Höchstgericht, Werbemodell

Meta: Österreichs Höchstgericht kippt Werbemodell in Europa

22.12.2025 - 07:00:12

Der österreichische Oberste Gerichtshof (OGH) erklärt Metas zielgerichtete Werbung für rechtswidrig – und setzt damit einen Präzedenzfall für die gesamte EU.

In einem Grundsatzurteil hat das Gericht die zentrale Rechtsgrundlage des Tech-Konzerns zerschlagen: die sogenannte „vertragliche Notwendigkeit“. Meta darf personenbezogene Daten für personalisierte Werbung nicht mehr ohne ausdrückliche, informierte und freiwillige Einwilligung der Nutzer verwenden. Bei Verstößen drohen hohe Strafen. Die Entscheidung aus Wien, die das Wochenende über für Aufsehen sorgte, stellt das Geschäftsmodell von Facebook und Instagram in Europa infrage.

Das Höchstgericht wies Metas Argumentation entschieden zurück. Der Konzern hatte jahrelang behauptet, die Datenverarbeitung für Werbung sei ein wesentlicher Bestandteil des Nutzungsvertrags und mache eine explizite Einwilligung nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) überflüssig.

Das OGH sah das anders. Personalisierte Werbung sei lediglich ein Finanzierungsmodell für die Plattform, keine funktionale Notwendigkeit des Dienstes selbst. Meta muss nun eine aktive Einwilligung („Opt-in“) einholen, die den strengen Vorgaben der DSGVO entspricht.

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„Das Urteil macht klar, dass Meta solche Nutzerpräferenzen nicht ohne ausdrückliche Einwilligung jedes einzelnen Nutzers verwenden darf“, sagte Max Schrems, der österreichische Datenschutzaktivist und Gründer von noyb (None of Your Business). Seine Organisation hatte die Klage bereits 2014 eingereicht. Das Urteil decke die Rechtswidrigkeit von Metas Praktiken seit über einem Jahrzehnt auf, so Schrems.

Gericht ordnet beispiellose Transparenz an

Die Entscheidung geht weit über das Werbemodell hinaus. Meta muss Nutzern künftig vollständigen Zugang zu ihren Rohdaten gewähren – nicht nur zu den gefilterten Informationen im bisherigen Download-Tool.

Laut Urteil muss der Konzern offenlegen:
* Die konkreten Quellen aller gesammelten Datenpunkte.
* Die Empfänger, mit denen diese Daten geteilt wurden.
* Die genauen Zwecke, für die jedes Datum verarbeitet wurde.

Diese Informationen müssen innerhalb von 14 Tagen nach Nutzeranfrage bereitgestellt werden. Der OGH wies Metas Verweis auf „Geschäftsgeheimnisse“ zurück: Die Transparenzrechte der DSGVO haben Vorrang. Juristen sehen darin eine enorme operative Herausforderung für den Konzern.

Sensible Daten und das „Bezahlen oder Einwilligen“-Modell

Das Gericht befasste sich auch mit der Verarbeitung sensibler Daten wie politischer Meinungen, sexueller Orientierung oder Gesundheitsinformationen. Es stellte fest, dass Meta solche besonderen Kategorien von Daten (geschützt durch Artikel 9 DSGVO) illegal ohne die erforderliche ausdrückliche Einwilligung verarbeitet hat.

Dieser Befund trifft auch Metas umstrittenes Modell „Bezahlen oder Einwilligen“. Zwar bietet Meta Nutzern in der EU aktuell die Wahl zwischen einem monatlichen Beitrag und der Einwilligung in Werbung. Das Urteil legt jedoch nahe, dass die im kostenlosen Modus eingeholte „Einwilligung“ unwirksam sein könnte, wenn sie nicht wirklich freiwillig ist oder die Verarbeitung sensibler Daten ohne spezifische Erlaubnis umfasst.

„Werden Daten verarbeitet, die sensible Informationen offenbaren, gelten die höheren Schutzvorschriften der DSGVO – unabhängig davon, ob der Verantwortliche behauptet, diese Daten nicht gezielt zu nutzen“, analysierten Experten von VinciWorks.

Chaos für Metas Europa-Geschäft droht

Die unmittelbaren Folgen des Urteils könnten für Metas europäische Geschäfte chaotisch werden. Da es sich um ein Höchstgerichtsurteil handelt, ist es sofort vollstreckbar. Bei Nichtbeachtung drohen tägliche Zwangsgelder oder, in extremen Fällen, sogar strafrechtliche Konsequenzen für Führungskräfte nach österreichischem Recht.

Blick auf den Markt
Investoren beobachten angespannt, wie sich dies auf Metas Werbeeinnahmen in Europa auswirkt, die einen erheblichen Teil des globalen Umsatzes ausmachen. Wird der Konzern zu einem strikten Opt-in-Modell gezwungen, könnten die Einwilligungsraten Branchendaten zufolge auf nur 3-10 Prozent einbrechen. Das würde den Wert seiner Werbeplätze massiv mindern.

Was kommt jetzt?
* Durchsetzung: Die Datenschutzgruppe noyb kündigte an, die Einhaltung genau zu überwachen. Kommt Meta der Aufforderung zur vollständigen Datenoffenlegung innerhalb von 14 Tagen nicht nach, sind weitere Klagen wahrscheinlich.
* Schadensersatz: Das Gericht sprach Schrems einen symbolischen Betrag von 500 Euro Schadensersatz zu – gedeckelt durch den Klageantrag von 2014. Juristen warnen jedoch, dass dies die Tür für Millionen Nutzer öffnet, die für DSGVO-Verstöße der letzten Jahre deutlich höhere Summen einklagen könnten.

Meta teilte mit, man prüfe das Urteil. Eine sofortige Einstellung der Werbedienste kündigte der Konzern nicht an. Doch da ihm die rechtliche Grundlage unter den Füßen weggezogen wurde, scheint eine grundlegende Neustrukturierung von Facebook und Instagram in Europa in den kommenden Monaten unvermeidlich.

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