Aktien, Corona

Gamestop Spekulation in Runde zwei: Warum und wie genau ich jetzt GME shorte

Gamestop (NYSE: GME) ist im Januar 2021 quasi über Nacht zu einer der populärsten und meist diskutierten Aktien geworden. Das Wertpapier des texanischen Spielehändlers wurde über das Reddit Forum „Wallstreet Bets“ kurzfristig von unter 20 US-Dollar auf 347 Dollar (Schlusskurs) gepusht, indem institutionelle Short-Seller durch ansteigende Preise gezwungen wurden, ihre Positionen zu decken und den Preis weiter zu treiben (Short-Squeeze).

Nach einem raschen Rückfall auf rund 40 Dollar begann Ende Februar eine zweite Spekulationswelle, in der gestern in der Kerze kurzfristig sogar die GME Höchstkurse (Closing) aus dem Januar übertroffen wurden. Warum ich nun begonnen habe, gegen die maßlos überteuerte Gamestop Aktie zu wetten, wie genau ich den Trade durchführe und warum ich kaum Sorge vor einem erneuten Short-Squeeze habe, erfahren Sie in diesem Artikel.

Es ist das zweite Mal in meinem Anleger-Leben, dass ich gegen einen Kurs setze. Eigentlich bin ich ein überzeugter Long-Investor und erfahrener Smallcap-Spekulant. Bei meinem ersten Short setzte ich Anfang März 2020, zu Beginn des Corona-Crashs mit einem inversen ETF gegen den S&P500. Der aufgrund der überraschend schnellen Erholung des Aktienmarktes, später mit leichtem Verlust realisierte Trade, ist in meinem Musterdepot öffentlich nachvollziehbar.

Die erste Spekulationsrunde bei GME habe ich mir gemütlich (mit einem gewissen Amüsement) von der Seitenlinie angesehen. Millionen Kleinanleger bringen wie David gegen Goliath Hedgefonds-Riesen zu Fall. Wie spannend und unterhaltsam die Börsenwelt doch sein kann! Bei der nachfolgenden Diskussion rund um einen #Silversqueeze war ich als Investor in Edelmetall- und Rohstoffaktien und Herausgeber eines Börsendienstes mit diesem Schwerpunkt schon wesentlich mehr involviert und musste meine Leser aufklären und davor warnen, das Thema zu ernst zu nehmen und hohe Aufschläge für physisches Silber und Silberaktien zu bezahlen. Scharen von Anlegern rannten in eine Richtung und ich wurde das erste Mal (jemals) bärisch für Silber.

Gamestop: Hintergründe der GME Kursentwicklung

GME verdiente sich meine Aufmerksamkeit eigentlich erst in den letzten Tagen wieder, als die Kurse nicht aufhören wollten zu steigen. Als GME gestern erneut die 300 Dollar-Marke tangierte, fühlte ich mich quasi gezwungen, die irrational überbewertete Aktie zu shorten. Wie genau ich das gemacht habe, wie das auch Kleinanleger einfach nachmachen können und worauf man achten sollte, erkläre ich weiter unten.

Schauen wir uns zunächst das Chart an: Seit Erreichen eines Kurses von rund 57 US-Dollar (2013) verlor die Aktie kontinuierlich an Wert. Besonders deutlich werden die jüngsten Übertreibungen dieses Jahres im Langfrist-Chart.

Gamestop hat physische Verkaufsläden auf der ganzen Welt. Während Konkurrenten in der Branche längst teuren Ladenmieten abgeschworen hatten und mit eCommerce Geschäftsmodellen mit der Zeit gingen, hielt das Gamestop Management lange an seiner Kaufhaus-Strategie fest. Das Geschäftsmodell war in Meinung vieler schlicht nicht mehr zukunftsfähig, es drohte ein ähnliches Schicksal wie dem DVD-Verleihdienst Blockbuster, der über 9.000 Läden weltweit dichtmachen musste.

Das war auch institutionellen Anlegern klar, die über längere Zeit massiv gegen GME wetteten. Natürlich hatten die großen Shorter ihre Rechnung ohne organisierte Gruppen von Kleinanlegern gemacht, die entweder den Kapitalmarkt nicht verstehen, als Momentum-Trader die Welle reiten und schnelle Gewinne realisieren wollen oder einfach bereit sind, ein paarhundert Dollar in den Sand zu setzen, um „bösen“ Hedgefonds eins auszuwischen.

