Arbeitszeitgesetz, Abschaffung

Arbeitszeitgesetz: 72 Prozent gegen Abschaffung des Achtstundentags

06.12.2025 - 02:39:12

Koalition auf Konfrontationskurs mit Gewerkschaften und Belegschaften: Der Plan von CDU und SPD, die täglichen Arbeitszeitgrenzen durch wöchentliche Höchstarbeitszeiten zu ersetzen, stößt auf massiven Widerstand. Können die Regierungspartner ihre Reform gegen die Mehrheit der Beschäftigten durchsetzen?

Am Donnerstag legte der Deutsche Gewerkschaftsbund die Ergebnisse seiner repräsentativen Umschrage „DGB-Index Gute Arbeit 2025″ vor – mit eindeutigen Zahlen: 72 Prozent der Beschäftigten wollen die bisherige Tagesgrenze von acht Stunden beibehalten. Nahezu alle Befragten (98 Prozent) lehnen regelmäßige Arbeitstage von mehr als zehn Stunden ab.

DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi präsentierte die Daten in Berlin und teilte scharf gegen die Reformpläne der Bundesregierung aus. „In der Debatte über Arbeitszeit wird manchmal der Eindruck erweckt, als seien Menschen Maschinen, die auf Knopfdruck einfach länger laufen können”, sagte Fahimi. Das geltende Arbeitszeitgesetz diene dem Gesundheitsschutz und dürfe nicht ausgehöhlt werden.

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Die Umfrage offenbart zudem eine Kluft zwischen Wunsch und Wirklichkeit: Nur 40 Prozent der Befragten zeigten sich zufrieden mit ihrer aktuellen Arbeitszeit. Mehr als die Hälfte (53 Prozent) würde am liebsten weniger arbeiten.

Der Streit entzündete sich am Koalitionsvertrag 2025 zwischen CDU/CSU und SPD. Die Regierungsparteien haben vereinbart, die starre tägliche Höchstarbeitszeit – derzeit acht Stunden, in Ausnahmefällen auf zehn erweiterbar – durch eine wöchentliche Obergrenze von 48 Stunden zu ersetzen.

Befürworter der Reform, allen voran Arbeitgeberverbände wie die BDA, argumentieren mit dem digitalen Zeitalter. Eine wöchentliche Berechnung ermögliche mehr Flexibilität: Beschäftigte könnten an manchen Tagen länger arbeiten und dafür an anderen freie Zeit nehmen – ohne bürokratische Hürden.

Doch die Gewerkschaften wittern einen Frontalangriff auf den Achtstundentag. Frank Werneke, Vorsitzender der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, kritisierte bereits Anfang der Woche: „Es gibt überhaupt keinen Grund, den Achtstundentag auszuhebeln, wie es die Koalition vorhat.” Die Sorge: Ohne Tagesgrenze bedeute „Flexibilität” faktisch unberechenbare Schichten und überlange Arbeitstage – auf Kosten von Gesundheit und Work-Life-Balance.

Kretschmer unter Beschuss: Debatte spitzt sich in Sachsen zu

Die bundesweite Auseinandersetzung hat auch regionale Fronten eröffnet. Am Mittwoch forderte die IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) öffentlich zu einer Diskussion heraus.

Kretschmer hatte sich wiederholt für längere Arbeitszeiten zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit ausgesprochen – was die Gewerkschaft auf den Plan rief. „Wir laden den Ministerpräsidenten ein, mit Beschäftigten aus Sachsen und der IG Metall über Arbeitszeit zu diskutieren”, erklärte Stefan Ehly, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Dresden.

Jan Otto, Bezirksleiter der IG Metall, widersprach der Behauptung, deutsche Arbeitnehmer würden zu wenig leisten: „Es wird immer wieder behauptet, Beschäftigte arbeiten zu wenig… Das ist falsch. Sonst würden die Beschäftigten in Deutschland nicht über 600 Millionen Überstunden vor sich herschieben.” Eine massive Bugwelle an unbezahlter Mehrarbeit spreche eine andere Sprache.

Offene Baustelle Arbeitszeiterfassung

Parallel zur Debatte über die Länge der Arbeitszeit schwelt die ungeklärte Frage der Erfassung. Seit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts 2022, das eine umfassende Zeiterfassung vorschreibt, warten Unternehmen auf eine gesetzliche Regelung.

Während die BDA und andere Arbeitgeberverbände auf „Vertrauensarbeitszeit” ohne strikte Aufzeichnungspflicht pochen, zeigen die DGB-Daten vom Donnerstag: Wo Arbeitszeit nicht vollständig dokumentiert wird, arbeiten deutlich mehr Menschen regelmäßig über 48 Stunden pro Woche. Fehlende Kontrolle korreliert offenbar mit Überlastung.

Was kommt jetzt?

In den kommenden Wochen dürfte sich der Konflikt verschärfen. Das Bundesarbeitsministerium arbeitet an der konkreten Gesetzesvorlage zur Umsetzung des Koalitionsvertrags. Der DGB hat bereits Verteidigungslinien gezogen, die Arbeitgeber fordern die versprochene Flexibilität – ein parlamentarischer Kraftakt zeichnet sich ab.

Rechtsexperten weisen darauf hin, dass jede Reform die EU-Arbeitszeitrichtlinie beachten muss, die tägliche Mindestruhezeiten vorschreibt. Die Herausforderung für die Regierung: Wie lässt sich die der Wirtschaft zugesagte Flexibilität liefern, ohne die Gesundheitsrisiken zu ignorieren, die der DGB mit seinen jüngsten Zahlen untermauert?

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