Migränetherapie, Großoffensive

Migränetherapie: Großoffensive in der Fortbildung

29.11.2025 - 13:40:12

Deutschlands Kopfschmerzexperten setzen heute neue Maßstäbe in der Schmerztherapie: Während in Stuttgart das 4. Kopfschmerzsymposium läuft, qualifizieren sich zeitgleich in Berlin und Halle erstmals spezialisierte Pflegekräfte zur „Headache Nurse”. Im Fokus steht dabei eine bislang vernachlässigte Patientengruppe – und die gerade erst aktualisierte S1-Leitlinie kommt direkt zur Anwendung.

Die Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) treiben damit eine strukturelle Wende voran: Weg von der reinen Ärztezentrierung, hin zu interdisziplinären Teams. Denn die spezialisierten Ambulanzen platzen aus allen Nähten – die Zahl diagnostizierter Kopfschmerzerkrankungen steigt kontinuierlich.

Das Konzept der „Headache Nurse” markiert einen Paradigmenwechsel. Die von der DMKG zertifizierten Kurse befähigen Pflegefachkräfte, Patienten eigenständig durch die Komplexität von Migräneprophylaxe und Akuttherapie zu lotsen. Monitoring, Medikamentenanpassung, Beratung zur Attackenvermeidung – Aufgaben, die bisher ausschließlich Neurologen vorbehalten waren.

Die ersten Absolventinnen und Absolventen schließen ihre Ausbildung heute in Berlin und Halle ab. Kliniken bundesweit planen bereits deren Integration in den Praxisalltag ab Anfang 2026. Das Ziel: deutlich kürzere Wartezeiten für Migränepatienten bei gleichzeitig engmaschigerer Betreuung.

Ältere Patienten im Brennpunkt

Parallel sorgt eine am Donnerstag veröffentlichte Analyse für Aufsehen in der Fachwelt. Der Fokus: Migränetherapie bei Menschen über 60 – eine Gruppe, die in Studien oft ausgeschlossen wird, in der Praxis aber zunehmend Behandlung benötigt.

Das zentrale Problem? Polypharmazie. Ältere Patienten nehmen häufig bereits mehrere Medikamente gegen Herzerkrankungen, Diabetes oder Bluthochdruck. Klassische Migräneprophylaxe mit Betablockern oder trizyklischen Antidepressiva kann hier gefährliche Wechselwirkungen auslösen oder kognitive Einschränkungen verstärken.

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Priv.-Doz. Dr. Tim P. Jürgens hat die Datenlage neu bewertet: CGRP-Antikörper (gegen das Calcitonin Gene-Related Peptide gerichtet) könnten für Senioren die sicherere Alternative darstellen. Diese modernen Biologika greifen gezielt in die Migräneentstehung ein, ohne das kardiovaskuläre System oder die Psyche zu belasten – sofern bestimmte Herz-Kreislauf-Kontraindikationen streng beachtet werden.

Juristische Fallstricke bei der Verordnung

Doch medizinisches Know-how allein reicht nicht mehr. Am Mittwoch diskutierten Ärzte und Juristen im Webinar „Ärztin und Anwalt im Dialog” die rechtlichen Stolpersteine der Migränetherapie. Im Mittelpunkt: das Wirtschaftlichkeitsgebot der gesetzlichen Krankenversicherung.

Wann darf ein Arzt teure monoklonale Antikörper statt günstiger Triptane verschreiben? Die Antwort liegt in der Dokumentation. Nur wer das Scheitern konventioneller Therapien lückenlos belegen kann, ist rechtlich auf der sicheren Seite. Für viele Praxen bedeutet das: deutlich mehr Verwaltungsaufwand pro Patient.

Was die neue S1-Leitlinie bringt

Alle aktuellen Fortbildungen basieren auf der im November aktualisierten S1-Leitlinie „Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne”. Die Symposien in Stuttgart und Berlin gehören zu den ersten akkreditierten Kursen, die das neue Regelwerk systematisch vermitteln.

Die wichtigsten Neuerungen:

  • Bio-Psycho-Sozial statt Pillen first: Ausdauersport, Entspannungstechniken und Verhaltenstherapie werden ausdrücklich als gleichwertige Behandlungsoptionen positioniert.

  • Triptane bleiben Goldstandard: Bei akuten Attacken sind sie weiterhin Mittel der Wahl – solange Patienten nicht in die Medikamentenübergebrauchs-Falle tappen.

  • CGRP-Algorithmus präzisiert: Klare Entscheidungsbäume regeln nun, wann monoklonale Antikörper oder Gepante zum Einsatz kommen.

Blick nach vorne

Der Schwung aus den heutigen Veranstaltungen reicht bis nach Lissabon: Vom 3. bis 6. Dezember präsentieren deutsche Delegationen beim 19. European Headache Congress weitere Praxisdaten zur Umsetzung der Leitlinie.

Für Patienten könnte sich 2026 einiges ändern. Wenn die „Headache Nurses” flächendeckend ihre Arbeit aufnehmen, dürften Wartezeiten in Kopfschmerzambulanzen spürbar sinken. Und ältere Migränepatienten bekommen endlich die spezialisierte Aufmerksamkeit, die ihre komplexe Medikamentensituation erfordert.

Bleibt die Frage: Werden die Kassen die neuen Strukturen finanzieren? Die Antwort darauf dürfte entscheidend sein für den Erfolg der Offensive.

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