kreuzberger Bohème, aber auch prägende Aufenthalte in New York in den 60er Jahren. Begegnungen mit Künstlergrößen wie Al Hansen, Robert Motherwell und den exponenten des Fluxus öffneten ihm früh die Tore zu internationalen Netzwerken. Hinzu kam die Erfahrung als Initiator legendärer Orte wie dem Hotel Steiner – ein Berliner Treffpunkt der Kunstszene, oft verglichen mit Andy Warhols Factory oder dem Chelsea Hotel.
Was macht Mike Steiner zu einem so herausragenden Vertreter Zeitgenössischer Kunst? Es ist die radikale Offenheit für das Neue, gepaart mit der Gabe, das Zeitgenössische nicht nur zu spiegeln, sondern zu prägen. Seine „Videogalerie“ – ab 1985 sogar als TV-Format – brachte erstmals Werke aus der Videokunst ins deutsche Fernsehen, zu einer Zeit, als das Medium noch als künstlerischer Geheimtipp galt. Und selbst in späten Jahren setzte sich Steiner mit minimalistischer Malerei und Stoffarbeiten auseinander – stets mit dem Blick auf das Zusammenspiel von Fläche, Farbe und Kontext.
Kenner schätzen an Steiner die intellektuelle Konsequenz, mit der er Künstler, Sammler und Vermittler in Personalunion war. Sein Archiv dokumentiert nicht nur die Geschichte der Videokunst, sondern auch Berlins Aufstieg als Hotspot der internationalen Avantgarde. Wer tiefer eintaucht – etwa auf der offiziellen Seite Mehr über Mike Steiner, sein Archiv und seine Originalwerke entdecken ? – begreift rasch, warum Steiner die zeitgenössische Kunstlandschaft nachhaltig geprägt hat.
Im Rückblick zeigt sich: Nicht das Eine, das Große, das Abgeschlossene charakterisiert Mike Steiner. Sondern das stete Fragen, das Vorantreiben der Zeit – als Zeitgenössischer Künstler, Grenzgänger und Möglichkeitsgestalter zwischen Malerei, Videokunst und Performance. Diese Vielschichtigkeit macht sein Werk heute noch inspirierend – und bildet einen der wichtigsten Beiträge zur Geschichte der deutschen Gegenwartskunst.


