BIBB-Kompass und Kurzarbeit: Neue Macht für Betriebsräte
25.12.2025 - 11:12:12Betriebsräte erhalten kurz vor Weihnachten ein strategisches Werkzeug für das kommende Jahr. Die Kombination aus einem neuen Qualifikationsleitfaden und verlängerten Kurzarbeitsregeln stärkt ihre Mitbestimmungsrechte erheblich. 2026 könnte zum Jahr der Weiterbildung werden.
Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) hat am 23. Dezember 2025 den „Kompass für das vielfältige Berufsbildungssystem“ veröffentlicht. Für Betriebsräte ist diese Veröffentlichung mehr als nur ein Nachschlagewerk. Sie bietet eine fundierte Grundlage, um ihr Mitbestimmungsrecht nach § 96 BetrVG durchzusetzen.
Dieser Paragraf verpflichtet den Arbeitgeber, auf Antrag des Betriebsrats den betrieblichen Bildungsbedarf zu ermitteln. In der Praxis gab es bisher oft Streit darüber, wie dieser Bedarf festgestellt wird und welche Qualifikationen überhaupt anerkannt sind. Der neue BIBB-Kompass vergleicht nun Strukturen, Regelungsprozesse und Prüfungsstandards. Er liefert damit einen objektiven Maßstab, um „notwendige“ Qualifikationen im Unternehmen zu definieren.
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„Die Vielfalt der Ausbildungswege bietet zahlreiche Optionen“, so das BIBB. Betriebsräte können sich nun auf einen bundeseinheitlichen Rahmen berufen, wenn sie fordern, dass konkrete Qualifikationslücken gemessen und geschlossen werden müssen – und nicht nur nach der internen Einschätzung des Arbeitgebers.
Verlängerte Kurzarbeit mit Qualifizierungspflicht
Die Bedeutung der Bildungsbedarfsermittlung wurde durch eine gesetzliche Neuerung in derselben Woche noch verstärkt. Wie Rechts-Experten am 23. Dezember bestätigten, wurde die maximale Bezugsdauer für Kurzarbeitergeld auf 24 Monate verlängert. Diese Regelung gilt bis Ende 2026.
Entscheidend ist: Es handelt sich nicht um ein passives Sicherheitsnetz. Die Verordnung betont, dass Arbeitsausfallzeiten „für Weiterbildung genutzt werden können und sollen“. Das schafft einen direkten Hebel für Betriebsräte:
* Wirtschaftliches Argument: Qualifizierungsmaßnahmen während der Kurzarbeit können gefördert werden und senken so die Kosten für den Arbeitgeber.
* Rechtlicher Hebel: Bestreitet der Arbeitgeber den Schulungsbedarf, kann der Betriebsrat nun eine formale „Ermittlung des Bildungsbedarfs“ nach § 96 BetrVG verlangen – gestützt auf die objektiven Kriterien des neuen BIBB-Kompass.
Diese Verknüpfung verwandelt das abstrakte „Beratungsrecht“ in ein konkretes Verhandlungswerkzeug. Will ein Arbeitgeber die verlängerten Kurzarbeitshilfen nutzen, kann der Betriebsrat seine Zustimmung an einen robusten Qualifizierungsplan knüpfen.
So setzen Betriebsräte § 96 BetrVG jetzt durch
Die Kombination aus neuem Werkzeug und verlängerten Fördermitteln verändert die Verhandlungsposition für 2026. Nach § 96 BetrVG hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Einrichtung und Ausstattung von Bildungsstätten und der Durchführung von Maßnahmen. Die Ermittlung des Bedarfs ist jedoch der kritische erste Schritt.
Arbeitsrechtler weisen darauf hin, dass Betriebsräte den vollen Umfang des § 96 oft nicht nutzen, weil ihnen die Daten fehlen. Diese liegen typischerweise beim Arbeitgeber. Mit dem BIBB-Kompass können Betriebsräte nun proaktiv konkrete, bundesweit anerkannte „Qualifizierungswege“ vorschlagen. Der Arbeitgeber muss dann begründen, warum diese für die Belegschaft nicht relevant sein sollen.
Zeigt die Bedarfsermittlung zudem, dass Mitarbeiterqualifikationen durch technologischen Wandel – wie KI-Integration oder Digitalisierung – veralten, weiten sich die Mitbestimmungsrechte nach § 97 (2) BetrVG deutlich aus. Verweigert der Arbeitgeber dann notwendige Schulungen, kann der Betriebsrat Maßnahmen über die Einigungsstelle erzwingen.
Ausblick: 2026 als Jahr der Qualifizierung
Der Schnittpunkt von demografischem Wandel und technologischer Transformation wird Qualifizierung 2026 zum dominanten Thema der Arbeitsbeziehungen machen.
* Demografischer Druck: Wie das BIBB betont, scheiden in den kommenden Jahren viele erfahrene Fachkräfte aus. Der Ersatz ihres Wissens erfordert eine präzise Identifikation von Qualifikationslücken – eine Kernaufgabe nach § 96.
* Digitale Transformation: Die Integration von KI und automatisierten Systemen verändert Berufsbilder weiter. Der „Kompass“ hilft, traditionelle Fähigkeiten neuen digitalen Anforderungen zuzuordnen.
Betriebsräten wird geraten, die „Ermittlung des Bildungsbedarfs“ gleich für die erste Sitzung im Januar 2026 auf die Tagesordnung zu setzen. Mit den neuen Bundesrichtlinien und dem finanziellen Zeitfenster der Kurzarbeitsverlängerung können sie so sicherstellen, dass die Belegschaft nicht nur vor Arbeitslosigkeit geschützt, sondern aktiv für die Zukunft gerüstet wird.
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