Aktien, Anleihen

EZB-Zinsentscheid und dynamischer Anstieg des Euro

Wie erwartet, beschloss die EZB gestern, den Leitzins nicht zu verändern. Sie hatte schon im Vorfeld betont die Zinsen bis „weit über den Zeithorizont des Nettoerwerbs von Vermögenswerten hinaus auf ihrem aktuellen Niveau“ zu belassen. Ihr Anleiheprogramm endet nach heutigen Stand erst Ende September 2018.

Deutlich wichtiger war deshalb wegen des Euro-Anstieg die Frage, ob die „Forward Guidance“ geändert werden würde (siehe dazu auch gestrige Börse-Intern). Aber auch hier kam es zu keiner Änderung im Wortlaut der geldpolitischen Beschlüsse. Und so werden die Käufe also weiterhin „bis Ende September 2018 oder erforderlichenfalls darüber hinaus" fortgeführt. Die Möglichkeit einer erneuten Ausweitung des Anleihekaufprogramms bei einer Eintrübung des Ausblicks steht auch dieses Mal im Statement zum Zinsentscheid.

Draghi hält sich beim Euro zurück

Um den Euro-Kurs wieder fallen zu lassen, reichte dies allein bei den Märkten nicht aus. Der Euro-Anstieg wurde zwar explizit von EZB-Chef Mario Draghi auf der Pressekonferenz aufgegriffen und dessen Kursentwicklung unter genaue Beobachtung gestellt, zu einer verbalen Intervention kam es aber nicht. Er betonte im Gegenteil, dass die Wechselkurse nicht das Ziel der Geldpolitik sind. Selbst nach mehrfacher Nachfrage der anwesenden Reporter blieb der EZB-Chef standhaft und lies sich zu keiner verbale Attacke auf den Euro-Anstieg hinreißen.

Und so stieg der Euro während der Pressekonferenz weiter und seine Aufwärtsbewegung wurde dabei sogar noch dynamischer. Entsprechend liegt die Abwärtstrendlinie bei 1,23013 USD inzwischen deutlich hinter ihm.

EUR/USD - Chartanalyse

 Dies belastete jedoch den DAX und so gab dieser nach, während sich der Dow Jones auf den Weg zu neuen Rekordhochs machte.

Stehen fundamentale Entwicklung und Euro-Anstieg im Einklang

Ob der Euro-Anstieg noch zu den fundamentalen Daten passt, wurde ebenfalls nicht von Draghi beantwortet. Er sagte nur, dass dieser Anstieg zum Teil durch eine fortschreitende Erholung der Eurozone endogen getrieben sei. Durch Wortmeldungen außerhalb der Notenbank gäbe es aber auch exogene Kurstreiber. Im Folgenden möchte ich also versuchen, diese Frage mit einem Blick auf die fundamentalen Daten konkreter zu erläutern.

Gestern schrieb ich bereits über einige aktuelle Konjunkturdaten aus Deutschland und der Eurozone und wie diese die aktuelle Aufwärtsbewegung beim Euro antreiben. Denn die Daten lassen eine Fortsetzung der positiven Wirtschaftsentwicklung im Euro-Gebiet erwarten. Durch das starke Wachstum steigen die Gewinne, was wiederum Investoren anlockt. Diese ausländischen Investoren müssen ihr Geld in die heimische Währung umtauschen, wodurch sich natürlich die Euro-Nachfrage erhöht. Und schließlich befeuert die höhere Nachfrage den Kurs.

US-Einkaufsmanager verlieren an Optimismus

Wirft man dagegen einen Blick auf die US-Einkaufsmanagerdaten, scheint die USA Wirtschaft an Fahrt zu verlieren. Denn der entsprechende Index von IHS Markit für die Gesamtwirtschaft der USA (Industrie und Dienstleistung, Composite PMI) fiel im Januar von 54,1 Punkte im Vormonat auf 53,8 Punkte. Damit sehen wir bereits den dritten Rückgang in Folge und das niedrigste Niveau seit sieben Monaten (siehe Grafik).

IHS Markit-Einkaufsmanagerindex (Composite) für die USA
(Grafikquelle: tradingeconomics.com)

Schuld daran ist vor allem der Rückgang im Service-Sektor der USA. So sank der entsprechende Einkaufsmanagerindex (PMI) auf 53,3 Punkte (Vormonat: 53,7) und befindet sich nun auf einem 8-Monats-Tief.

IHS Markit-Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor der USA
(Grafikquelle: tradingeconomics.com)

Besser sieht die Lage im verarbeitenden Gewerbes aus. Hier steig der Index (Manufacturing PMI) hingegen von 55,1 auf 55,5 Punkte und erreichte so den höchsten Stand seit März 2015.

IHS Markit-Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe der USA
(Grafikquelle: tradingeconomics.com)

Jedoch ist der Anteil des Dienstleistungsbereiches am US-BIP deutlich größer als die Industrie (ca. 70:30). Entsprechend kann der Anstieg des Manufacturing PMI den Rückgang des Service-PMI nicht ganz ausgleichen.

Eurozone zieht womöglich an USA vorbei

Wenn die US-Wirtschaft tatsächlich - trotz Steuerreform – anfangen sollte zu schwächeln, könnte das Wachstumstempo in der Eurozone schneller werden als in den USA. Dies wäre eine mögliche Erklärung für die Stärke des Euro. Und auf eben jene Entwicklung hatte ich auch schon im Mai 2017 hingewiesen (siehe „Trendwechsel im Euro!“). Zu dieser Zeit lag der Euro noch bei unter 1,10 USD.

Sollte das Wachstum der US-Wirtschaft aber tatsächlich langsamer werden, dürfte dies auch den Kursanstieg der US-Indizes merklich drosseln. Dann steigt auch die Wahrscheinlichkeit einer stärkeren Korrektur am Aktienmarkt.


Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage

Ihr
Sven Weisenhaus

 (Quelle: www.stockstreet.de)

@ ad-hoc-news.de | 26.01.18 12:05 Uhr