Arbeitsgerichte, Kurs

Arbeitsgerichte verschärfen Kurs: Prozessbetrug führt zur fristlosen Kündigung

25.12.2025 - 23:42:12

Wer vor dem Arbeitsgericht lügt, riskiert nicht nur seine Klage, sondern auch seinen Job. Das belegen aktuelle Grundsatzurteile aus Hamm und Niedersachsen, die eine Null-Toleranz-Linie bei Prozessbetrug festzurren. Für 2026 zeichnet sich ein Paradigmenwechsel ab.

Ein IT-Berichter hatte gegen seine Kündigung geklagt und dem Gericht eine Online-Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) vorgelegt, die ohne jeglichen Arztkontakt ausgestellt worden war. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm urteilte im September 2025 (Az. 14 SLa 145/25), dass der Beweiswert solcher Bescheinigungen gegen Null tendiert, wenn keine medizinische Untersuchung stattfand.

Doch das Gericht ging weiter: Das beharrliche Festhalten an diesem Dokument während des Prozesses wertete es als schweren Vertrauensbruch. Damit lieferte der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber den Grund für eine zweite, fristlose Kündigung mitten im laufenden Verfahren. „Betrug gegenüber dem Arbeitgeber lohnt sich nicht“, resümieren Rechtskommentatoren. Die Wahrheitspflicht gelte uneingeschränkt auch vor Gericht.

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Gefälschte Verträge: LAG Niedersachsen zieht harte Grenze

Noch deutlicher wird die Linie in einem Parallelfall des LAG Niedersachsen (Az. 2 SLa 735/24). Ein gekündigter Mitarbeiter legte dem Gericht einen manipulierten Arbeitsvertrag vor, um Bonusansprüche zu untermauern. Das Dokument war eine gefälschte Version eines nie unterzeichneten Entwurfs.

Das Urteil ist kompromisslos: Der bloße Versuch, das Gericht zu täuschen, rechtfertigt eine außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB. Entscheidend sind drei Punkte:
1. Vorsatz genügt: Der Arbeitgeber muss nicht nachweisen, dass der Betrug erfolgreich war. Der Täuschungsversuch zerstört das nötige Vertrauen.
2. Keine Abmahnung nötig: Prozessbetrug ist so schwerwiegend, dass eine vorherige Abmahnung entbehrlich ist.
3. Nachschieben von Kündigungsgründen: Selbst wenn die ursprüngliche Kündigung schwach war, liefert der nachträgliche Prozessbetrug einen wasserdichten neuen Kündigungsgrund.

Der gefährliche Boomerang-Effekt für Arbeitnehmer

Diese Rechtsprechung offenbart einen riskanten Boomerang-Effekt in Kündigungsschutzklagen. Das Verfahren selbst rückt in den Fokus. „Der Irrglaube, im Arbeitsrecht mit allen Mitteln kämpfen zu müssen, ist fatal“, erklärt Arbeitsrechtsexperte Dr. Markus Weber. Wer etwa über sein Einkommen lüge, gefälschte Rechnungen vorlege oder Dokumente manipuliere, liefere dem Arbeitgeber die perfekte Waffe für eine sofortige fristlose Kündigung.

Das ist besonders relevant für einen Auflösungsantrag nach § 9 KSchG. Kann der Arbeitgeber nachweisen, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit unmöglich ist – etwa wegen nachgewiesenen Prozessbetrugs –, kann das Gericht das Arbeitsverhältnis ohne Abfindung auflösen.

Strategie-Empfehlungen für Personalabteilungen

Die Urteile geben HR-Verantwortlichen klare Handlungsleitlinien an die Hand:
* Eingereichte Dokumente prüfen: Alle vom Kläger vorgelegten Nachweise im Verfahren rigoros auf Authentizität überprüfen.
* Kündigungsgründe nachschieben: Bei entdecktem Betrug im Prozess umgehend eine neue fristlose Kündigung aussprechen und diesen Grund in das laufende Verfahren einbringen.
* Telemedizin-Bescheinigungen hinterfragen: Die Argumentation des LAG Hamm nutzen, um AUs von reinen Online-Portalen ohne Video- oder Präsenzkonsultation anzuzweifeln.

Ausblick 2026: Ende der Nachsicht?

Zum Jahreswechsel 2025/26 sendet die Justiz ein klares Signal: Die Nachsicht mit prozessualem Fehlverhalten schwindet. Experten erwarten für 2026 weitere Grundsatzentscheidungen zu digitalem Betrug, etwa zur Nutzung von KI-generierten falschen Gutachten. Die Botschaft an alle Arbeitnehmer ist eindeutig: Im Kampf um den Job ist Ehrlichkeit nicht nur moralisch geboten, sondern die einzige Strategie, die einen sicher durch das Verfahren bringt.

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