Excel: Microsoft setzt auf KI-Agenten statt Chatbots

Microsoft revolutioniert die Datenanalyse in Excel. Statt passiver Assistenten übernehmen nun autonome KI-Agenten komplette Workflows – und Nutzer können erstmals zwischen Modellen von OpenAI und Anthropic wählen. Was bedeutet das für die tägliche Arbeit mit Tabellen?

Die wichtigste Ankündigung der Microsoft Ignite 2025 (18. bis 22. November) dreht sich nicht um neue Formeln oder Design-Updates. Vielmehr hat Microsoft das Fundament verändert, auf dem Excel künftig arbeitet: Aus dem Copilot-Assistenten wird ein eigenständiger Agent Mode, der komplexe Analysen selbstständig plant und umsetzt. Datenanalysten müssen künftig nicht mehr Schritt für Schritt anleiten – sie delegieren Ziele.

Die Überraschung: Microsoft durchbricht seine Exklusivität mit OpenAI. Nutzer können künftig zwischen KI-Modellen verschiedener Anbieter wechseln – je nachdem, welche Aufgabe gerade ansteht. Ein strategischer Schachzug, der die Konkurrenz überraschen dürfte.

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Der am 19. November vorgestellte Agent Mode markiert einen Paradigmenwechsel. Während bisherige KI-Features in Excel auf direkte Befehle angewiesen waren, plant der neue Modus eigenständig. Ein Beispiel: Der Auftrag „Analysiere die Verkaufszahlen Q3 und bereite einen Bericht für die Geschäftsführung vor” genügt – der Agent übernimmt Datenbereinigung, Pivot-Tabellen und professionelle Formatierung.

Die Kernfunktionen im Überblick:

• Modellauswahl nach Bedarf: Nutzer können zwischen OpenAI o1 und Anthropic Claude 3.5 Sonnet umschalten. Komplexe Logik? OpenAI. Nuancierte Textverarbeitung? Claude. Die Wahl liegt beim Anwender.

• Iterative Zusammenarbeit: Agenten arbeiten direkt in der Datei und verfeinern Ergebnisse in Echtzeit. Erstmals können sie mehrere Tabellenblätter gleichzeitig “verstehen” – eine Schwäche früherer Copilot-Versionen.

• Rollout-Timeline: Seit Ende November läuft der Test im Frontier-Programm (Microsofts Vorab-Zugang). Nutzer ohne Copilot-Lizenz sollen ab März 2026 eine Preview erhalten.

Könnte dies das Ende der Formelprogrammierung einläuten? Nicht ganz – aber es verschiebt die Prioritäten dramatisch.

Neue Power-Funktionen: GROUPBY und PIVOTBY

Während KI die Schlagzeilen dominiert, hat Microsoft parallel die Berechnungslogik von Excel modernisiert. Die neuen Funktionen GROUPBY und PIVOTBY könnten klassische Pivot-Tabellen in vielen Szenarien überflüssig machen.

Der Unterschied: Diese Funktionen arbeiten formelbasiert und aktualisieren sich automatisch – ohne manuelles “Aktualisieren”. Ein Beispiel: =GROUPBY(Verkäufe[Region]; Verkäufe[Betrag]; SUMME) erzeugt sofort eine Live-Übersicht nach Regionen. PIVOTBY erweitert dies um Spaltengruppierungen und bildet faktisch eine vollständige Pivot-Matrix nach – nur deutlich schlanker.

Python-Integration ausgebaut: Microsofts technische Sessions bestätigten tiefere Einbindung von pandas und Matplotlib. Der Agent Mode kann nun eigenständig Python-Code für erweiterte Prognosen schreiben – etwa ARIMA-Modelle – ohne dass Nutzer die Syntax beherrschen müssen.

Für SAP-Anwender oder Finanzteams, die bisher auf SAP Analytics Cloud gesetzt haben, könnte Excel damit wieder attraktiver werden.

