Compliance-Wende: Interne Ermittlungsberichte werden offengelegt
28.12.2025 - 08:53:12Rechtsprechung und internationale Regulierung zwingen Unternehmen zu mehr Offenlegung interner Berichte. Betroffene Mitarbeiter erhalten Einsichtsrechte, Kläger nutzen neue rechtliche Hebel.
Deutsche Unternehmen müssen interne Untersuchungen künftig transparenter gestalten – ein wegweisendes Urteil und neue internationale Vorgaben zwingen zum Umdenken.
Frankfurt/München – Die interne Compliance-Welt steht Kopf. Zum Jahreswechsel 2025/26 müssen Unternehmen in Deutschland ihre bisherige Geheimhaltungspraxis bei Ermittlungsberichten radikal überdenfen. Eine Kombination aus neuer Rechtsprechung und internationalem Regulierungsdruck macht die bisherige „Black Box“ undurchführbar. Die zentrale Frage lautet nicht mehr, ob etwas offengelegt wird, sondern wie.
Einsichtsrecht statt Geheimhaltung: Das „Salomonische Urteil“
Die Wende brachte ein Urteil des Landesarbeitsgerichts München. Es bestätigte ein weitreichendes Einsichtsrecht für betroffene Mitarbeiter und Manager in die sie betreffenden Passagen eines internen Berichts. Eine komplette Kopie muss zwar nicht herausgegeben werden – ein Schutz für Geschäftsgeheimnisse und Whistleblower. Doch die pauschale Verweigerungshaltung mit Verweis auf das Anwaltsgeheimnis ist passé.
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Die Konsequenz ist ein administrativer Kraftakt. Unternehmen müssen nun detaillierte Schwärzungskonzepte parat haben, um personenbezogene Daten von geschützten rechtlichen Bewertungen zu trennen. Viele Abteilungen sind darauf nicht vorbereitet. Wer hier unsauber arbeitet, riskiert im Ernstfall, mehr preiszugeben als gewollt.
BGH-Urteil zum Diesel-Skandal liefert Munition für Kläger
Der Druck wird durch ein anderes Urteil massiv verstärkt. Die rechtskräftige Bestätigung von Betrugsvorwürfen im Diesel-Komplex durch den Bundesgerichtshof Mitte Dezember hat eine Tür aufgestoßen. Klägeranwälte nutzen nun verstärkt das Auskunftsrecht nach Artikel 15 DSGVO als taktisches Werkzeug.
Sie fordern so Zugang zu internen Ermittlungsergebnissen, die im späteren Zivilprozess entscheidend sein können. Ein strafrechtlich bestätigter Vorwurf wird so zum Hebel für zivilrechtliche Ansprüche. Unternehmen droht ein doppelter Schaden: der Imageschaden durch das Urteil und strategische Nachteile durch erzwungene Transparenz.
Internationale Zange: SEC und EU-Umweltstrafrecht
Der Druck kommt nicht nur aus Deutschland. Die US-Börsenaufsicht SEC hat für 2026 signifikant schärfere Offenlegungspflichten für ausländische Emittenten angekündigt – darunter viele DAX-Konzerne. Sie müssen ihre Berichtsstrukturen bereits jetzt anpassen.
Parallel treibt die neue EU-Richtlinie zum Umweltstrafrecht die Anforderungen nach oben. Sie verpflichtet zu noch rigoroseren internen Untersuchungen bei Umweltdelikten. Doch wem müssen die Ergebnisse dieser Aufklärungen zugänglich gemacht werden? Die Antwort darauf ist oft unklar und erhöht die Rechtsunsicherheit.
Ausblick bis April 2026: Sofortmaßnahmen sind gefragt
Völlige Klarheit wird es vorerst nicht geben. Das Bundesarbeitsgericht wird sich erst am 21. April 2026 mit einer Revision des Münchner Urteils befassen. Bis dahin müssen Unternehmen in einer Grauzone agieren.
Experten raten zu drei konkreten Sofortmaßnahmen für 2026:
1. Strikte Dokumententrennung: Reine Faktenermittlung und rechtliche Beratung müssen in unterschiedlichen Dokumenten festgehalten werden, um den Schutz des Anwaltsgeheimnisses zu wahren.
2. Vorbereitete Anonymisierung: Standardisierte Schwärzungsroutinen für DSGVO-Auskunftsersuche sind essenziell, um Whistleblower zu schützen und schnell reagieren zu können.
3. Prozess-Synchronisation: Personal- und Compliance-Abteilung müssen enger zusammenarbeiten, da Ermittlungsberichte zunehmend als Teil der Personalakte gewertet werden.
Das Fazit zum Jahreswechsel ist eindeutig: Transparenz ist keine freiwillige Übung mehr, sondern eine Pflicht, die präzises Handeln erfordert. Die Zeit der geheimen Untersuchungen ist vorbei.
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