Die zweite Welle der GME Spekulation schätze ich als primär Euphorie-getrieben ein. Eine klassische Spekulationsblase, in der sich euphorische Anleger gegenseitig nach oben überbieten, weil es ein Übermaß an medialer Aufmerksamkeit gibt und sie eine positive Entwicklung sehen. Diese positive Entwicklung gibt es tatsächlich und sie wird GME wahrscheinlich eine Insolvenz ersparen und das Unternehmen potenziell zukunftsfähig machen:

Der 35-jährige Geschäftsmann Ryan Cohen, Gründer und ehemaliger CEO von Chewy, einem erfolgreichen Onlineshop für Haustierbedarf, investierte bereits Ende letzten Jahres 76 Mio. Dollar (über 9 Mio. Aktien) in Gamestop, mit der Intention das Unternehmen in ein eCommerce Business umzustrukturieren. Der erfolgreiche Online-Unternehmer und selfmade-Milliardär hat in der Tat das Zeug dazu, GME sehr positiv zu beeinflussen. Er könnte GME zu einer zukunftsfähigen Trendaktie machen. Aber rechtfertigt das eine Bewertung von aktuell über 18 Milliarden Dollar? Ich sage nein und die Zeit wird zeigen ob ich recht habe.

So shorte ich die GME Aktie

Disclaimer: Dies ist keine Anlageberatung und keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren, sondern gibt lediglich meine persönliche Meinung wieder. Trotzdem möchte ich mein Vorgehen relativ detailliert beschreiben.

Obgleich Short-Selling definitiv keine Investment-Praktik für Anfänger ist, da theoretisch ein unbegrenztes Verlustrisiko (höher als die Einlage) besteht, ist es keinesfalls ein Tool das Hedgefonds und Großinvestoren vorbehalten ist. Theoretisch kann jeder Kleinanleger mit dem richtigen Broker und regulatorisch nötigen Margin-Berechtigungen shorten.

Für meinen GME Short benutze ich den Online Broker Captrader (hier im Online Broker Test). Da ich ohne Hebel und ohne „Knockout“ (z.B. über Zertifikate) shorten möchte, habe ich mich für einen simplen Leerverkauf entschieden. Das bedeutet ich habe GME Aktien verkauft ohne sie zu besitzen und muss diese später kaufen, um die Position zu decken.

Der gestrige Handelstag war spektakulär. Der Trade wurde sogleich auf dem Goldgeldwelt Instagram Kanal geteilt. Die GME Aktie entwickelte sich zunächst steil nach oben und verlor dann innerhalb von 24 Minuten unglaubliche 42%! Das zeigt, wie spekulativ getrieben die Kursentwicklung von GME derzeit ist. Klassische Methoden zur Aktienbewertung spielen hier kurzfristig keine Rolle mehr. Mittelfristig wird es aber genau dazu wieder kommen müssen, es handelt sich schließlich um ein Unternehmen mit Gewinnen, Verlusten, Mitarbeitern (und tausenden Läden), nicht um einen virtuellen Chart oder eine Kryptowährung, deren Wert sich mehr oder weniger ausschließlich über Begrenztheit und Sentiment definiert.

Ich habe GME gestern in mehreren Tranchen knapp unter 300 Dollar und oberhalb von 320 Dollar leerverkauft. Heute habe ich einen weiteren Leerverkauf bei 270 Dollar getätigt.

Wichtig ist mir dabei, ein vielfaches der gesamten Positionsgröße an Cash im Broker-Konto vorzuhalten, damit sich der GME Kurs (obwohl ich das für sehr unwahrscheinlich halte) vom aktuellen Niveau kurzfristig gerne verdreifachen kann, ohne dass mein Broker zusätzliche Mittel einfordert oder mich zwingt die Position zu einem ungünstigen Zeitpunkt durch Kauf der Aktie zu decken. Ich möchte schließlich nicht selbst Opfer eines Short-Squeeze werden.

Die geplante Haltedauer meiner GME Shortposition ist wenige Monate. Der Zielkorridor zum Auflösen der Position durch Kauf der Aktie liegt zwischen 70 du 100 Dollar. Oberhalb von 300 Dollar werde ich die GME Short-Position definitiv vergrößern, doch auch auf aktuellem Niveau halte ich GME für spekulativ überbewertet.

Dieser Artikel von Florian Munsch ist erstmalig auf www.goldgeldwelt.de erschienen.

@ ad-hoc-news.de | 11.03.21 20:24 Uhr