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Ifo-Index: Deutsche Firmen so wenig einstellungsbereit wie seit Corona nicht mehr

27.11.2025 - 05:29:12

Der deutsche Arbeitsmarkt steht vor der größten Bewährungsprobe seit den düstersten Tagen der Pandemie. Das renommierte Ifo-Institut meldet einen dramatischen Rückgang der Einstellungsbereitschaft – und die Welle der Stellenstreichungen schwillt weiter an.

Der Ifo-Beschäftigungsbarometer sackte im November auf 92,5 Punkte ab, nach 93,5 Punkten im Vormonat. Es ist der niedrigste Wert seit Mitte 2020, als Corona die Wirtschaft lahmlegte. Die Botschaft ist eindeutig: Deutschlands Unternehmen schrauben ihre Belegschaften zurück.

„Viele Unternehmen bauen weiter Stellen ab”, erklärte Klaus Wohlrabe, Leiter der Ifo-Umfragen. „Wegen der stockenden Wirtschaft bleibt die Entwicklung am Arbeitsmarkt schwach.” Besonders alarmierend: Die Personalkürzungen erfassen mittlerweile nahezu alle zentralen Branchen.

Am härtesten trifft es das Rückgrat der deutschen Wirtschaft: die Industrie. Der Beschäftigungsbarometer für die Fertigung stürzte auf minus 20,9 Punkte – ein Wert, der deutlich macht, dass eine erdrückende Mehrheit der Industriefirmen Stellen abbauen will statt aufzubauen.

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Die Daten des Ifo zeigen: Der Trend zu Entlassungen zieht sich durch praktisch alle industriellen Zweige. Was Experten seit Monaten befürchten, wird nun zur bitteren Realität – eine schleichende Deindustrialisierung, getrieben von hohen Energiekosten, bürokratischen Hürden und schwächelnder Nachfrage aus Fernost.

Auch der Einzelhandel bietet keine Hoffnung, obwohl eigentlich das Weihnachtsgeschäft ansteht. Mit minus 14,4 Punkten planen die Händler ausgerechnet in ihrer wichtigsten Saison mit weniger Personal. „Die Einzelhandelsunternehmen kalkulieren trotz des bevorstehenden Weihnachtsgeschäfts mit weniger Beschäftigten”, stellte das Institut ernüchternd fest. Offenbar zwingt die schwache Kauflaune die Branche zu Sparmaßnahmen.

Die Dienstleistungsbranche rutschte ebenfalls ab – um 4,2 Punkte auf minus 4,2. Besonders das Gastgewerbe stellt sich auf weitere Personalkürzungen ein, nachdem im Oktober noch kurzzeitig Optimismus aufkam.

Bauwirtschaft als überraschender Lichtblick

Inmitten der trüben Aussichten gibt es einen unerwarteten Hoffnungsschimmer: die Bauwirtschaft. Gegen den allgemeinen Negativtrend kletterte das Beschäftigungsbarometer für das Baugewerbe auf 4,5 Punkte – der höchste Wert seit Mai 2022.

Diese Kehrtwende deutet auf eine mögliche Stabilisierung der Branche hin, die zuvor unter hohen Zinsen und Materialkosten gelitten hatte. Offenbar kommen Infrastruktur- oder Wohnbauprojekte wieder in Gang, was die Nachfrage nach Arbeitskräften ankurbelt.

Auch die professionellen Dienstleister zeigen sich widerstandsfähig. Steuerberater und Rechtsanwälte suchen weiterhin aggressiv nach qualifizierten Mitarbeitern – als wollten sie beweisen, dass Krisenzeiten auch Chancen für spezialisierte Expertise bieten.

Widersprüchliche Signale: Ifo gegen IAB

Doch wie dramatisch ist die Lage wirklich? Am selben Tag präsentierte das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg einen deutlich stabileren Ausblick. Das IAB-Arbeitsmarktbarometer stieg minimal um 0,1 Punkte auf 100,4 Punkte. Werte über 100 signalisieren Wachstum.

„Die Aussichten für den Arbeitsmarkt bleiben heiter bis wolkig”, kommentierte IAB-Forscher Enzo Weber. Wie lassen sich diese widersprüchlichen Signale erklären?

Die Antwort liegt in der Methodik: Das Ifo befragt Geschäftsführer nach ihren Zukunftsplänen und misst damit die Unternehmensstimmung. Das IAB stützt sich dagegen teilweise auf Daten der Arbeitsagenturen. Die Diskrepanz offenbart die aktuelle Unsicherheit – während die statistischen Beschäftigungszahlen noch relativ robust erscheinen, ist das Vertrauen der Wirtschaft eingebrochen. Was heute als Plan in den Chefetagen kursiert, könnte morgen zur harten Realität in den Jobcentern werden.

Continental und Co.: Konkrete Einschnitte

Die abstrakten Zahlen bekommen durch Ankündigungen großer Konzerne Gesichter. Erst diese Woche, am 24. November, wurde bekannt, dass der Autozulieferer Continental in seiner ContiTech-Sparte weitere 1.500 Stellen streichen will. Das berichtete der Betriebsrat.

Diese Maßnahmen reihen sich ein in eine Serie von Personalabbau-Ankündigungen aus DAX- und MDAX-Unternehmen. Die Begründungen klingen überall ähnlich: Energiekosten, Bürokratie, schwache Auslandsnachfrage – besonders aus China. Euphemistisch sprechen die Firmen von „Personalanpassungen”, gemeint sind oft harte Einschnitte.

Ausblick: Die Stagnation hält an

Wie geht es weiter? Die Bundesagentur für Arbeit veröffentlicht am Freitag die offiziellen November-Zahlen – eine retrospektive Bestandsaufnahme, die zeigen wird, ob die düsteren Prognosen des Ifo bereits in der Statistik angekommen sind.

Der Konsens unter Ökonomen fällt ernüchternd aus: Ohne signifikanten Wachstumsimpuls wird der Arbeitsmarkt weiter abkühlen. Die von Wohlrabe beschriebene „stockende Wirtschaft” zeigt kaum Anzeichen für eine schnelle Erholung. Für Personalabteilungen und Arbeitsrechtler bedeutet das: Restrukturierungen, Kündigungsschutzverhandlungen und Sozialpläne werden die Agenda bis weit ins Jahr 2026 dominieren.

Das Jahr endet mit einer paradoxen Situation: Während spezialisierte Dienstleister und Bauunternehmen händeringend nach Fachkräften suchen, werfen traditionelle Industrie- und Handelsgiganten Ballast ab. Deutschland im November 2025 – ein gespaltener Arbeitsmarkt zwischen verzweifelter Talentsuche und beschleunigtem Personalabbau.

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