METROPOLE Gestion, Anleihen

Im Fokus - Bewertungen und Anstieg der langfristigen Anleiherenditen

Es sind zwei Faktoren, die derzeit auffallen: zum einen ist es der Fakt, wie sensibel einige Sektoren auf einen Anstieg der Zinssätze reagieren. Zum anderen sehen wir, dass sich die Fundamentaldaten für Europas Zykliker verbessert haben. Das ist für Value-Investoren wie uns sehr interessant.

Zuletzt war ein  deutlicher Anstieg der langfristigen Zinssätze zu beobachten. Dabei überraschte vor allem die Dynamik des Anstiegs. Die Renditen für 10-jährige Bundesanleihen beispielsweise gingen seit Ende 2013 um knapp 200 Basispunkte zurück und erreichten im April dieses Jahreseinen historischen Tiefststand von 0,07%, bevor sie in nur wenigen Wochen auf rund 1 Prozent nach oben schnellten. Dabei ist das nun erreichte Renditeniveau immer noch charakteristisch ein Niedrigzinsumfeld. Trotzdem reagierten die Kurse von Aktien bestimmter STOXX 600-Sektoren äußerst heftig auf den abrupten Anstieg. Daran wird einmal mehr deutlich, wie schwach das Fundament war, auf dem die mehrmonatige Rally in diesen Sektoren basierte.

Seit Ende des ersten Quartals 2014 hatten sich Aktien von Sektoren wie z.B. Pharma, Basiskonsumgüter, Nahrungsmittel und Immobilien, die ein hohes Dividendenniveau oder anleiheähnliche Eigenschaften aufweisen, deutlich besser als der Gesamtmarkt entwickelt. Die Bewertungen in diesen Sektoren, die wir schon im vergangenen Jahr für übertrieben hielten, erreichten Anfang 2015 neue historische Rekorde, jedoch nicht etwa infolge überzeugender Fundamentaldaten, sondern allein wegen des starken Rückgangs der Anleiherenditen. Daher überrascht es kaum, dass der jüngste Anstieg der Anleiherenditen in der Eurozone genau diese Sektoren besonders stark in Mitleidenschaft zog. Unabhängig davon, wie sich das Zinsumfeld in den kommenden Monaten entwickeln wird, halten wir es für riskant, in Aktien oder Sektoren zu investieren, deren weitere Performance nicht auf unternehmerischen Fundamentaldaten, sondern auf externen und schwer vorhersehbaren Faktoren beruht.

Erfreulich ist, dass in der abgelaufenen Berichtssaison die meisten europäischen Unternehmen die Konsensschätzungen übertroffen haben, die nach wie vor von einem niedrigen Gewinnwachstum ausgehen. Wir sind der Auffassung, dass der Markt die positiven Effekte der Euroschwäche und des Ölpreisrückgangs sowie insbesondere den operativen Hebel der europäischen Unternehmen immer noch unterschätzt. Das gilt vor allem für Zykliker, die während der Krise einiges unternommen haben, um ihre Prozesse neu zu strukturieren. Ein Paradebeispiel hierfür ist Capgemini. Die Anstrengungen, die das IT-Beratungsunternehmen in den letzten drei Jahren unternommen hat, fanden am Markt bisher kaum Beachtung. Dabei ist Capgemini aufgrund der Umstrukturierungsmaßnahmen heute in der Lage, ähnlich hohe Margen wie sein Mitbewerber Accenture zu erzielen. Erst vor kurzem hat der Markt begonnen, den verbesserten Börsenstatus zu honorieren.

Zahlreiche andere europäische Unternehmen haben ähnliche Maßnahmen wie Capgemini ergriffen. Auch sie dürften im kommenden Zyklus ihre Ertragskraft deutlich steigern. Eine Tatsache, die jedoch noch nicht in den Kursen eingepreist ist.

 

@ ad-hoc-news.de | 29.06.15 08:16 Uhr