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Befindet sich der S&P 500 wirklich im längsten Bullenmarkt der Geschichte?

Der S&P hat in dieser Woche ganz knapp ein neues Allzeithoch erreicht. So lag der US-Index am 26.01.2018 im Hoch bei 2.872,87 Punkten und vorgestern notierte der Kurs bereits bei 2.873,23 Zählern.

S&P 500 - Allzeithoch

Doch neben dem neuen Allzeithoch soll dem US-Index Medienberichten zufolge noch ein weiterer Rekord gelungen sein. So befindet sich der S&P 500 seit dem 06.03.2009 ununterbrochen in einem Bullenmarkt. Das sind 3.456 Tage und das soll damit der längste je gemessene Bullenmarkt sein. Schauen wir uns das aber mal genauer an.

Die zwei längsten Bullenmärkte im S&P 500

Der bisher längste Bullenmarkt der Geschichte reichte vom 11.10.1990 bis zum 24.03.2000 und umfasste 3.452 Tage. Dazu die folgende Grafik der DWS:

S&P 500 - Bullenmärkte
(Quelle: DWS)

Betrachtet man den folgenden Chart, kommt man zunächst auch zu dem Schluss, dass der bis dato längste Bullenmarkt im S&P 500 in den 90er Jahren vom Tief am 11.10.1990 bei 294,51 Punkten bis zum Hoch bei 1.553,11 Zählern am 24.03.2000 lief und somit eine Länge von 3.453 Tagen aufwies (siehe linkes Rechteck im folgenden Chart).

S&P 500 - die beiden aktuellen Bullenmärkte

Dabei kletterte der Kurs um 527 %. Im aktuellen Fall beträgt der Anstieg im S&P 500 vom 06.03.2009 bis einschließlich Vorgestern „nur“ 417 % (rechtes Rechteck). Dafür ist dieser Bullenmarkt mit inzwischen 3.456 Tagen etwas länger als der aus den  90ern Jahren.

Bärenmarkt  ab 20 % Korrektur

Die DWS fügt aber eine Definition hinzu, nach derer es sich nur um einen Bullenmarkt handelt, solange die Kurse nicht um mehr als 20 % sinken. Bei Perioden, in denen der Index um mehr als 20 % fällt, handelt es sich dann um Bärenmärkte.

Und genau das ist der Haken an der Sache. Denn es kam 1998 im S&P 500 zu einen mehr als 20%-igen Einbruch (siehe rotes Rechteck im folgenden Chart). So brach der Kurs vom Hoch bei 1190,58 Punkten am 17. Juli bis zum Tief bei 923,32 Zählern am 8. Oktober um 22,45 % ein. Damit endete der Bullenmarkt am 17.07.1998 und nicht am 24.03.2000. In diesem Fall wären es dann „nur“ 2.383 Tage.

S&P 500 - Bärenmarkt 1998

Und auch im aktuellen Bullenmarkt gingen die Kurse zwischenzeitlich um mehr als 20 % zurück. Den der S&P 500 fiel 2011 vom Hoch am 2. Mai bei 1.370,91 Punkten bis im Tief vom 4. Oktober bei 1.074,68 Punkten um 21,6 %.

S&P 500 - Bärenmarkt 2011

Auf den Blickwinkel kommt es an

Möglicherweise berechnet  die DWS die Bärenmärkte anhand der Tagesschlusskurse. Dann sieht die Sache nämlich wieder anders aus. Die Korrektur im Jahr 1998 läge dadurch nur bei 19,13 % (von 1.184,10 auf 957,53 Punkte) und der Kursrückgang in 2011hätte nur 19,39 % betragen (von 1.363,61 auf 1.099,23 Punkte). Damit wären die Bullenmärkte laut Definition der DWS nicht unterbrochen worden.

Nach dieser Berechnungsmethode hätten wir vorgestern jedoch auch keinen neuen Kursrekord im S&P 500 gehabt. Schließlich gab es auf Schlusskursbasis kein neues Allzeithoch. Und erst wenn es dieses gibt, gilt der derzeitige Bullenmarkt auch als der Längste. Da er aber mit dem Schlusskurs vom 26.01.2018 endete, ist er noch nur der Zweitlängste.

