EU-Entwaldungsverordnung, Umsetzung

EU-Entwaldungsverordnung: Umsetzung erneut verschoben

09.12.2025 - 08:11:12

Aufschub für die Wirtschaft: Die Europäische Union verschiebt ihre umstrittene Entwaldungsverordnung zum zweiten Mal – große Unternehmen erhalten nun bis Ende 2026 Zeit zur Vorbereitung.

Nach monatelangen Verhandlungen haben sich Europäisches Parlament und Rat der EU auf eine weitere Verschiebung der EU-Deforestation Regulation (EUDR) geeinigt. Damit rückt ein Gesetz, das ursprünglich bereits 2024 in Kraft treten sollte, erneut in die Ferne. Die neue Frist: 30. Dezember 2026 für Großunternehmen.

Der am vergangenen Freitag erzielte Kompromiss reagiert auf anhaltende Kritik an der mangelnden Bereitschaft der IT-Systeme und dem bürokratischen Aufwand. Für betroffene Unternehmen bedeutet dies eine Atempause – nur wenige Wochen bevor die Regelungen eigentlich hätten greifen sollen.

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Die vorläufige Vereinbarung verschiebt die vollständige Anwendung der EUDR um exakt ein Jahr. Statt wie zuletzt geplant Ende 2025 gelten nun folgende Fristen:

  • Große und mittlere Unternehmen: Compliance-Pflicht ab 30. Dezember 2026
  • Kleinst- und Kleinunternehmen: Verlängerte Übergangsfrist bis 30. Juni 2027

Die Verordnung (EU) 2023/1115 verpflichtet Importeure nachzuweisen, dass Waren wie Rindfleisch, Kakao, Kaffee, Palmöl, Kautschuk, Soja und Holz nicht von Flächen stammen, die nach dem 31. Dezember 2020 entwaldet wurden. Ein ambitioniertes Ziel – doch die praktische Umsetzung erweist sich als Mammutaufgabe.

Nach Angaben des Europäischen Parlaments soll die Verlängerung einen “reibungslosen Übergang” gewährleisten. Tatsächlich hatten technische Probleme mit dem geplanten EU-Informationssystem in den vergangenen Monaten für erhebliche Zweifel an der Machbarkeit gesorgt.

Weniger Bürokratie für Händler

Neben dem zeitlichen Aufschub bringt die Einigung konkrete Erleichterungen für Unternehmen – besonders für jene weiter hinten in der Lieferkette.

Die wichtigsten Vereinfachungen im Überblick:

  • Reduzierte Meldepflichten: Händler und nachgelagerte Betriebe müssen keine vollständigen Sorgfaltserklärungen mehr einreichen, wenn sie auf die Angaben eines vorgelagerten Unternehmens verweisen können
  • Einmaliges Verfahren für KMU: Kleine Betriebe profitieren von einer vereinfachten “One-off”-Erklärung im EUDR-System statt wiederkehrender Meldungen bei jeder Lieferung

Diese Kompromisse spiegeln den Verhandlungsdruck wider. Während der Rat der EU eine schlichte Fristverlängerung bevorzugt hätte, drängte das Parlament im November auf umfassendere Änderungen – darunter eine neue “No Risk”-Kategorie für Länder mit geringem Entwaldungsrisiko. Diese Forderung fand jedoch keinen Eingang in den finalen Text.

Erleichterung in der Industrie, Kritik von Umweltverbänden

Für Wirtschaftsverbände und Exportnationen wie Brasilien, Australien und mehrere südostasiatische Staaten kommt die Verschiebung einer Erlösung gleich. Sie hatten wiederholt gewarnt, dass Lieferketten nicht rechtzeitig für die ursprüngliche Frist vorbereitet seien.

“Die Mitgesetzgeber unterstützen die gezielte Vereinfachung des Sorgfaltsprozesses durch die Kommission”, hieß es aus EU-Kreisen. Die Entscheidung trägt der Realität Rechnung: Die praktischen Mechanismen zur Rückverfolgung von Millionen Tonnen Rohstoffe waren schlicht nicht einsatzbereit.

Für Agrar- und Holzwirtschaft verhindert die Verzögerung ein “Cliff-Edge”-Szenario, bei dem ab nächstem Monat nicht konforme Waren an EU-Grenzen hätten gestoppt werden können. Doch nicht alle sind zufrieden.

Umweltorganisationen reagierten mit scharfer Kritik. “Ein weiteres Jahr Verzögerung bedeutet ein weiteres Jahr Unsicherheit für die Wälder”, erklärte eine Koalition von NGOs nach der Parlamentsabstimmung Anfang Dezember. Die wiederholten Verschiebungen würden Entwaldungspraktiken verlängern und die Glaubwürdigkeit der EU beim Klimaschutz untergraben.

Wirtschaftsvertreter hingegen argumentieren, eine überstürzte Umsetzung hätte Marktchaos und Preissteigerungen für Verbraucher verursacht.

Komplexität globaler Lieferketten

Die erneute Verschiebung offenbart die immense Komplexität der Regulierung weltweiter Lieferketten. Die EUDR verlangt präzise Geolokalisation jener Grundstücke, auf denen Rohstoffe produziert wurden – eine gewaltige Herausforderung bei Produkten wie Kakao und Kaffee, die oft von Millionen Kleinbauern stammen.

Der Aufschub bis Dezember 2026 berücksichtigt die Realitäten des digitalen Infrastrukturaufbaus. Die Europäische Kommission soll die zusätzliche Zeit nutzen, um das dedizierte IT-Informationssystem fertigzustellen und eine Folgenabschätzung bis Anfang 2026 durchzuführen.

Für Unternehmen bedeutet dies: Die Verordnung verschwindet nicht, nur der Zeitplan verschiebt sich. Die “Gnadenfrist” gibt Compliance-Verantwortlichen und Supply-Chain-Managern ein letztes 12-Monats-Fenster, um Lieferanten zu prüfen und Datenübermittlungssysteme zu testen – ohne unmittelbare Gefahr eines Marktausschlusses.

Wie geht es weiter?

Die vergangene Woche erzielte vorläufige Einigung muss noch formell von Parlament und Rat angenommen werden. Dieser Schritt gilt als Formsache und soll noch vor Jahresende abgeschlossen werden, um Rechtssicherheit zu schaffen.

Nach Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union werden die neuen Termine rechtskräftig. Unternehmen wird geraten, ihre Vorbereitungen fortzusetzen – die Kernanforderungen an Geolokalisation und Entwaldungsfreiheit bleiben unverändert.

Anfang 2026 erwartet die Kommission zudem aktualisierte Leitlinien und möglicherweise eine Überprüfung der “administrativen Auswirkungen” des Gesetzes – eine Konzession, die das Parlament in den Verhandlungen durchsetzte. Händler sollten diese Entwicklungen genau verfolgen, da während der verlängerten Übergangsphase weitere technische Anpassungen am Meldeverfahren möglich sind.

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