Datenklau, Versicherungen

Datenklau: Versicherungen zahlen nur Cent-Beträge

08.12.2025 - 03:30:12

Millionen Amerikaner reichen derzeit Ansprüche bei großen Datenschutz-Sammelklagen ein – und erleben ein böses Erwachen. Die finanzielle Absicherung bei digitalem Identitätsdiebstahl ist gefährlich löchrig. Eine Kombination aus Regulierungswarnungen und aktuellen Vergleichszahlungen zeigt: Zwischen den katastrophalen Kosten von Datendiebstahl und dem, was Betroffene zurückbekommen, klafft eine riesige Lücke.

Die schärfste Warnung kam vergangene Woche von der US-Versicherungsaufsicht NAIC. In einer am 3. Dezember veröffentlichten Verbraucherwarnung stellte die Behörde eines klar: “Identitätsdiebstahl-Versicherungen” – oft als Zusatz zu Hausrat- oder Mieterpolicen verkauft – erstatten fast nie die tatsächlich gestohlenen Gelder.

“Diese Versicherungen decken die Kosten für die Wiederherstellung Ihrer Identität und die Reparatur Ihrer Kreditwürdigkeit”, so die NAIC. Das bedeutet konkret: Die Police übernimmt vielleicht Lohnausfälle für Telefonate mit Behörden, Notargebühren oder Porto. Den per Phishing abgezweigten Überweisungsbetrag von 50.000 Dollar? Nicht abgedeckt. Die Kreditkartenabbuchungen eines Betrügers? Auch nicht.

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Diese Unterscheidung wird brisant, denn das National Insurance Crime Bureau prognostiziert für Ende 2025 einen Anstieg von Versicherungsbetrug durch Identitätsdiebstahl um 49 Prozent. Besonders der sogenannte “synthetische Identitätsbetrug” – bei dem Kriminelle echte und gefälschte Daten mischen – wächst explosionsartig. Das Modell “nur Wiederherstellungskosten” lässt Opfer mit dem direkten finanziellen Schaden allein.

Sammelklagen: Durchschnittlich 50 Dollar Entschädigung

Wie unzureichend der Verbraucherschutz ist, zeigen zwei große Vergleichsverfahren mit Fristen in dieser Woche. Oft die einzige Möglichkeit für Betroffene nach einem Datendiebstahl – doch die Auszahlungen sind lächerlich gering im Vergleich zum Risiko.

EyeMed Vision Care (Frist: 11. Dezember):
Betroffene können bis Donnerstag Ansprüche für den Datendiebstahl von 2020 einreichen, bei dem medizinische und persönliche Daten offengelegt wurden. Der Vergleichsfonds umfasst 5 Millionen Dollar, die geschätzte Auszahlung pro Person: etwa 50 Dollar. Theoretisch können Kläger bis zu 10.000 Dollar für “dokumentierte außergewöhnliche Verluste” erhalten – doch die Beweislast ist enorm. Opfer müssen einen lückenlosen Papierweg vorlegen, der konkrete finanzielle Schäden direkt mit diesem spezifischen Datendiebstahl verknüpft. In einer Zeit, in der die Daten der meisten Menschen bereits mehrfach kompromittiert wurden, nahezu unmöglich.

AT&T-Datenleck (Frist: 18. Dezember):
Nach einer kürzlichen Verlängerung haben Opfer der massiven AT&T-Datenlecks (2019 und 2024) bis nächste Woche Zeit. Der Vergleich bietet bis zu 2.500 Dollar für den “Snowflake”-Vorfall 2024 und 5.000 Dollar für das frühere Leck. Diese Obergrenzen gelten jedoch nur für nachgewiesene Ausgaben. Ohne strikte Dokumentation dürften die Basiszahlungen minimal ausfallen – aufgeteilt auf 51 Millionen betroffene Kunden.

Warum Konzerne zu wenig Versicherungsschutz haben

Warum fallen diese Vergleichssummen so gering aus? Aktuelle Daten vom heutigen Montag deuten auf die Wurzel des Problems: unzureichende Cyber-Haftpflichtversicherungen der Unternehmen selbst.