Theoretisch könnte man sogar noch einen Schritt weitergehen. So hat der CIO Americas bei der DWS, David, Bianco, angemerkt, dass es sich bei dem Bärenmarkt von 1990 mit einem Rückgang von knapp unter 20 % (wohl ebenfalls auf Schlusskursbasis) auch nur um „einen sehr kleinen Bär“ handelte. Das würde bedeuten, dass der Bullenmarkt der 90er Jahre bereits nach dem Crash von 1987 begonnen hat. In diesem Fall müssten wir selbst, wenn es schon ein neues Allzeithoch auf Schlusskursbasis gegeben hätte, trotzdem noch bis Juni 2021 gedulden, um einen neuen Rekord zu erleben.

Noch 3 Jahre Bullenmarkt?

Die Einstellung dieses Rekordes ist tatsächlich aber noch denkbar. Schließlich scheinen die Aktienkurse durch die (im historischen Vergleich aktuell recht hohen )Unternehmensgewinne durchaus gerechtfertigt (siehe Börse-Intern vom 8. August) – dies war in den späten Neunzigern nicht unbedingt der Fall (New Economy-Blase). Zudem liegt das Tempo der wirtschaftlichen Erholung und das Wirtschaftswachstum im laufenden Konjunkturzyklus deutlich hinter den der früheren Zyklen zurück. Dementsprechend könnten der Konjunkturaufschwung und auch der Bullenmarkt noch etwas weitergehen.

Und auch der Leitzins der US-Notenbank befindet sich auf einem deutlich niedrigeren Niveau als im Bullenmarkt der 90er Jahre (siehe folgende Grafik).  Selbst wenn es in diesem Jahr noch zwei und im nächsten Jahr noch drei weitere Zinsanhebungen geben sollte, wären wir noch nicht am Niveau der 90er angelangt.

US-Leitzinsentwicklung

Denn wie ich gestern bereits schrieb, betreibt die US-Notenbank dennoch eine im historischen Vergleich sehr lockere und damit wachstumsfördernde Geldpolitik. Durch den aktuellen Zinszyklus der Fed bewegte sich der Realzins (Leitzins abzüglich der Kerninflationsrate) nur wieder in Richtung des „natürlichen Zinses“.

Aktuell ist der Realzins aber noch im Negativen. Nach den Berechnungen der Fed in San Francisco müsste der Realzins auf 0,5 % steigen, um wieder den natürlichen Zins zu erreichen. Dafür bräuchte es nach der aktuellen US-Inflation noch mindestens drei weitere Zinsanhebungen. Diese wird es aller Wahrscheinlichkeit nach in einem Dreivierteljahr gegeben haben.

Deshalb glaube ich auch nicht an eine Trendwende an den US-Aktienmärkten, sondern rechne eher mit erneuten Korrekturen von ca. 10 %, die dann zu einer großen Seitwärtskonsolidierung auf hohem Niveau wird.

Fazit

Dem S&P 500 ist ein neues Allzeithoch gelungen, doch einen neuen Rekord bei der Dauer des Bullenmarktes konnte er nicht aufstellen. Das ist von den Medien nicht korrekt verbreitet worden.

Doch die wichtige Frage ist sowieso nicht, wie lange nun der Bullenmarkt andauerte oder ob es der längste ist, sondern wie lange der Bullenmarkt noch weitergeht. Das richtet sich wiederum nach der  fundamentalen Entwicklung und der Bewertung der Aktienmärkte. Hieraus lässt sich ableiten, wie viel (Korrektur-)Potential es noch gibt. Über diese Faktoren haben wir bereits unterrichtet und werden das auch in Zukunft weiterhin tun.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage

Ihr
Sven Weisenhaus

 (Quelle: www.stockstreet.de)

@ ad-hoc-news.de | 23.08.18 09:18 Uhr