Microsoft Teams: Standort-Tracking verzögert sich – Betriebsräte atmen auf
23.12.2025 - 09:12:12Microsoft verschiebt den umstrittenen Rollout der automatischen Standorterkennung in Teams auf Anfang 2026. Der Aufschub gibt deutschen Betriebsräten wertvolle Zeit, verbindliche Nutzungsregeln auszuhandeln.
München/Redmond – Der Konflikt um digitale Mitarbeiterüberwachung erreicht einen vorläufigen Höhepunkt: Microsoft hat die weltweite Einführung der automatischen Standorterkennung in Teams verschoben. Statt wie geplant im Dezember 2025 soll das Feature erst Januar oder Februar 2026 flächendeckend starten. Für deutsche Unternehmen bedeutet dies eine Atempause im Ringen um datenschutzkonforme Lösungen und die Ausübung des Mitbestimmungsrechts.
Im Kern soll die neue Teams-Funktion die Koordination hybrider Arbeit erleichtern. Die Software erkennt, ob ein Nutzer im Büro ist, indem sie die Verbindung zu bekannten Firmen-WLAN-Netzen oder angeschlossenen Peripheriegeräten wie Monitoren auswertet. Anschließend passt sie den Status automatisch auf „Im Büro“ oder einen bestimmten Gebäudenamen an.
Microsoft bewirbt dies als Komfortgewinn, der manuelles Umschalten überflüssig macht. Datenschützer sehen darin jedoch ein potenzielles Überwachungswerkzeug. „Was wie praktischer Komfortgewinn klingt, entpuppt sich als sensibles Thema mit erheblichen Risiken aus Datenschutz- und IT-Sicherheitssicht“, warnt Dr. Johann Sell, Softwareentwicklungsleiter bei der mip Consult GmbH.
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Technisch setzt das System nicht auf GPS, sondern auf eine von IT-Administratoren gepflegte „Karte“ firmeneigener Netzwerk-IDs. Entscheidend ist: Microsoft will die Funktion standardmäßig deaktiviert lassen und für Endnutzer als Opt-in gestalten. Experten bezweifeln jedoch, dass in der betrieblichen Realität eine wirklich freiwillige Entscheidung möglich ist.
Verzögerung als Chance für die Mitbestimmung
In Deutschland ist die Einführung einer solchen Technologie keine rein managementseitige Entscheidung. Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG unterliegt der Einsatz technischer Einrichtungen, die eine Überwachung des Verhaltens oder der Leistung ermöglichen, der zwingenden Mitbestimmung des Betriebsrats.
„Selbst wenn die Funktion für den Nutzer technisch ‚opt-in‘ ist, erfordert die dahinterstehende Infrastruktur – das Mapping der WLAN-Netze und die Aktivierung der Richtlinie – die Zustimmung des Betriebsrats“, betonen Rechtsanalysten von CMS Germany.
Der Aufschub bis 2026 gibt nun Zeit für verbindliche Betriebsvereinbarungen. Betriebsräte raten nicht zur pauschalen Verweigerung, sondern zum Aushandeln strenger Rahmenbedingungen:
* Verbot der Leistungsbewertung: Standortdaten dürfen nicht für Anwesenheitskontrollen oder Leistungsbeurteilungen genutzt werden.
* Echte Freiwilligkeit: Es darf keine Nachteile für Mitarbeiter geben, die die Funktion deaktiviert lassen.
* Begrenzte Datenspeicherung: Klare Löschfristen für Standortprotokolle müssen vereinbart werden.
Technische Vorbereitungen laufen bereits
Trotz der Verzögerung laufen in vielen Unternehmen bereits die technischen Vorbereitungen. IT-Administratoren kartieren Firmen-Netzwerke, um die Funktion nach dem Start sofort nutzbar zu machen.
So funktioniert die Technik im Detail:
1. Konfiguration: Die IT lädt eine Liste firmeneigener WLAN-Namen (SSIDs) in die Microsoft-Places-Datenbank.
2. Erkennung: Der Teams-Client auf einem Windows- oder Mac-Gerät erkennt eine Übereinstimmung und signalisiert dies an das Backend.
3. Status-Update: Hat der Nutzer zugestimmt, wird sein Standortfeld in Teams automatisch aktualisiert.
Kritiker warnen vor der Entstehung detaillierter Bewegungsprofile. „Die Information, wann eine Person im Büro ist, ist ein besonders schützenswertes personenbezogenes Datens nach der DSGVO“, so Dr. Sell. Die Befürchtung: Die Daten könnten mit anderen Microsoft-365-Metriken – wie dem Copilot-Dashboard – verknüpft werden, um Produktivitäts-Scores auf Basis physischer Präsenz zu erstellen.
Was Unternehmen jetzt tun müssen
Die Verschiebung wird von Datenschutzbeauftragten im DACH-Raum begrüßt. Sie gewinnt Zeit für obligatorische Datenschutz-Folgenabschätzungen (DSFAs).
Der Druck bleibt jedoch. Microsofts eigene interne Rückkehr-an-den-Arbeitsplatz-Politik, die drei Präsenztage pro Woche vorschreibt, zeigt, dass „Standort-Transparenz“ für den Konzern ein strategisches Ziel ist.
Handlungsempfehlungen für Firmen:
* Nicht abwarten: Die gewonnene Zeit für den Abschluss der Betriebsvereinbarung nutzen.
* Richtlinien prüfen: Sicherstellen, dass bestehende IT-Nutzungsrichtlinien „automatisierte Präsenzerkennung“ abdecken.
* Mitarbeiter aufklären: Transparent über die kommende Funktion und den Opt-in-Mechanismus informieren, um Gerüchten über „heimliche Überwachung“ vorzubeugen.
Die Debatte um das Teams-Standort-Tracking macht deutlich: Im digitalen Arbeitsumfeld sind Komfort und Kontrolle oft zwei Seiten derselben Medaille. In Deutschland wird die Trennlinie maßgeblich vom Arbeitsrecht gezogen.
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