DGB-Report warnt: Ständige Erreichbarkeit macht krank
06.12.2025 - 18:50:12Berlin – Die Grenzen zwischen Job und Privatleben verschwimmen – und das hat Folgen. Am Donnerstag präsentierte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) seinen “Index Gute Arbeit 2025” und schlägt Alarm: Die ständige digitale Verfügbarkeit belastet Millionen Beschäftigte massiv. Stress, Schlafstörungen, Burnout – die Liste der Symptome ist lang. Doch was sagt eigentlich das Gesetz dazu? Und warum wird die Debatte gerade jetzt so hitzig?
Der Report kommt zu einem brisanten Zeitpunkt. Während Arbeitgeberverbände lautstark mehr Flexibilität beim Arbeitszeitgesetz fordern, kontern die Gewerkschaften mit harten Fakten zur gesundheitlichen Belastung durch permanente Erreichbarkeit. Der klassische Achtstundentag steht zur Disposition – und damit möglicherweise die Gesundheit der Beschäftigten.
Die Zahlen des DGB-Index zeichnen ein besorgniserregendes Bild: Ein erheblicher Teil der Arbeitnehmer fühlt sich verpflichtet, auch außerhalb der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit erreichbar zu sein. Soziologen nennen dieses Phänomen “Entgrenzung” – die Auflösung klarer Trennlinien zwischen Beruf und Privatleben.
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“Arbeit darf nicht krank machen”, stellt der DGB unmissverständlich fest. Die Daten belegen: Wer ständig digital verfügbar sein muss, leidet signifikant häufiger unter Stress, Schlafproblemen und Burnout-Symptomen als Kollegen mit klaren Abschaltzeiten.
Besonders scharf kritisiert die Gewerkschaft aktuelle politische Bestrebungen, die tägliche Höchstarbeitszeit von acht Stunden durch eine reine Wochenregelung zu ersetzen. Solche Änderungen würden den ohnehin schleichenden “Verfügbarkeits-Kriecher” nur verschärfen und Erholungszeiten weiter erodieren lassen.
Rechtslage: Feierabend bleibt Feierabend
Was viele nicht wissen: Rechtlich ist die Sache eigentlich klar. Ohne ausdrückliche Vereinbarung gilt in Deutschland ein einfacher Grundsatz – Freizeit bedeutet Freizeit.
Nach geltendem Arbeitszeitgesetz müssen Beschäftigte außerhalb ihrer Arbeitszeit weder E-Mails lesen noch Anrufe entgegennehmen. Ausnahmen existieren nur bei offizieller Rufbereitschaft, die drei Bedingungen erfüllen muss:
Erstens: Sie muss explizit im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag vereinbart sein. Zweitens: Die Bereitschaft wird vergütet – typischerweise durch eine Pauschale plus reguläre Bezahlung für tatsächlich geleistete Arbeit. Drittens: Rufbereitschaft zählt bei den gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten mit, wobei die elfstündige Mindestruhezeit gewahrt bleiben muss.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) bekräftigt diese Grenzen regelmäßig. Eine ignorierte Nachricht des Chefs um 23 Uhr? Ohne formale Rufbereitschaft kein Grund für arbeitsrechtliche Konsequenzen. Der DGB warnt jedoch: In vielen Unternehmen entsteht eine faktische Erwartungshaltung, die diese rechtlichen Schranken umgeht – eine “Schattenverpflichtung”, die das Gesetz kaum kontrollieren kann.
CEO-Test empört Deutschland
Wie aktuell das Thema ist, zeigte am Donnerstag eine virale Geschichte: Der spanische Unternehmer José Elías gab öffentlich zu, potenzielle Führungskräfte mit einem nächtlichen “Loyalitätstest” zu prüfen. Seine Methode? Anrufe um 23 Uhr. “Wenn er nicht rangeht, ist er für mich nutzlos.”
Die Reaktion deutscher Arbeitsrechtler war eindeutig: Eine solche Praxis wäre hierzulande höchstwahrscheinlich illegal. “In Deutschland müssen Arbeitnehmer außerhalb der Arbeitszeit nicht ans Telefon gehen”, stellten Experten umgehend klar. Der Vorfall lieferte ein perfektes Negativbeispiel für die “Always-on-Kultur”, die deutsches Arbeitsrecht – und die DGB-Kampagne – verhindern sollen.
Streit um den Achtstundentag
Die Veröffentlichung des Index 2025 kommt nicht zufällig. Arbeitgeberverbände wie die vbw (Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft) intensivieren seit Monaten ihre Forderungen nach flexibleren Arbeitszeitmodellen. Ihr Vorschlag: Statt der täglichen Höchstgrenze (derzeit maximal zehn, regulär acht Stunden) nur noch eine Wochengrenze von 48 Stunden – was Zwölfstundentage in Spitzenzeiten ermöglichen würde.
Der DGB-Report ist eine direkte Antwort darauf. “Hände weg vom Achtstundentag!” – dieser Slogan ist zum Kampfruf der Gewerkschaften geworden. Ihre Befürchtung: Längere Tageslimits würden vor allem Pflegende, Alleinerziehende und ältere Beschäftigte überproportional belasten.
Kommt das “Recht auf Nichterreichbarkeit”?
Die Diskussion dürfte sich künftig auf die Kodifizierung eines “Rechts auf Nichterreichbarkeit” konzentrieren. Derzeit leitet sich dieser Schutz nur aus allgemeinen Prinzipien des Arbeitszeitgesetzes ab. Gewerkschaften und progressive Politiker fordern eine ausdrückliche gesetzliche Regelung – nach Vorbild Frankreichs oder Australiens.
Mit den nun vorliegenden Zahlen des “Index Gute Arbeit 2025” wächst der Druck auf die Bundesregierung. Die zentrale Frage: Wie reguliert man digitale Verfügbarkeit in einer Zeit, in der das Smartphone niemals schläft?
Die Botschaft an Beschäftigte ist vorerst klar: Solange keine vergütete Rufbereitschaft vereinbart ist, bleibt der Anruf um 20 Uhr eine Einladung – keine Anweisung.
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