Ein drastisches Beispiel liefert der südkoreanische E-Commerce-Riese Coupang. Das Unternehmen hatte für ein Datenleck mit über 33 Millionen betroffenen Konten eine Haftpflicht-Obergrenze von gerade einmal 1 Milliarde Won (rund 680.000 Euro). Branchenanalysten bezeichnen diese Deckung als “praktisch wirkungslos” – selbst bei voller Haftung würde die Auszahlung pro Opfer bei wenigen Cent liegen.

Diese “Unterversicherung” ist kein asiatisches Phänomen. Ein Bericht der Beratungsfirma KPMG vom 4. Dezember zeigt: Versicherer in Nordamerika werden zunehmend strenger und lehnen Ansprüche von Konzernen ab, die spezifische Sicherheitsmaßnahmen wie Multi-Faktor-Authentifizierung nicht implementiert haben. Wenn Unternehmen keine Deckung erhalten oder ihre Policengrenzen erreichen, trocknet das Geld für Verbraucher-Sammelklagen aus. Übrig bleiben Kreditüberwachungsdienste, die die meisten Betroffenen ohnehin schon haben.

Das Dilemma der 2026er-Perspektive

Die Regulierung verschärft sich – allerdings langsam. Eine Analyse von Rechtsexperten bei Parker Poe Adams & Bernstein vom 5. Dezember zeigt: 2025 gab es einen Anstieg regulatorischer Durchsetzung, besonders gegen Finanzinstitute und Gesundheitsdienstleister, die Datenlecks nicht innerhalb enger Zeitfenster (oft 36 bis 72 Stunden) melden.

Doch diese Bußgelder fließen an den Staat, nicht an Verbraucher. Die Kluft zwischen Strafzahlung und Entschädigung bleibt riesig.

“Das aktuelle Versicherungsmodell ist für die Bedrohungslage von 2015 gebaut”, so ein Risikoanalyst zur Cyber-Versicherungslandschaft 2025. “Versicherer streichen gerade Deckungen für ‘Social Engineering’ und ‘Überweisungsbetrug’ – genau die Angriffsformen, bei denen Verbraucher am meisten Geld verlieren. Überweisen Sie freiwillig Geld an einen Betrüger, weil Ihre Daten gestohlen wurden? Ihre Versicherung – und die des betroffenen Unternehmens – zahlt wahrscheinlich nichts.”

Was Verbraucher jetzt tun sollten

Angesichts des brüchigen Sicherheitsnetzes raten Experten zu sofortigen Abwehrmaßnahmen statt Vertrauen auf nachträgliche Versicherungen:

  1. Fristen nutzen: Wenn Sie eine Benachrichtigung für die EyeMed- (11. Dezember) oder AT&T-Vergleiche (18. Dezember) erhalten haben, reichen Sie sofort einen Anspruch ein. Selbst kleine Auszahlungen sind besser als nichts – und hohe Beteiligung signalisiert Rechenschaftsforderung.

  2. Police prüfen: Überprüfen Sie Ihre Hausrat- oder Mietversicherung. Zahlen Sie für “Identitätsdiebstahl-Schutz”? Klären Sie, ob gestohlene Gelder oder nur Wiederherstellungskosten gedeckt sind. Bei Letzterem: Erwägen Sie spezialisierte eigenständige Cyber-Policen – auch wenn diese selten und teuer sind.

  3. Sperren statt nur überwachen: Kreditüberwachung warnt Sie nach dem Betrug. Eine Kreditsperre bei Auskunfteien verhindert, dass überhaupt neue Konten auf Ihren Namen eröffnet werden – ein weitaus effektiverer Schutz als die “Wiederherstellungsdienste” aus Datenleck-Vergleichen.

Die Botschaft der Versicherungsbranche für 2026 ist eindeutig: Niemand wird Ihnen Ihre gestohlenen Ersparnisse zurückerstatten. Die Verteidigungslast liegt beim Verbraucher selbst.

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