AWS, Google

AWS, Google & Co.: KI wird zum eigenständigen Kollegen

08.12.2025 - 02:49:12

Die digitale Produktivität steht vor einem Wendepunkt. Ende vergangener Woche läuteten Amazon, Google und Microsoft das Ende der Chatbot-Ära ein – und präsentierten KI-Systeme, die selbstständig komplexe Aufgaben erledigen. Statt passiv auf Befehle zu warten, arbeiten die neuen “Agenten” eigenständig über Stunden oder Tage hinweg.

Die wohl bedeutendste Ankündigung kam am Donnerstag aus Las Vegas. Auf der AWS re:Invent 2025 stellte Amazon Web Services eine neue Klasse autonomer KI-Agenten vor – sogenannte “Frontier Agents”. Sie sollen als vollwertige Teammitglieder in Softwareentwicklung und IT-Betrieb fungieren.

Herzstück ist Kiro, ein virtueller Entwickler, der Programmier-Gewohnheiten erlernt und eigenständig Code-Implementierungen erstellt. Anders als bisherige Assistenten benötigt Kiro keine ständigen Eingabeaufforderungen. Gemeinsam mit einem Security-Agenten und einem DevOps-Agenten arbeitet das System tagelang autonom – es löst Störungen, führt Penetrationstests durch oder erstellt Support-Tickets.

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Technologisch unterfüttert wird das Ganze durch die ebenfalls am 4. Dezember vorgestellte Amazon Nova-Modellfamilie. Nova Pro optimiert komplexe Denkprozesse, Nova Omni verarbeitet gleichzeitig Audio, Video und Text. Die Commonwealth Bank meldete bereits Erfolge: Störungen, die früher Stunden beanspruchten, löst der DevOps-Agent in 15 Minuten.

Google Workspace Studio: KI-Agenten für alle

Während AWS auf technische Infrastruktur setzte, zielte Google auf Geschäftsanwender. Am 4. Dezember präsentierte das Unternehmen Workspace Studio – eine Plattform, mit der Mitarbeiter eigene KI-Agenten erstellen können, ohne eine Zeile Code zu schreiben.

Das System basiert auf dem Gemini-Modell und versteht natürliche Sprache. Ein simpler Befehl wie “Markiere alle E-Mails mit Fragen und benachrichtige mich im Chat” genügt – die Automatisierung entsteht automatisch. Damit greift Google direkt Microsofts Copilot Studio an, integriert die Agenten-Erstellung aber tief in Gmail, Drive und Docs.

Zusätzlich führte Google am 5. Dezember Gemini Nudges für Drive ein. Die Funktion zeigt proaktiv Zusammenfassungen am Anfang von Ordneransichten – Nutzer erfassen Inhalte geteilter Verzeichnisse, ohne einzelne Dateien öffnen zu müssen. Entwickler erhalten mit der Data-Commons-Erweiterung für die Gemini-CLI direkten Zugriff auf öffentliche Datensätze wie Weltbank-Statistiken.

Microsoft und Salesforce: Praxistest bestanden

Microsoft verfeinerte sein Produktivitäts-Ökosystem mit Fokus auf Zugänglichkeit. Am 3. Dezember startete die Auslieferung einer dedizierten Microsoft 365 Copilot-App für Windows. Sie installiert sich im Hintergrund und erscheint im Startmenü – ein einheitlicher Einstiegspunkt, losgelöst vom Browser.

Parallel erhielt OneNote einen überarbeiteten Copilot-Chat-Bereich für konsistente KI-Interaktionen in der Office-Suite. Strategisch bemerkenswert: Microsoft kündigte am 4. Dezember eine Preisanpassung für kommerzielle Microsoft-365-Abonnements an – wirksam ab 1. Juli 2026. Unternehmen erhalten so ausreichend Vorlauf für die Budgetplanung.

Im CRM-Sektor lieferte Salesforce harte Zahlen. Am 5. Dezember, nach der Cyber Week, meldete das Unternehmen: Die Agentforce-Plattform beeinflusste Verkäufe im Wert von rund 64 Milliarden Euro während des Weihnachtsgeschäfts. Händler mit Agentforce verzeichneten 32 Prozent schnelleres Umsatzwachstum, autonome Agenten bewältigten einen Anstieg der Kundenanfragen um 55 Prozent im Wochenvergleich.

Anthropic kauft Bun: Konsolidierung beschleunigt sich

Eine bemerkenswerte Übernahme verkündete das KI-Labor Anthropic am 5. Dezember: Der Erwerb von Bun, einem Hochleistungs-JavaScript-Runtime-Toolkit. Die Technologie soll in Claude Code integriert werden, um Performance und Stabilität der Programmierassistenz drastisch zu verbessern.

Die Transaktion zeigt einen wachsenden Trend: KI-Anbieter integrieren Entwicklungswerkzeuge vertikal, um die gesamte Produktivitätskette zu kontrollieren. Wer die Laufzeitumgebung besitzt, macht seinen KI-Assistenten nicht nur zum Code-Generator, sondern zur zuverlässigen Ausführungsmaschine.

Der agentenbasierte Umbruch

Die vergangenen 72 Stunden markieren den definitiven Übergang zur “Agenten-Ära”. Bisher war Produktivitäts-KI eine Sidebar, in der Nutzer Fragen stellten und Antworten erhielten. Die Updates von AWS und Google demonstrieren: KI soll nicht mehr Arbeit beschreiben, sondern sie erledigen.

Besonders disruptiv wirkt Google Workspace Studio, weil es die Einstiegshürde senkt. Nicht-technische Mitarbeiter können “digitale Angestellte” für E-Mail- und Dokumenten-Workflows erstellen – so einfach wie ein Spreadsheet-Makro. AWS’ Fokus auf “Frontier Agents” zeichnet eine Zukunft, in der Software-Teams aus Menschen und synthetischen Entwicklern bestehen.

Herausforderung: Kontrolle der Agenten-Schwemme

Die nächsten Monate dürften intensive Iterationen dieser Plattformen bringen. Die unmittelbare Herausforderung für IT-Abteilungen: Governance. Tools wie Workspace Studio machen es kinderleicht, autonome Agenten zu erstellen – Organisationen benötigen strikte Leitplanken gegen “Agenten-Wildwuchs” und für Datensicherheit.

Microsofts Preisanpassung für 2026 signalisiert zudem: Tech-Konzerne sind überzeugt, dass KI-Features zur unverzichtbaren Infrastruktur werden. Mit zunehmender Reife verschiebt sich die Messlatte von “eingesparter Zeit” zu “gelieferten Ergebnissen” – ein enormer Druck für traditionelle Softwareanbieter, agentenbasierte Fähigkeiten zu entwickeln oder zu verschwinden.

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