EUDR, Entwaldungsgesetz

EUDR: EU verschiebt Entwaldungsgesetz erneut auf 2026

06.12.2025 - 11:31:12

Die EU verschiebt die umstrittene Anti-Entwaldungsverordnung um ein Jahr und erleichtert die Umsetzung für Unternehmen, während Umweltschützer die Entscheidung scharf kritisieren.

Durchatmen für die Wirtschaft: Nach zähen Verhandlungen einigen sich EU-Parlament und Rat auf eine weitere zwölfmonatige Verschiebung der umstrittenen Anti-Entwaldungsverordnung. Großunternehmen erhalten nun bis Ende 2026 Zeit zur Umsetzung – Umweltschützer sprechen von einem “Verrat am Klimaschutz”.

Die am 4. Dezember erzielte Einigung beendet monatelange Unsicherheit über das ambitionierte Regelwerk, das Produkte aus Waldzerstörung vom EU-Markt fernhalten soll. Doch statt Klarheit gibt es nun Kritik von beiden Seiten: Während Industrieverbände aufatmen, warnen NGOs vor fatalen Folgen für die letzten Regenwälder der Erde.

Zweite Verzögerung in Folge – neue Fristen stehen fest

Ursprünglich für Ende 2024 geplant, dann auf Dezember 2025 verschoben, tritt die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) nun erst am 30. Dezember 2026 für Großunternehmen in Kraft. Kleine und mittlere Betriebe erhalten sogar bis zum 30. Juni 2027 Zeit zur Anpassung.

Die Begründung des EU-Rats: Eine “reibungslose Umsetzung” sei ohne funktionierende IT-Systeme der Europäischen Kommission nicht möglich. Unternehmen müssen über diese Plattform ihre Sorgfaltspflichten dokumentieren – doch das System läuft noch immer nicht stabil. Zudem benötigen globale Handelspartner mehr Vorbereitungszeit, um ihre Lieferketten an die strengen EU-Anforderungen anzupassen.

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“Diese Vereinbarung nimmt die Sorgen von Landwirten, Forstwirten und Unternehmen ernst”, erklärte ein Parlamentssprecher nach der Abstimmung. Branchenverbände hatten vor chaotischen Lieferkettenunterbrechungen gewarnt, falls die ursprüngliche Frist ohne einsatzbereite Systeme durchgesetzt worden wäre.

Druckerzeugnisse raus, Bürokratie runter

Bücher und Zeitungen ausgenommen

In einer bemerkenswerten Konzession an die Verlagsbranche werden Druckerzeugnisse wie Bücher, Zeitungen und Bilder vom Anwendungsbereich ausgenommen. Die Medienwirtschaft hatte argumentiert, ihre Lieferketten seien bereits streng reguliert und trügen verglichen mit Rohstoffen wie Soja oder Palmöl ein minimales Entwaldungsrisiko.

Vereinfachte Meldepflichten für Händler

Auch die Berichtspflichten werden gestrafft: Künftig muss nur noch der Erstinverkehrbringer eines Produkts eine vollständige Sorgfaltserklärung abgeben. Nachgelagerte Händler müssen lediglich auf diese Referenznummer verweisen – ein System, das Doppelarbeit vermeiden und dennoch die Rückverfolgbarkeit bis zum Anbaugrundstück sicherstellen soll.

Laut dem deutschen Agrar-Presseportal bedeuten diese Änderungen “wesentliche Erleichterungen” für Land- und Forstwirtschaft, ohne den Umweltanspruch zu verwässern.

“Null-Risiko”-Kategorie vom Tisch

Besonders hitzig diskutiert wurde der Vorschlag der Europäischen Volkspartei (EVP), eine “Null-Risiko”-Länderkategorie einzuführen. Staaten mit stabiler oder wachsender Waldfläche sollten von strengsten Kontrollen befreit werden.

Doch dieser Plan scheiterte in letzter Minute. Rat und Kommission warnten, eine solche Regelung verstoße gegen WTO-Diskriminierungsverbote und schaffe Schlupflöcher für illegale Produkte. Die EVP zog den Antrag zurück – im Gegenzug sicherte sie sich die zwölfmonatige Verschiebung und die Vereinfachungen bei Druckerzeugnissen.

“Wir bestehen nicht auf eine Null-Risiko-Kategorie, da mehrere Mitgliedstaaten Bedenken haben”, räumte EVP-Verhandlungsführerin Christine Schneider ein.

Industriejubel trifft auf Umweltprotest

Die Reaktionen könnten unterschiedlicher nicht sein. Wirtschaftsverbände von der Schweinezüchtervereinigung bis zum deutschen Sägewerksverband DeSH begrüßten die Entscheidung als “Sieg der Vernunft”. Die zusätzliche Zeit ermögliche Investitionen in Compliance-Systeme ohne Angst vor sofortigen Strafen wegen technischer Pannen.

“Die rasche Einigung im Trilog ist ein weiterer wichtiger Schritt zur Vermeidung unnötiger Bürokratie”, lobte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) und betonte den Schutz von Betrieben in risikoarmen Regionen.

Umweltorganisationen hingegen laufen Sturm. Die NGO Earthsight sprach vom “zweiten Streik” gegen die Glaubwürdigkeit der EU im Klimaschutz. “EU-Abgeordnete haben erneut auf die Pausetaste beim Waldschutz gedrückt”, kritisierte Fyfe Strachan, Politikchef der Organisation. NGOs warnen: Ein weiteres Jahr fließen entwaldungsbelastete Produkte wie Soja, Rindfleisch und Kakao unreguliert auf den EU-Markt – mit potenziell verheerenden Folgen für Amazonas und südostasiatische Regenwälder.

Abstimmung im Dezember, Umsetzung bis 2026

Der politische Durchbruch muss nun formell bestätigt werden. Das EU-Parlament stimmt zwischen dem 15. und 18. Dezember 2025 in Straßburg über den Text ab. Anschließend folgt die Zustimmung des Rates, bevor die Verordnung im Amtsblatt der EU veröffentlicht wird.

Um vor Ablauf der aktuellen Frist in Kraft zu treten, muss die Publikation bis zum 30. Dezember 2025 erfolgen – angesichts des breiten Konsenses gilt dies als gesichert.

Eine Überprüfungsklausel verpflichtet die Kommission zudem, bis April 2026 eine umfassende Folgenabschätzung vorzulegen. Diese soll die Wirksamkeit der Vereinfachungen und die Einsatzbereitschaft der IT-Systeme bewerten – möglicherweise öffnet sich damit ein Fenster für weitere technische Anpassungen vor dem neuen Stichtag.

Trotz Aufschub raten Rechtsexperten von Kim & Chang zur Vorbereitung: “Auch wenn mehr Zeit bleibt – Unternehmen müssen ihre Compliance-Maßnahmen jetzt vorantreiben.” Die Frist 2026 steht, und der Geltungsbereich für die wichtigsten entwaldungsrelevanten Rohstoffe bleibt weitgehend unangetastet.

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