EU-Zollreform, Schluss

EU-Zollreform: Schluss mit dem 150-Euro-Schlupfloch ab 2026

29.11.2025 - 17:50:11

Die Europäische Union dreht im Eiltempo an den Stellschrauben ihrer Zollpolitik. Gleich drei wegweisende Entscheidungen innerhalb weniger Tage zeigen: Der digitale Umbau der EU-Außengrenzen kommt schneller als gedacht – und wird härter als von vielen Online-Händlern erhofft.

Der dramatischste Schritt: Die umstrittene Zollfreigrenze von 150 Euro fällt bereits 2026, zwei Jahre früher als ursprünglich geplant. Gleichzeitig bewerben sich neun Städte um den Sitz der neuen EU-Zollbehörde, während Brüssel am Freitag grünes Licht für ein Zollabkommen mit den USA gab. Was steckt hinter dem plötzlichen Tempo?

Bis zum Bewerbungsschluss am Donnerstag haben neun europäische Städte ihren Hut in den Ring geworfen. Sie alle wollen Sitz der neuen EU Customs Authority (EUCA) werden – jener Behörde, die künftig das Rückgrat der europäischen Zollstrategie bilden soll.

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Im Rennen sind Málaga (Spanien), Lille (Frankreich), Warschau (Polen), Porto (Portugal), Den Haag (Niederlande), Lüttich (Belgien), Rom (Italien), Zagreb (Kroatien) und Bukarest (Rumänien). Die Behörde wird rund 250 Mitarbeiter beschäftigen und das neue EU-Zolldaten-Hub koordinieren.

Den Haag gilt als Favorit – kein Wunder bei der Rolle der Niederlande als Logistik-Drehscheibe Europas. Bukarest sprang erst kurz vor Schluss auf den Zug auf. „Hier geht es nicht nur um eine Behörde. Es geht darum, zur Schaltzentrale für den Schutz des Binnenmarktes zu werden”, so ein Brüsseler Diplomat am Freitag.

Die endgültige Entscheidung treffen Europaparlament und Rat gemeinsam. Schon 2026 soll die Behörde ihren Betrieb aufnehmen.

150-Euro-Privileg: Das Ende kommt 2026

Für Online-Händler wird es ernst. Die EU-Mitgliedstaaten haben diese Woche bestätigt: Die Zollbefreiung für Warensendungen bis 150 Euro endet 2026 – nicht erst 2028, wie ursprünglich vorgesehen.

Die Beschleunigung hat einen simplen Grund: Die Flut niedrigpreisiger Pakete aus Nicht-EU-Ländern ist außer Kontrolle geraten. Allein 2024 werden 4,6 Milliarden Pakete unter der Freigrenze erwartet. Derzeit zahlen diese Sendungen zwar Mehrwertsteuer, aber keine Zölle – ein Wettbewerbsvorteil, den vor allem asiatische Plattformen ausnutzen.

Der neue Fahrplan:
* 2026: Die Befreiung fällt weg. Ein vereinfachtes Berechnungssystem soll die Abwicklung der Zollmassen bewältigen.
* 2028: Vollständige Integration ins digitale EU-Zolldaten-Hub.

„Die Vorverlegung auf 2026 ist ein klares Signal: Der Status quo war nicht länger tragbar”, kommentierte der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) am Donnerstag.

Entspannung mit Washington

Während die EU im E-Commerce die Daumenschrauben anzieht, lockert sie gleichzeitig die Handelsfesseln mit den USA. Am Freitag billigte der EU-Rat neue Verhandlungsmandate zur Umsetzung der im August erzielten transatlantischen Zollvereinbarung.

Die Kommission erhält damit das grüne Licht für:
1. Abschaffung der verbliebenen Zölle auf US-Industriegüter
2. Einführung von Zollkontingenten und reduzierten Abgaben für bestimmte US-Meeresfrüchte und Agrarprodukte
3. Verlängerung der Zollaussetzung für amerikanische Hummer-Importe

„Ein wichtiger Schritt zur Wiederherstellung von Stabilität und Berechenbarkeit in den EU-US-Handelsbeziehungen”, so der Rat. Nach Jahren gegenseitiger Strafzölle soll das Abkommen Planungssicherheit schaffen.

„Trust & Check”: Die neue Zoll-Währung

Auf dem BGA-Zollforum diese Woche wurde deutlich: Die Umstellung kommt für viele Unternehmen schneller als erwartet. Michael Lux, ehemals hochrangiger Beamter in der Zolldirektion der EU-Kommission, warnte die Branche vor der Tragweite des Wandels.

Das neue „Trust & Check”-System ersetzt den bisherigen Status des zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten (AEO). Statt einzelne Sendungen zu deklarieren, erhalten geprüfte Händler künftig Warenfrei gaben – im Gegenzug müssen sie Zollbehörden Echtzeitzugriff auf ihre elektronischen Aufzeichnungen gewähren.

„Unternehmen müssen weg vom klassischen Deklarationssystem hin zu einem vollständig datengetriebenen Ansatz”, fasste der BGA zusammen. Die Anforderungen an Datenqualität und IT-Schnittstellen würden deutlich steigen.

Das Zeitfenster schließt sich

Für Händler wird die Uhr zur Stoppuhr:
* Ende 2025: Entscheidung über den EUCA-Standort
* 2026: Start der Zollbehörde und Ende der 150-Euro-Freigrenze
* 2028: Vollständiger Betrieb des EU-Zolldaten-Hubs

Die Triloge zwischen Rat und Europaparlament zur finalen Fassung der Zollreform dürften sich in den kommenden Monaten intensivieren. Händlern bleibt kaum noch Zeit: Wer seine IT-Systeme und Lieferketten-Daten nicht jetzt überprüft, riskiert 2026 böse Überraschungen an der EU-Außengrenze.

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