Microsoft, Europaparlament

Microsoft vor dem Aus im Europaparlament

26.11.2025 - 19:29:11

38 Abgeordnete fordern den Ausstieg aus US-Software. Was nach Europa rollt, könnte Silicon Valley teuer zu stehen kommen.

Ein Bündnis europäischer Parlamentarier hat heute einen entscheidenden Vorstoß unternommen: Microsoft soll aus den internen Systemen des Europaparlaments verbannt werden. In einem formellen Appell forderten 38 Abgeordnete die Institution auf, proprietäre Software US-amerikanischer Tech-Konzerne zugunsten europäischer Alternativen schrittweise zu ersetzen.

Die Initiative des österreichischen Abgeordneten Helmut Brandstätter markiert eine neue Eskalationsstufe im Kampf um europäische „Tech-Souveränität”. Könnte das der Anfang vom Ende der Silicon-Valley-Dominanz in der EU-Verwaltung sein?

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In ihrem Schreiben an Parlamentspräsidentin Roberta Metsola argumentieren die Unterzeichner aus verschiedenen Fraktionen, die massive Abhängigkeit von Microsoft schaffe „inakzeptable Sicherheitsrisiken und geopolitische Verwundbarkeiten”. Europäische Institutionen müssten beim Übergang zu souveräner digitaler Infrastruktur „mit gutem Beispiel vorangehen”.

„Wir dürfen uns niemals von so wenigen so abhängig machen, dass wir nicht mehr frei handeln können”, heißt es in dem Brief. Zu viel öffentliche digitale Infrastruktur sei derzeit an sehr wenige ausländische Anbieter gebunden. Das mache Europa verwundbar.

Die Abgeordneten verlangen eine Roadmap zum Ersatz von Microsofts Software-Ökosystem – einschließlich Windows, Office und Teams – durch Open-Source-Lösungen und europäisch gehostete Dienste. Konkret nennen sie mehrere „souveräne” Alternativen:

  • Nextcloud (Deutschland) für Zusammenarbeit und Dateispeicherung
  • Proton (Schweiz) für verschlüsselte E-Mail-Dienste
  • Qwant (Frankreich) für datenschutzfreundliche Websuche
  • Vivaldi (Norwegen) als Browser-Alternative

Als Warnung verweisen die Parlamentarier auf den Internationalen Strafgerichtshof, der bereits Dienst-Unterbrechungen durch US-Anbieter aufgrund von Sanktionsregimen erlebt hat. Was passiert mit EU-Institutionen bei diplomatischen Konflikten?

Regulierungsdruck auf Cloud-Riesen steigt massiv

Der parlamentarische Vorstoß folgt auf eine bedeutende Regulierungsmaßnahme der Europäischen Kommission vom 18. November. Die Behörde eröffnete formelle Untersuchungen gegen Microsoft und Amazon, um zu prüfen, ob deren Cloud-Plattformen Azure und Amazon Web Services als „Gatekeeper” unter dem Digital Markets Act (DMA) eingestuft werden müssen.

Zwar erfüllen diese Dienste die quantitativen Schwellenwerte nicht automatisch. Doch die Kommission will feststellen, ob sie faktisch als kritische Zugangstore für Geschäftskunden fungieren. Eine Gatekeeper-Einstufung würde strenge neue Interoperabilitätsanforderungen und Verbote der Bevorzugung eigener Dienste bedeuten – genau das, was den Alternativen zum Durchbruch verhelfen könnte.

„Cloud-Computing ist das Rückgrat vieler digitaler Dienste”, stellte die Kommission klar. Um Innovation, Vertrauen und Europas strategische Autonomie zu fördern, müssten Cloud-Dienste in einem fairen, offenen und wettbewerbsfähigen Umfeld bereitgestellt werden.

250 Millionen Euro für „Souveränität 2030″

Dem politischen Willen in Brüssel folgen massive Investitionen des Privatsektors. Die deutsche Kollaborationsplattform Nextcloud, eine der von den Abgeordneten genannten Hauptalternativen, kündigte am 5. November ein gewaltiges Investitionsprogramm an: „Souveränität 2030″.

Das Unternehmen will in den nächsten fünf Jahren 250 Millionen Euro investieren, um seine Kapazitäten zu skalieren und das „souveräne Ökosystem” europäischer Software zu stärken. Die Investition soll die Funktionslücke zu Microsoft 365 schließen und großen Behörden einen praxistauglichen Migrationspfad bieten.

Nextcloud-CEO Frank Karlitschek begrüßte die parlamentarische Initiative: „Europa kann nicht warten. Da politische Entscheidungsfindung Zeit braucht, muss der lokale Privatsektor unsere wirtschaftliche Unabhängigkeit vorantreiben.”

Schleswig-Holstein als Blaupause

Der Vorstoß der Abgeordneten hat ein reales Vorbild: das deutsche Bundesland Schleswig-Holstein. Dort läuft derzeit eine massive Migration von 30.000 Regierungsmitarbeitern weg von Microsoft Windows und Office hin zu Linux und LibreOffice.

Im Oktober 2025 meldete Schleswig-Holstein die erfolgreiche Migration seiner E-Mail-Systeme zu Open-Xchange und Thunderbird – ein Meilenstein auf dem Weg zur vollständigen „digitalen Souveränität” bis 2026. Digitalisierungsminister Dirk Schrödter wurde zum lautstarken Befürworter und verkündete Anfang des Jahres: „Wir sind fertig mit Teams!”

Unterstützer der EU-Parlamentsinitiative argumentieren: Wenn eine Landesregierung eine solch komplexe Migration stemmen kann, hat das Europaparlament mit seinen deutlich größeren Ressourcen keine Ausrede für Untätigkeit.

Wendepunkt für den europäischen Tech-Markt?

Das Zusammentreffen des heutigen parlamentarischen Vorstoßes und der laufenden DMA-Untersuchungen deutet auf einen Wendepunkt hin. Jahrzehntelang genoss Microsoft ein Quasi-Monopol in der öffentlichen IT – gefestigt durch tiefe Integration und langfristige Lizenzvereinbarungen.

Der „Lock-in-Effekt” wird nun allerdings durch eine Sicherheitsbrille betrachtet, nicht nur eine kommerzielle. Gibt das Europaparlament der Forderung nach, würde das ein mächtiges Signal an die Regierungen aller 27 Mitgliedstaaten senden.

Marktauswirkungen:
* Europäische Tech-Aktien: Unternehmen mit Fokus auf Open-Source-Software und sichere Datenhosting könnten verstärktes Anlegerinteresse verzeichnen
* Beschaffungsreform: Öffentliche Ausschreibungen könnten zunehmend „Souveränitätsklauseln” vorschreiben – Daten müssen strikt innerhalb der EU bei Firmen gehostet werden, die dem US CLOUD Act nicht unterliegen
* Microsofts Reaktion: Der Konzern verteidigt sich mit „EU Data Boundary”-Initiativen und verspricht, europäische Daten blieben in Europa. Kritiker bemängeln jedoch: Das löst nicht das grundsätzliche Problem der Abhängigkeit von einer US-kontrollierten Entität

Während die Europäische Kommission ihre Cloud-Gatekeeper-Untersuchung fortsetzt und Abgeordnete den politischen Druck erhöhen, zeichnet sich 2026 als potenzielles Schlüsseljahr für die europäische Softwareindustrie ab. Die Frage lautet nicht mehr ob Europa sich von US-Tech-Abhängigkeit lösen will, sondern wie schnell es die Rettungsboote dafür bauen kann.

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