Jagd, Putins

EU startet Jagd auf Putins Schattenflotte

29.11.2025 - 09:30:12

Die Europäische Union verlegt sich aufs Entern. Brüssel verhandelt derzeit mit Flaggenstaaten über das Recht, verdächtige Öltanker auf hoher See zu stoppen und zu durchsuchen. Ein radikaler Kurswechsel in der Sanktionspolitik – mit weitreichenden Folgen.

Am Donnerstag, dem 27. November, bestätigte EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas auf einer Pressekonferenz die laufenden Verhandlungen über sogenannte „Pre-Boarding-Abkommen”. Diese beispiellosen Vereinbarungen würden europäischen Marinekräften das Recht einräumen, Schiffe zu betreten, zu durchsuchen und notfalls festzusetzen – unabhängig davon, wo sie in internationalen Gewässern angetroffen werden.

„Wir haben über 550 Schiffe sanktioniert, doch die Umgehungstaktiken entwickeln sich schneller, als wir unsere Beschlüsse veröffentlichen können”, erklärte Kallas nach einem Treffen des Rates für Auswärtige Angelegenheiten. „Die Schattenflotte ist nicht nur eine wirtschaftliche Lücke. Sie ist eine hybride Sicherheitsbedrohung, die an unserer Peripherie schwimmt. Wir gehen jetzt von der Überwachung zum Zugriff über.”

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Wie dringend die neuen Maßnahmen sind, zeigt ein alarmierender Bericht des Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) vom 28. November. Die Erkenntnisse offenbaren eine dramatische Eskalation: den massenhaften Einsatz gefälschter Flaggensignale.

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: 113 russlandnahe Schattenfrachtschiffe wurden in den vergangenen neun Monaten mit falschen Identitäten erwischt. Im September 2025 erreichte die Aktivität einen Höhepunkt – 90 Schiffe operierten gleichzeitig mit gefälschten Kenndaten. Das ist eine Versechsfachung gegenüber Dezember 2024.

Diese Geisterflotte transportierte zwischen Januar und September 2025 Rohöl im Wert von rund 4,7 Milliarden Euro. Fast die Hälfte davon ging nach Indien. Die alternden, oft unversicherten Tanker umgehen durch ihre gefälschten Identitäten Hafenkontrollen und Versicherungsprüfungen – und stellen damit ein erhebliches Umweltrisiko für europäische Küsten dar.

Gerichte stärken Sanktionsregime

Während Brüssel auf hoher See aufrüsten will, festigen europäische Gerichte die rechtliche Basis an Land. Am 26. November wies das EU-Gericht in Luxemburg zwei prominente Klagen gegen bestehende Sanktionslisten ab.

Das Gericht bestätigte die Listung des Unternehmers Musa Bashaew und der Firma SBK Art. Beide hatten versucht, ihre Namen von der Sanktionsliste streichen zu lassen. Rechtsexperten werten die Urteile als wegweisend: Sie legitimieren die breiten Kriterien der EU, nach denen auch indirekte Unterstützer der russischen Regierung sanktioniert werden können.

Gleichzeitig nimmt die Europäische Kommission europäische Unternehmen ins Visier. Am Donnerstag warnte die Behörde explizit vor „indirekter Unterstützung” durch EU-Firmen. Dabei ging es unter anderem um dänische Unternehmen, die russischen Stahl importiert und LNG-Tanker gewartet haben sollen – Schiffe, die unter ausländischer Flagge fahren, aber zentral für Russlands Energieexporte sind.

„Sanktionen sind kein Buffet, bei dem sich Unternehmen aussuchen können, was ihnen passt”, stellte ein Kommissionssprecher klar. „Einen Schattenflotten-LNG-Tanker zu warten ist genauso eine Verletzung, wie das Gas darin zu kaufen.”

Vom Finanzkrieg zur Seeblockade

Die Entwicklungen erfolgen im Kontext des 19. EU-Sanktionspakets vom September 2025. Dieses führte erstmals Verbote gegen Kryptoplattformen ein und erweiterte die Schwarze Liste um „Ermöglicher” in Drittstaaten.

Der Schritt zur physischen Abfangung markiert jedoch einen Paradigmenwechsel. Die EU verlässt das Terrain rein finanzieller und administrativer Instrumente. Doch die Umsetzung dürfte diplomatisches Fingerspitzengefühl erfordern: Viele der Schattenschiffe fahren unter Billigflaggen von Panama, Liberia oder den Marshallinseln.

„Die EU bittet diese souveränen Staaten faktisch, europäische Marinen zu bevollmächtigen”, erklärt die Seerechtsexpertin Dr. Elena Vostrova. „Das ist notwendig, um das Seerecht durchzusetzen. Aber es wird enormes diplomatisches Kapital kosten, ohne den legitimen Welthandel zu stören.”

Was kommt als Nächstes?

In den kommenden Wochen will Brüssel das Mandat für die Marine-Einsätze formalisieren. Der EU-Rat soll im Dezember 2025 den ersten Entwurf einer „gemeinsamen Hochrisiko-Schiffsliste” prüfen – eine zentrale Datenbank, die allen 27 Mitgliedstaaten zugänglich gemacht wird.

Ab dem ersten Quartal 2026 könnten die ersten Pre-Boarding-Protokolle in Kraft treten. Einsatzgebiete: Ostsee und Mittelmeer. Im Fokus stehen zunächst Tanker, die wiederholt ihre Positionssysteme (AIS) deaktiviert haben.

Die Botschaft aus Brüssel ist unmissverständlich: Das Zeitalter passiver Beobachtung ist vorbei. Europa rüstet sich, seine Gewässer mit neuer Entschlossenheit zu kontrollieren.

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