Microsoft verschiebt Teams-Standortüberwachung: Datenschutz-Bedenken bremsen Rollout
08.12.2025 - 21:59:12Microsoft drückt auf die Pausetaste. Die umstrittene Standorterfassung in Teams kommt erst im Februar 2026 – und mit deutlich strengeren Datenschutzvorkehrungen. Der Grund: massive Kritik an möglicher Büro-Überwachung.
Ursprünglich sollte die Funktion noch Ende 2025 starten. Doch die Reaktionen von Nutzern und IT-Administratoren waren eindeutig: Zu viele sahen darin ein digitales Kontrollinstrument für Arbeitgeber, die ihre Mitarbeiter zurück ins Büro zwingen wollen. Microsoft reagiert nun mit einer grundlegenden Kurskorrektur.
Laut aktualisierter Dokumentation im Microsoft 365 Message Center wird das Feature standardmäßig deaktiviert sein. Mehr noch: Jeder einzelne Mitarbeiter muss der Standortfreigabe explizit zustimmen – ein fundamentaler Unterschied zu früheren Versionen, die der IT-Verwaltung deutlich mehr Kontrolle einräumten.
In einem Update der Microsoft 365 Roadmap (ID 488800) bestätigte das Unternehmen vergangene Woche: Die “Nearby”-Funktion zur Standortfreigabe startet nun “Anfang Februar 2026” und soll Mitte Februar flächendeckend verfügbar sein. Damit verschiebt sich der ursprünglich für Dezember 2025 und Januar 2026 geplante Zeitplan um mehrere Wochen.
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Die formelle Benachrichtigung erreichte IT-Administratoren über das Message Center (MC1081568). Dort heißt es, die Funktion solle den “Arbeitsstandort automatisch durch Verbindung mit einem WLAN-Netzwerk setzen” und Kollegen dabei helfen, sich im Büro zu finden.
Branchenbeobachter werten die Verschiebung als notwendige Atempause. Microsoft verschafft sich Zeit, um die Datenschutz-Kontrollen nachzuschärfen und die Kommunikation zu überarbeiten. Schließlich hatte das Tool seit seiner Ankündigung mit einem Image-Problem zu kämpfen: Kritiker bezeichneten es als potenziellen “Denunziations-Mechanismus” zur Durchsetzung von Büropflichten.
So funktioniert die Technik
Die Funktionsweise klingt simpel, birgt aber Brisanz: Das System nutzt die Netzwerkinfrastruktur eines Unternehmens zur Ortung von Mitarbeitern. Sobald sich ein Laptop mit einem bestimmten Firmen-WLAN verbindet – identifiziert über dessen SSID oder BSSID – oder ein bekanntes Peripheriegerät wie ein Microsoft Teams Room genutzt wird, aktualisiert das System automatisch den Standort. Im Teams-Profil erscheint dann etwa “Gebäude 4” oder “Büro München”.
Technisch basiert das Ganze auf einer Zuordnung: Administratoren verknüpfen im Teams Admin Center bestimmte Netzwerk-Zugangspunkte mit physischen Standorten. Wird die Verbindung erkannt, aktualisiert sich die Präsenzkarte des Nutzers – ohne manuellen Eingriff.
Als Reaktion auf die Kritik hat Microsoft allerdings eine entscheidende “Doppel-Opt-in”-Sicherung eingebaut:
- Administrator-Ebene: Die IT-Verwaltung muss die Funktion zunächst für die Organisation freischalten.
- Nutzer-Ebene: Jeder einzelne Mitarbeiter muss dann freiwillig zustimmen, seinen Standort zu teilen.
“Nachdem Sie die Funktion aktivieren, behalten Endnutzer die Kontrolle und können selbst entscheiden, ob sie ihren Arbeitsstandort mit Kollegen teilen”, erklärt Microsoft in der aktualisierten Dokumentation. Zudem: Das System stoppt die Erfassung automatisch nach Ende der konfigurierten Arbeitszeit und löscht die Standortdaten.
Datenschutz-Sorgen erzwingen Strategiewechsel
Der Schwenk zum Opt-in-Modell ist eine direkte Antwort auf Überwachungsängste. Als die Funktion Ende 2025 erstmals detailliert vorgestellt wurde, schlugen Berichte von Windows Central und ZDNet hohe Wellen. Die Befürchtung: Arbeitgeber könnten die Daten zur Kontrolle von Anwesenheitszeiten oder zur Durchsetzung strikter Büro-Präsenzpflichten missbrauchen.
Das Timing ist brisant. Windows Central berichtete am 4. Dezember, dass Microsoft intern die eigene Rückkehr-ins-Büro-Regelung verschärft – zeitgleich mit dem geplanten Feature-Rollout. Ab Ende Februar 2026 sollen Microsoft-Mitarbeiter, die innerhalb von 80 Kilometern eines Büros leben, mindestens drei Tage pro Woche vor Ort arbeiten. Diese Überschneidung nährt Spekulationen: Könnte das offiziell für “Kollegen-Koordination” gedachte Tool nicht doch zur Compliance-Überwachung dienen?
Auf Anfragen von Medien in der vergangenen Woche wiederholte Microsoft lediglich, dass die Roadmap den aktuellen Stand widerspiegele. Weitere Kommentare zum internen Entscheidungsprozess blieben aus.
Marktposition unter Druck
Die Verzögerung bringt Microsoft in eine heikle Lage. Das Unternehmen muss zwischen den Interessen von Unternehmenskunden – die Büroauslastung nachvollziehen wollen – und den Datenschutz-Erwartungen einer hybriden Belegschaft vermitteln.
Konkurrenten wie Zoom und Slack bieten ähnliche “Präsenz”-Features. Doch Microsofts tiefe Integration in die Netzwerk-Infrastruktur von Unternehmen macht die Umsetzung einzigartig leistungsstark – und für manche auch einzigartig invasiv. Die Möglichkeit, den Nutzer-Status an einen spezifischen WLAN-Zugangspunkt zu koppeln, liefert granulare Standortdaten, die manuelle Check-ins nie erreichen könnten.
Für IT-Abteilungen bedeutet der Februar-Start ein zweimonatiges Vorbereitungsfenster. Administratoren müssen nicht nur entscheiden, ob sie ihre Netzwerke für diese Funktion kartieren, sondern auch, wie sie die Datenschutz-Implikationen kommunizieren – um interne Konflikte zu vermeiden.
Vertrauensfrage entscheidet über Erfolg
Mit Blick auf Februar 2026 sollten Organisationen mit Microsoft 365 damit rechnen, die neuen Kontrollen im Teams Admin Center zu sehen. Der Erfolg der Funktion hängt letztlich vom Vertrauen der Mitarbeiter ab: Wird das Tool als praktisches Hilfsmittel wahrgenommen, um Kollegen für die Mittagspause zu finden? Oder als digitale Stechuhr?
Falls die Opt-in-Rate niedrig bleibt, könnten die von Microsoft versprochenen Vorteile für “hybride Koordination” verpuffen. Die Kartierungs-Arbeit der IT-Teams wäre dann weitgehend umsonst gewesen.
Die Verschiebung zeigt immerhin: Microsoft hört zu. In der modernen Arbeitswelt muss Transparenz mit Autonomie in Einklang gebracht werden – eine Lektion, die der Konzern gerade auf die harte Tour lernt.
Hinweis: Dieser Artikel basiert auf öffentlich verfügbaren Informationen und Microsoft-Ankündigungen vom 8. Dezember 2025. Zeitpläne und Funktionen können sich ändern.
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