Kritische Sicherheitslücke: Sofort patchen

Eine dringende Warnung für alle, die sensible Daten verarbeiten: Am 11. November schloss Microsoft die Schwachstelle CVE-2025-62199. Diese “Use-After-Free”-Lücke ermöglichte Angreifern, durch präparierte Excel-Dateien Code auf fremden Rechnern auszuführen.

Die Gefahr: Bereits das Vorschau-Anzeigen einer kompromittierten Datei reichte für einen Angriff aus. Besondere Berechtigungen? Nicht nötig. Cybersecurity-Experten stufen den Patch als hochpriorität ein.

Die Lösung: Prüfen Sie unter Datei > Konto > Updateoptionen > Jetzt aktualisieren, ob das November 2025 Cumulative Update installiert ist. Unternehmensnutzer mit “Monthly Enterprise Channel” sollten das Update automatisch erhalten haben – private Anwender müssen oft manuell nachhelfen.

Dashboard-Revolution: Von Vorlagen zu interaktiven Canvases

Das Konzept der Excel-Vorlage wandelt sich grundlegend. Statt statischer Tabellen entstehen Dynamic Dashboards mit dem neuen “Interactive Pages”-Feature. Copilot Chat kann diese nun auf Zuruf generieren.

Ein Prompt wie „Erstelle ein dynamisches Projekt-Dashboard mit Gantt-Chart und Ressourcenzuweisung” genügt – das System baut das komplette Layout inklusive Datenverknüpfungen.

Beliebte Template-Trends Ende 2025:

• Automatisierte Finanzberichte: Vorlagen, die Gewinn- und Verlustrechnungen mit XLOOKUP und GROUPBY selbst befüllen, ersetzen makro-lastige Vorgänger.

• Agentenoptimierte Layouts: Neue Templates nutzen strukturierte Tabellen ohne verbundene Zellen – das verhindert KI-Halluzinationen und erleichtert Agenten die Datenverarbeitung.

Für Mittelständler, die bisher auf Standardvorlagen angewiesen waren, könnte dies den Unterschied zwischen Excel und Business-Intelligence-Suiten verringern.

Was das für die Praxis bedeutet

Die Ignite-Ankündigungen läuten das Ende der “Chatbot-Ära” ein. Microsoft positioniert Excel als Kommandozentrale, in der Nutzer zum Manager von KI-Agenten werden – nicht mehr nur Formel-Anwender.

Die Integration von Anthropic-Modellen ist strategisch brisant: Microsoft zeigt damit, dass es Kunden nicht an ein einzelnes KI-System binden will. Für Datenanalysten bedeutet das Wahlfreiheit – OpenAI für komplexe Logik, Claude für Textanalysen. Ein Luxus, den bisher keine Office-Suite bot.

Der Trend zur “Agentic AI” – Systemen, die handeln statt nur antworten – spiegelt eine breitere Branchenentwicklung. Auch SAP und Salesforce experimentieren mit ähnlichen Konzepten. Doch Microsoft prescht mit der konkreten Umsetzung voran.

Ausblick: Was 2026 bringt

Microsoft hat angekündigt, den Agent Mode schrittweise allen Nutzern zugänglich zu machen. Der entscheidende Meilenstein: März 2026, wenn die Preview für Standard-Accounts startet.

Bis dahin sollten Datenanalysten zwei Prioritäten setzen: Delegation beherrschen (lernen, wie man mehrstufige Workflows an Agenten übergibt) und moderne Formeln verinnerlichen (GROUPBY, PIVOTBY). Die wertvollste Excel-Kompetenz wird künftig nicht das Auswendiglernen von Funktionen sein – sondern das geschickte Dirigieren der Agenten, die sie schreiben.

Bleibt die Frage: Wird Excel damit zur Business-Intelligence-Plattform, die klassische BI-Tools wie Tableau oder Power BI unter Druck setzt? Die nächsten Monate werden zeigen, ob Microsoft die Balance zwischen Einfachheit und Mächtigkeit hält.

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