BDA, EU-Entscheid

BDA fordert nach EU-Entscheid das Ende des Acht-Stunden-Tags

17.12.2025 - 15:10:12

Die deutschen Arbeitgeber fordern eine Revolution im Arbeitsrecht. Nach dem Ja des EU-Parlaments zum Bürokratieabbau-Paket „Omnibus I“ verlangt die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) die Abschaffung der starren täglichen Höchstarbeitszeit. Stattdessen soll eine wöchentliche Obergrenze von 48 Stunden treten.

Auslöser ist ein Beschluss aus Brüssel. Das Europäische Parlament stimmte am Dienstag, dem 16. Dezember, dem umfangreichen „Omnibus-I-Paket“ zu. Es soll Berichtspflichten und Verwaltungslasten für Unternehmen in der gesamten EU reduzieren. BDA-Präsident Dr. Rainer Dulger begrüßte den Schritt als „starkes Signal“ für mehr Praktikabilität.

Doch für Dulger ist das nur der Anfang. „Jetzt ist Tempo gefragt“, erklärte er heute. Die Bundesregierung müsse die Vorgaben nun 1:1 umsetzen. Der entscheidende Hebel liege aber woanders: im Arbeitszeitgesetz. Die EU erlaube eine wöchentliche Höchstarbeitszeit. Deutschlands Festhalten am Acht-Stunden-Tag sei eine „Übererfüllung“ der EU-Vorgaben, die heimische Unternehmen benachteilige. Die BDA drängt darauf, die Umsetzung der EU-Richtlinie zu nutzen, um endlich auf eine 48-Stunden-Woche umzustellen.

Anzeige

Passend zum Thema Arbeitszeit – Arbeitszeiterfassung ab 2025 ist für viele Arbeitgeber Pflicht. Dieses kostenlose E‑Book erklärt, welche Dokumentationspflichten jetzt gelten, liefert einsatzbereite Mustervorlagen für Stundenzettel und zeigt, wie Sie Pausen-, Ruhezeiten und Vertrauensarbeitszeit rechtskonform erfassen – auch für remote Teams. Praktische Checklisten helfen, Bußgelder zu vermeiden und die Personalabteilung zu entlasten. Arbeitszeiterfassung jetzt rechtssicher umsetzen

Der Kern des Streits: Flexibilität versus Schutz

Im Zentrum der Debatte steht ein simpler, aber folgenreicher Wechsel: von der täglichen zur wöchentlichen Berechnung der Arbeitszeit. Derzeit darf die tägliche Arbeitszeit nach § 3 ArbZG acht Stunden nicht überschreiten. Eine Verlängerung auf zehn Stunden ist nur möglich, wenn innerhalb von sechs Monaten im Schnitt acht Stunden eingehalten werden.

Für Arbeitgeberverbände ist diese tägliche Starre nicht mehr zeitgemäß. Sie passt nicht zur digitalen und projektbasierten Arbeitswelt. Stattdessen fordern sie die Übernahme des EU-Standards. Konkret könnte ein Mitarbeiter dann zwölf Stunden an einem Tag arbeiten, um ein Projekt abzuschließen, und am Freitag dafür früher gehen – vorausgesetzt, die wöchentliche Gesamtzahl von 48 Stunden und die Ruhezeiten werden eingehalten.

„Es geht nicht um mehr Arbeit, sondern um eine flexiblere Verteilung, die sich an Lebensrealitäten anpasst“, so ein BDA-Sprecher. Gerade angesichts des Fachkräftemangels biete dies die Chance, Spitzenlasten besser zu bewältigen.

Gewerkschaften warnen vor „grenzenlosen“ Arbeitstagen

Auf scharfen Widerstand stößt der Vorstoß bei den Gewerkschaften. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warnt seit Langem, dass die Abschaffung der täglichen Obergrenze zu „entgrenzten“ Arbeitstagen führe. Der Acht-Stunden-Tag sei eine „Gesundheitsschutzbarriere, kein Bürokratiehindernis“.

Kritiker verweisen auf Studien, die längere Schichten auch bei späterem Freizeitausgleich mit einem höheren Risiko für Burnout, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Unfälle in Verbindung bringen. Das Hugo-Sinzheimer-Institut warnte in einer Studie vom September 2025 davor, dass Zwölf-Stunden-Schichten zur Normalität werden könnten – auf Kosten der Work-Life-Balance.

Auch politisch bleibt die Frage ein Zankapfel. Während die wirtschaftsliberalen Kräfte in und außerhalb der Regierung die Flexibilisierung als Konjunkturmotor sehen, sind Teile der SPD skeptisch. Die BDA setzt nun darauf, mit dem Rückenwind aus Brüssel einen Kompromiss in Berlin zu erzwingen.

Was bedeutet das für Unternehmen?

Für die Unternehmen steht kurzfristig die Entlastung von Meldepflichten durch „Omnibus I“ an. Die „große Lösung“ der Arbeitszeitflexibilisierung bleibt aber Verhandlungssache. Die BDA erwartet, dass die Bundesregierung Anfang 2026 einen Umsetzungsgesetzentwurf vorlegt.

Sollte sich die Arbeitgeberlobby durchsetzen, könnte darin eine „Öffnungsklausel“ oder eine komplette Überarbeitung von § 3 ArbZG stehen. Das würde die Personalabteilungen entlasten: Statt minutiös tägliche Limits zu überwachen, würde ein wöchentliches Arbeitszeitkonto eingeführt. Das käme besonders bei Vertrauensarbeitszeit und remote arbeitenden Teams an.

Bis es so weit ist, gilt weiter das strenge Tageslimit. Rechtsexperten raten Unternehmen, den anstehenden Gesetzentwurf der Regierung genau zu verfolgen. „Wenn die Arbeitszeitreform in die Omnibus-Umsetzung gepackt wird, könnte Mitte 2026 die größte Änderung im deutschen Arbeitszeitrecht seit 30 Jahren stehen“, sagt Arbeitsrechtler Dr. Jens Usebach.

Der Ball liegt nun bei der Bundesregierung. Brüssel hat den Weg für weniger Bürokratie freigemacht. Jetzt muss Berlin entscheiden, ob „Modernisierung“ auch das Ende des strengen Acht-Stunden-Tags bedeutet.

Anzeige

PS: Sie überlegen, auf eine wöchentliche Arbeitszeitabrechnung umzustellen? Holen Sie sich Vorlagen und eine Schritt‑für‑Schritt‑Anleitung, wie ein wöchentliches Arbeitszeitkonto geführt wird und welche Nachweise nötig sind. Das Gratis‑E‑Book enthält Beispiele, Formulare und Umsetzungstipps für Personaler, damit die Umstellung rechtssicher und praktikabel gelingt. Jetzt Arbeitszeiterfassung‑Vorlagen herunterladen

@ boerse-global.de