EU verschärft Export-Kontrollen für Quantencomputer und Halbleiter
15.11.2025 - 06:29:12Europäische Unternehmen müssen sich ab sofort auf strengere Ausfuhrregeln einstellen. Die überarbeitete EU-Dual-Use-Verordnung tritt heute in Kraft und erweitert die Liste kontrollierter Hochtechnologien erheblich. Im Fokus: Quantencomputing, moderne Halbleiter und Biotechnologie. Für exportierende Firmen bedeutet das eines – sie müssen ihre Compliance-Prozesse umgehend auf den Prüfstand stellen.
Die Delegierte Verordnung (EU) 2025/2003 aktualisiert den Anhang I der bestehenden Dual-Use-Verordnung (EU) 2021/821 und verschärft damit die Kontrolle über Güter, die sowohl zivil als auch militärisch nutzbar sind. Die Europäische Kommission hatte den Entwurf bereits am 8. September 2025 vorgelegt – nun sind die Änderungen rechtsverbindlich. Betroffen sind vor allem Technologien, die für die Entwicklung von Massenvernichtungswaffen oder konventionellen Rüstungsgütern missbraucht werden könnten.
Welche Technologien stehen nun besonders im Fokus? Die wohl markanteste Neuerung betrifft das Quantencomputing. Erstmals werden Quantencomputer selbst sowie ihre Schlüsselkomponenten explizit erfasst. Dazu gehören kryogene Kühlsysteme, die für den Betrieb bei extrem tiefen Temperaturen unverzichtbar sind, parametrische Signalverstärker und spezialisierte elektronische Bauteile.
Die Aufnahme dieser Technologie kommt nicht überraschend: Quantencomputer könnten herkömmliche Verschlüsselungssysteme knacken und gelten als Schlüsseltechnologie mit enormem militärischen Potenzial. Interessanterweise hatte Deutschland bereits im Juli 2024 national vorgelegt und die Ausfuhr solcher Systeme genehmigungspflichtig gemacht. Mit der EU-weiten Regelung entsteht nun ein einheitlicher Standard.
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Halbleiter-Industrie unter der Lupe
Auch die Halbleiterbranche bekommt die Verschärfung zu spüren. Die Kontrollen für Fertigungsausrüstung wurden deutlich ausgeweitet. Neu auf der Liste stehen unter anderem:
- Ausrüstungen für die Atomlagenabscheidung (ALD)
- Fortschrittliche Lithografie-Techniken
- Rasterelektronenmikroskope für die Wafer-Prüfung
- Bestimmte integrierte Schaltungen wie Field Programmable Logic Devices
Angesichts der geopolitischen Spannungen rund um Halbleiter-Lieferketten dürfte diese Erweiterung kaum jemanden überraschen. Die EU zieht hier mit den USA nach, die ihre Export-Kontrollen gegenüber China bereits massiv verschärft haben.
Biotechnologie und 3D-Druck im Visier
Die Liste der kontrollierten Güter wächst aber auch in anderen Bereichen. Im Biotechnologie-Sektor sind nun beispielsweise Peptidsynthesegeräte erfasst – Technologien, die theoretisch für die Entwicklung biologischer Kampfstoffe missbraucht werden könnten.
Bei der additiven Fertigung geht es um spezifische 3D-Druckanlagen, die sicherheitsrelevante Pulverwerkstoffe verarbeiten können. Auch Hochtemperatur-Beschichtungen und Hochentropie-Legierungen fallen unter die neuen Regelungen. Kein Wunder also, dass exportierende Unternehmen nervös werden.
Was müssen Unternehmen jetzt tun?
Für Exporteure beginnt die Arbeit sofort. Wer Güter außerhalb der EU verkauft, muss seinen gesamten Warenstamm mit der aktualisierten Liste abgleichen. Durch geänderte technische Parameter können Produkte plötzlich genehmigungspflichtig werden, die es gestern noch nicht waren.
Die wichtigsten Schritte:
Güterklassifizierung überprüfen: Jedes potenziell betroffene Produkt muss gegen die neue Liste geprüft werden. Dabei reicht es nicht, nur die Produktbezeichnung zu checken – die technischen Parameter sind entscheidend.
Compliance-Systeme anpassen: Die internen Kontrollprogramme müssen die neuen Regelungen abbilden. Das betrifft IT-Systeme ebenso wie Schulungen der Mitarbeiter.
Genehmigungen beantragen: Für neu gelistete Güter sind vor dem Export Ausfuhrgenehmigungen beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) einzuholen. Verstöße können teuer werden – empfindliche Bußgelder drohen, in schweren Fällen sogar strafrechtliche Konsequenzen.
Besondere Vorsicht bei Anhang IV
Eine Teilmenge besonders sensibler Güter aus Anhang I findet sich zusätzlich in Anhang IV. Hier wird es kompliziert: Diese Produkte benötigen nicht nur für die Ausfuhr aus der EU eine Genehmigung, sondern bereits für die Verbringung zwischen EU-Mitgliedstaaten. Selbst ein Transport von München nach Paris kann genehmigungspflichtig sein.
Deutschland als Vorreiter
Die Bundesrepublik hatte bereits vor der EU-weiten Regelung gehandelt. Mit der Änderung der Außenwirtschaftsverordnung im Juli 2024 unterlagen Quantencomputer und kryogene Kühlsysteme schon national der Genehmigungspflicht. Die Überführung in den EU-weiten Anhang I sorgt nun für Rechtssicherheit und gleiche Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt.
Deutsche Unternehmen, die sich bereits auf die nationalen Regelungen eingestellt haben, dürften einen Vorsprung haben. Für Wettbewerber aus anderen EU-Ländern ist die Anpassung möglicherweise aufwendiger.
Ein dynamisches Ziel
Wie geht es weiter? Die diesjährige Aktualisierung wird gewiss nicht die letzte sein. Gerade in Bereichen wie Künstliche Intelligenz, fortgeschrittene Biotechnologie und Quantentechnologie entwickelt sich die Technik rasant. Die Kontrolllisten müssen Schritt halten – was für Unternehmen ein dauerhaft bewegliches Ziel bedeutet.
Exportverantwortliche sind gut beraten, die Entwicklungen auf EU-Ebene und in den internationalen Regimen kontinuierlich zu verfolgen. Das BAFA bietet zwar Hilfsmittel wie Umschlüsselungsverzeichnisse zur Orientierung an, doch diese ersetzen nicht die eigenverantwortliche Prüfung der technischen Parameter.
Wer im internationalen Handel aktiv ist, kommt um ein robustes Compliance-System nicht mehr herum. Die Alternative? Rechtsunsicherheit, potenzielle Strafzahlungen und im schlimmsten Fall der Verlust von Exportlizenzen. Angesichts dieser Risiken lohnt sich die Investition in professionelle Exportkontrollen allemal.
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