Bund und Länder beschließen 200-Punkte-Reform
07.12.2025 - 08:39:12Bürokratie-Kahlschlag oder Papiertiger? Nach monatelangem Ringen haben sich Bund und Länder auf ein Mammutprojekt geeinigt: Über 200 konkrete Maßnahmen sollen die deutsche Verwaltung entschlacken, Planungsverfahren beschleunigen und die Digitalisierung vorantreiben. Auf der Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin verabschiedeten die Regierungschefs gemeinsam mit Kanzler Friedrich Merz eine „Föderale Modernisierungsagenda”. Die Wirtschaft reagiert verhalten optimistisch – doch die entscheidende Frage bleibt offen: Wer zahlt?
„Zeitenwende in der Staatsmodernisierung” nennt Rheinland-Pfalzs Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) das Paket. Jeder Stein sei umgedreht worden, um unnötigen Ballast abzuwerfen. Die Agenda greift tief in die Verwaltungsstrukturen ein:
Die wichtigsten Maßnahmen:
- Ein Drittel weniger Meldepflichten – Bis Ende 2026 fallen vor allem für den Mittelstand zahlreiche Dokumentationspflichten weg
- Digitales Kfz-Meldewesen – An-, Ab- und Ummeldung künftig zentral über eine Bundesplattform
- Personalausweis ohne Ablaufdatum – Ab dem 70. Lebensjahr gilt das Dokument unbefristet
- Zentrale Identitätsfeststellung – Der Bund übernimmt ausländerrechtliche Verfahren und entlastet Kommunen massiv
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) bezeichnet das Paket als „großen Wurf”. Deutschlandgeschwindigkeit dürfe kein leeres Versprechen bleiben.
Bauen im Turbo-Modus
Der Fokus liegt auf Infrastruktur und Wohnungsbau – jahrelange Bremsen der wirtschaftlichen Entwicklung. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hebt besonders das „Bauen im Bestand” hervor.
Passend zum Thema Digitalisierung der Verwaltung – viele Behörden planen zentrale Bundesplattformen für Identitätsfeststellung und Meldedaten. Solche Projekte sind attraktive Ziele für Cyberkriminelle: Fehlende Sicherheitskonzepte können Digitalisierung zum Risiko machen. Der kostenlose Report „Cyber Security Awareness Trends“ erklärt, welche technischen und organisatorischen Maßnahmen Kommunen und Landesbehörden jetzt umsetzen müssen, um Angriffe zu verhindern und sensible Bürgerdaten zu schützen. Kostenlosen Cyber-Security-Report für Verwaltungen herunterladen
Die geplanten Beschleuniger:
- Erweiterungen bestehender Straßen- und Schienennetze brauchen künftig kein jahrelanges Planfeststellungsverfahren mehr
- Vereinfachte Genehmigungen greifen, solange Projekte in bestehenden Korridoren bleiben
- Typengenehmigungen für serielles Bauen werden bundesweit harmonisiert
„Das ist der Gamechanger, auf den die Bauwirtschaft gewartet hat”, so Kretschmer. Allerdings: Rund 58 Detailfragen zum Planungs- und Baurecht bleiben vorerst ungeklärt und müssen in den kommenden Wochen nachverhandelt werden.
Der Geldhahn bleibt zu
So einig sich die Beteiligten bei den Maßnahmen zeigten, so verhärtet sind die Fronten beim Thema Finanzierung. Das Prinzip „Wer bestellt, bezahlt” – die sogenannte Konnexität – spaltet Bund, Länder und Kommunen.
Die Länder fordern: Der Bund muss die Mehrkosten tragen, die durch Bundesgesetze auf kommunaler Ebene entstehen. Ein automatisierter Kostenausgleichsmechanismus? Fehlanzeige. „Es ist deutlich komplexer als ursprünglich angenommen”, räumt Merz ein.
Das Finanzthema wurde schlicht vertagt. Eine Sonder-Ministerpräsidentenkonferenz im ersten Quartal 2026 soll Klarheit schaffen. Der Deutsche Landkreistag warnt bereits: Ohne solide Finanzierung droht die Umsetzung vor Ort ins Stocken zu geraten. Die Kommunen seien am Limit.
Wirtschaft: Lob mit Fragezeichen
Die deutsche Industrie reagiert mit vorsichtigem Optimismus. Der BDI würdigt die Agenda als „wichtigen Schritt zur Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit” – betont aber: Die Ambitionen gehen nicht weit genug.
Kritikpunkte der Wirtschaft:
- Deutschland legt EU-Vorgaben weiterhin strenger aus als andere Mitgliedsstaaten („Gold-Plating”)
- Die „One-in-One-out”-Regel reicht nicht – es braucht eine „One-in-Two-out”-Regel
- Digitalisierung darf nicht bedeuten, schlechte Prozesse einfach digital abzubilden
„Wir brauchen nicht nur Absichtserklärungen, sondern spürbare Entlastung – und zwar sofort”, fordert ein BDI-Sprecher. Die DIHK mahnt: Prozesse müssten erst verschlankt werden, bevor man sie digitalisiert. Sonst entstehe nur „Digitalisierung von Chaos”.
Das Jahr der Wahrheit beginnt
Die 200 Maßnahmen müssen jetzt in konkrete Gesetzentwürfe gegossen und durch Bundestag und Bundesrat gebracht werden. Erste Pakete könnten bereits im Frühjahr 2026 verabschiedet werden.
Der eigentliche Lackmustest folgt aber beim Sondergipfel zur Finanzierung. Scheitert dort die Einigung über die Kostenverteilung, droht der „große Wurf” im föderalen Klein-Klein zu versanden. Bis dahin bleibt das Versprechen von weniger Bürokratie und mehr Tempo genau das: ein Versprechen, an dem sich die Regierung Merz messen lassen muss.
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