GDL, Recht

GDL fordert Recht auf Nichterreichbarkeit

03.12.2025 - 15:10:12

Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer zieht eine rote Linie: Ab sofort gilt das „Recht auf Nichterreichbarkeit” als zentrale Forderung für die kommenden Tarifverhandlungen. Während zwei Drittel der Deutschen unter chronischem Stress leiden, könnte dieser Vorstoß die Arbeitswelt grundlegend verändern.

Gestern verkündete die GDL ihre Forderungen für die Tarifrunde 2025/2026 – und die haben es in sich. Neben der 35-Stunden-Woche und längeren Ruhezeiten steht erstmals das „Recht auf Nichterreichbarkeit” ganz oben auf der Liste. Konkret bedeutet dies: Nach Feierabend keine E-Mails, keine dienstlichen Anrufe, keine digitale Leine mehr.

Besonders brisant: Die Forderung betrifft zunächst die Infrastruktursparte der Deutschen Bahn, einen Bereich mit Schichtarbeit und hohen Flexibilitätsanforderungen. Setzt sich die GDL durch, dürfte der Dominoeffekt nicht lange auf sich warten lassen.

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Der Zeitpunkt ist kein Zufall. Der „Stressreport 2025″ der Techniker Krankenkasse, veröffentlicht Ende November, liefert alarmierende Zahlen: Zwei Drittel aller Erwachsenen fühlen sich gestresst. Die Hauptursache? Bei 61 Prozent sind es „zu hohe Ansprüche an sich selbst”, gefolgt von beruflicher Belastung mit 58 Prozent.

TK-Chef Jens Baas spricht von einer „toxischen Mischung” aus Arbeitsverdichtung und ständiger Krisenkonfrontation. Die permanente digitale Verfügbarkeit befeuert diesen Kreislauf zusätzlich. Wer auch nach Feierabend im Stand-by-Modus verharrt, findet keine Erholung mehr – der direkte Weg ins Burnout.

Paradox: Gute Strukturen, schlechte Praxis

Deutschland liegt im „Global Life-Work-Balance Index 2025″ auf Platz 4 weltweit. Hinter Neuseeland, Irland und Belgien bietet das Land eigentlich gute Rahmenbedingungen: ausreichend Urlaub, Elternzeit, geregelte Arbeitszeiten.

Doch die Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis ist gewaltig. Während Frankreich und Belgien bereits gesetzliche Regelungen zum „Right to Disconnect” eingeführt haben, sind in Deutschland meist nur freiwillige Betriebsvereinbarungen üblich. Die GDL will diese Lücke nun schließen – mit harten tariflichen Fakten statt weicher Versprechen.

Kulturwandel statt Kompromiss

Die mentale Abgrenzung ersetzt 2025 das Home Office als Hauptthema der Work-Life-Balance. Die Flexibilisierung des Arbeitsortes hat Freiheiten geschaffen, aber auch die Grenzen zwischen Beruf und Privatleben verwischt.

Für Unternehmen bedeutet die Nichterreichbarkeit eine organisatorische Herausforderung. Prozesse müssen so strukturiert werden, dass sie nicht von der ständigen Verfügbarkeit einzelner abhängen. Das erfordert neue Dienstpläne und einen kulturellen Wandel in den Führungsetagen.

Wirtschaftlich ist Stressprävention längst kein Luxus mehr. Bei akutem Fachkräftemangel und steigenden Ausfalltagen durch psychische Erkrankungen können sich Unternehmen ausgebrannte Mitarbeiter schlicht nicht leisten.

Was kommt jetzt?

Die kommenden Monate versprechen Spannung. Mit der Forderung nach Nichterreichbarkeit hat die GDL ein Thema gesetzt, das weit über den Bahnsektor hinausstrahlt. Andere Gewerkschaften dürften in ihren Tarifrunden nachziehen.

Beobachter rechnen zudem mit wachsendem Druck auf den Gesetzgeber. Wird das „Recht auf Nichterreichbarkeit” bald gesetzlich verankert – ähnlich wie auf EU-Ebene diskutiert? Der gestrige Tag könnte als Wendepunkt in die Geschichte eingehen, an dem die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit neu gezogen wurde.

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