Aktien, Anleihen

Wie viele Zinsschritte werden es denn nun?

Sehr verehrte Leserinnen und Leser,

Sven Weisenhaus schrieb in der vergangenen Woche, dass er erstaunt darüber sei, dass inzwischen immer mehr Börsenbeobachter in diesem Jahr mit vier Zinsschritten der Fed rechnen. Und das zu Recht!

Was „der Markt sagt“, muss stimmen

Es ist selbstverständlich, als Börsianer auch mal anderer Meinung zu sein als alle anderen und das sieht man auch regelmäßig bei Stockstreet. Genauso richtig ist es, dies auch kundzutun – was wir ebenfalls machen. Und am besten ist es, wenn dann auch eine Begründung folgt, woher die abweichende Meinung kommt (das ist bei Stockstreet die Regel).

Leider neigen viele „Experten“ dazu, ihre Meinung nur lapidar damit zu begründen, dass „der Markt“ dieser, ihrer Meinung sei. Dadurch erhalten diese Meinungen scheinbar eine gewisse Autorität („Wenn der Markt das so sieht!“) und bieten außerdem meist den Vorteil, dass eine solche Behauptung oftmals nicht überprüfbar scheint (Wer weiß schon, was der Markt wirklich denkt?). Anders sieht es da aber bei den Zinserhöhungen der Fed aus.

Die Meinung des Marktes ist hierbei anhand der Fed Fund Futures recht einfach zu überprüfen. Diese geben nämlich für jeden Fed-Sitzungstermin die Wahrscheinlichkeiten für die verschiedenen Zinsniveaus an, die nach Meinung des Marktes auf diesem Termin beschlossen werden.

Wieviele Zinsschritte erwartet werden

Dazu werfen wir nun einen Blick auf den aktuellen Stand der vier entscheidenden Termine (März, Juni, September, Dezember). In den folgenden Grafiken sieht man die möglichen Zinsniveaus und die Wahrscheinlichkeiten, mit denen die Marktteilnehmer das entsprechende Zinsniveau zum jeweiligen Termin erwarten. Dabei handelt es sich bei der schraffierten Säule um das aktuelle Zinsniveau. Das Zinsniveau wird als Bandbreite (welche die Fed seit 2008 festlegt) und in Basispunkten dargestellt, wobei ein Prozent gleich 100 Basispunkte („bps“) sind.

Fed Funds Future bis 12/2018, aktueller Stand

(Quelle: CME Group)

Die roten Eintragungen stammen von mir und sollen die Zinsschritte zählen, die sich durch die Angaben aus den Fed Fund Future zu den jeweiligen Sitzungsterminen eindeutig ergeben. Laut diesen preist der Markt derzeit genau drei Zinsschritte ein – und zwar im März, im Juni und im Dezember.

Für den September herrscht bei den Anlegern noch Unentschlossenheit, die Tendenz geht aber in Richtung eines unveränderten Zinssatzes. So rechnet man erst im Dezember mit hoher Sicherheit mit dem nächsten Zinsschritt.

Zwischenfazit: Bis dato erwarten die Märkte drei Zinsschritte in 2018. Genau das hat die Fed bisher auch so kommuniziert.

Das änderte sich seit Februar

Nichtsdestotrotz könnte es ja so sein, dass die jüngsten Ereignisse (Arbeitsmarktbericht, Zinsanstieg, Inflationsdaten) bei den Anlegern dafür gesorgt haben, dass sie ihre Meinung über die Zinserhöhungen der Fed geändert haben. Dann könnte man daraus mit etwas gutem Willen möglicherweise eine Tendenz zu einem vierten Zinsschritt finden. Vor allem da der Septembertermin ja auf Kippe steht.

Sehen wir uns deshalb mal den Verlauf der Zinserwartungen des Marktes zu den Fed-Zinsterminen innerhalb der vergangenen zwölf Monate an. Zu dem Zweck wurde im folgenden Chart aus Gründen der Übersichtlichkeit das gewichtete Zinsniveau aus den jeweiligen Wahrscheinlichkeiten für jeden Termin gebildet. Daraus ergibt sich börsentäglich nur ein Wert pro Zinstermin (den oberen Wert der Leitzinsspanne), also insgesamt nur eine Kurve pro Fed-Sitzungstermin.

Fed Funds Future bis 12/2018, historischer Verlauf

(Quellen: CME Group, eigene Berechnungen; Darstellung mit MarketMaker)

Die vier „Haupt-Zinstermine“ sind Blautöne und als dicke Kurven erkennbar, die „kleinen“ Zinstermine in Schwarz/Grau. Bei den senkrechten Linien handelt es sich um die jüngsten, angeblich so entscheidenden Ereignisse für die Zinsängste der Anleger: die Veröffentlichung des US-Arbeitsmarktberichts (2.2.), die Bekanntgabe der neuesten US-Inflationsdaten (14.2.) und die Veröffentlichung des Protokolls des Januar-Meetings der Fed (21.2.).

Die Wirkung der jüngsten Ereignisse

Man sieht sofort, dass keines dieser Ereignisse die „Zinsängste“ der Anleger verstärkt hat. Selbst das Fed-Protokoll mit angeblichen Hinweisen auf vier Zinserhöhung in diesem Jahr hatte kaum eine Auswirkung. Tatsächlich sorgte insbesondere der Arbeitsmarktbericht (linke senkrechte Linie) dafür, die Zinserwartungen der Börsianer zunächst zu senken.

Wie ist das möglich? Die Wahrscheinlichkeit weiterer (starker) Zinserhöhungen fällt tendenziell durch den Kurseinbruch und die damit verbundene vermeintliche Crash-Gefahr. Schließlich demonstrierte die Fed in den vergangenen Jahren immer wieder, dass sie auch auf die relative Stabilität der Finanzmärkte achtet.

Das galt schon unter Fed-Chef Alan Greenspan genauso wie auch unter Nachfolger Ben Bernanke und Janet Yellen. Die zügigen Zinserhöhungen von 2004 bis 2006 (17 Zinsschritte in zwei Jahren)  musste die Fed in der Finanzkrise schnell wieder zurücknehmen, wodurch der Eindruck entstand, sie handle übereilt. Seither agiert die Fed vorsichtiger, was die Anleger auch schon Anfang Februar kurzfristig eingepreist haben.

Insgesamt gab es bei den Zinserwartungen während der angeblich so einschneidenden Ereignisse seit Anfang Februar aber kaum Bewegung. Es gab zumindest keine hektischen Sprünge, die auf eine Änderung der Meinung der Börsianer hindeuten würden.

Fazit: Kein Grund, die Fed-Politik infrage zu stellen

Die Marktteilnehmer deuten also bislang nicht an, dass sie damit rechnen, dass die Fed ihren Plan – drei Zinserhöhungen in 2018 – ändert. Jedenfalls wurde eine vierte Zinserhöhung noch nicht in den Fed Fund Futures bis Dezember eingepreist.

Die Dinge könnten sich jedoch unter dem neuen Fed-Vorsitzenden Jerome Powell ändern, wenn dieser auf der nächsten Pressekonferenz nach dem März-Meeting eine neue Gangart erkennen lässt. Da dies aber noch Zukunftsmusik ist, gibt es derzeit auch keinen Grund, die bisherige Fed-Politik infrage zu stellen.

Mit besten Grüßen

Ihr Torsten Ewert

 (Quelle: www.stockstreet.de)

@ ad-hoc-news.de | 27.02.18 10:11 Uhr