Amerika, Russland“

„Armes Amerika, reiches Russland“

+++Bernanke darf die Zinsen nicht mehr erhöhen+++US-Verschuldung macht Sorgen+++Russland profitiert von hohen Ölpreisen+++Russische Oligarchen gehen auf „Einkaufstour“+++

Vor zwei Wochen war noch die Headline meiner Kolumne „Rebound oder Immobilienkrise?“ und genau dies war nachfolgend das Thema in den meisten Börsenzeitschriften. Nun war zwar die Immobilienkrise in den USA der Anlass der zweiten Korrektur, der Rebound kam aber schneller als von meisten erwartet wurde, obwohl wir dieses Phänomen der „v-förmigen“ Kurserholung schon vom letzten Jahr kennen, wo es im Juni auch keine Bodenbildung und auch keine sonst typische A-B-C-Korrektur gab. Dennoch kann mittelfristig an den internationalen Aktienmärkten keine Entwarnung gegeben werden. Bernanke hat zwar die Zinsen unverändert bei 5,25% gelassen; dennoch könnte er im zweiten Halbjahr mit dem Phänomen „Stagflation“ zu kämpfen haben und man darauf gespannt sein. wie er darauf reagieren wird. Was aber bei der Diskussion um weitere Zinserhöhungen vergessen wird, ist dass Bernanke im Grunde gar keinen Zinserhöhungsspielraum mehr hat. Denn wenn er jetzt die Zinsen noch einmal (überraschend) erhöhen würde, könnte er eine Lawine ins Rollen bringen, wo dann nur noch schwer durch Zinssenkungen gegengesteuert werden kann. Am langen Ende sind bisher die Zinsen noch nicht sehr stak gestiegen. Wenn die langfristigen Zinsen in den USA weiter steigen sollten würde sich das US-Haushaltsbilanzdefizit enorm erhöhen. Schon jetzt nimmt die US-Verschuldung besorgniserregende Ausmaße an. Die Staatsverschuldung beträgt zwar „nur“ 8,5 Billionen USD; wenn neben der Staatsverschuldung auch doch die Verpflichtungen der Pensionskassen und Gesundheitssysteme hinzuaddiert wird, macht die Verschuldung der USA über 300% des BSP aus. Angeblich gibt es kumulativ mit 53 Billionen USD schon genauso hohe Auszahlungsverpflichtungen wie Vermögen in den USA. Wenn die chinesischen Nationalbank, die mittlerweile ein Vermögen von 1,5 Billionen US-Dollar zu verwalten hat, nicht ständig amerikanische Anleihen kaufen und damit zum Großteil das US-Haushaltsbilanzdefizit finanzieren würde, müssten die US-Zinsen enorm stiegen, um überhaupt noch international Abnehmer zu finden. Früher oder später könnte dies China auch als politisches Druckmittel gegenüber den USA benutzen, denn wer in der Gläubigerposition ist, sitzt immer am längeren Hebel. Die Verschuldungspirale nimmt in den USA schon jetzt dramatische Züge an, wobei die Verschuldung – auch durch den Irakkrieg - exponentiell steigt. In Deutschland sieht die Verschuldungssituation übrigens nicht viel besser aus, wobei uns hier der demographische Faktor in Zukunft noch vor sehr viel größere Herausforderungen stellen wird. Dies wird noch zu viel Entbehrungen und Unmut in der Bevölkerung führen. In den USA hat man nun aber Angst, dass nach der Immobilienkrise auch die Konsumentennachfrage nachlässt, was zu einer Verminderung des Wachstums führen könnte. Wenn die USA sogar in eine Rezession – wahrscheinlich erst in 2008 - kommen sollte, werden verschiedene Verschuldungsprobleme (Immobilien-, Konsumenten- und Haushaltsverschuldung) gleichzeitig „hochkommen“ und sogar einige Banken, die jetzt noch klotzig verdienen, sehr schnell in Notlagen bringen. Insbesondere die Banken werden davon betroffen sein, die nicht hinreichend Risikovorsorge betrieben haben. Alleine die Immobiliekredite nahmen in den letzten Jahren auf 1,2 Billionen USD zu. Nach New Century könnten auch die großen Hypothekenbanken in eine Schieflage kommen. Fannie Mae hat im 4. Quartal 2006 schon einen Verlust von über 400 Mio. USD gemeldet, der aber noch verkraftet werden kann. Das Problem ist, dass Hypothekarkredite zum Teil an Hedgefonds „weiterverkauft“ wurden, so dass demnächst auch einige Hedgefonds in Mileidenschaft gezogen werden könnten. Nicht vergessen sollte der Anleger auch die weiterhin hohe Leistungs- und Haushaltsbilanzdefizite in den USA. Der Irakkrieg vergrößert durch die Militärausgaben das Loch in der Staatskasse. Mit Bill Gates, Warren Buffet und Mittel Steel kommen zwar die drei reichsten Personen der Welt aus den USA und dies wird ach lange Zeit noch so bleiben; auch zehren viele US-Unternehmen noch von ihren Rekordgewinnen in 2006. Dennoch könnte auch in den USA die Verschuldungsfalle zuschnappen nämlich dann, wenn Bernanke die Zinsschraube weiter anziehen sollte. Er würde damit nicht nur die Konjunktur abwürgen, sondern auch helfen, das Haushaltsbilanzdefizit in den USA zu erhöhen. Derartige Probleme hat Russland nicht. Im Gegenteil: Russland weist enorm hohe Haushaltsbilanzüberschüsse von 8% des BSP aus bzw. in absoluten Zahlen 75 Mrd. USD. Jeder Dollar beim Ölpreisanstieg bringt Russland 3 Mrd. an Mehreinnahmen in der Handelsbilanz. Im Ölsektor wird 10% des BSP erwirtschaftet; über 50% der Exporteinnahmen beruhen auf Rohstoffexporten. Der Ölpreis ist aufgrund sinkender Lagerbestände in den USA und drohender Engpässen wegen der bevorstehenden Präsidentschaftswahlen in Nigeria und der UN-Sanktionen gegen den Iran zuletzt wieder auf 62 USD gestiegen – gut für Russland, schlecht für Amerika. Die Währungsreserven betragen in Russland schon über 300 Mrd. USD – mit steigender Tendenz. Die Staatsverschuldung zum BSP ist unter 10% gesunken - mit weiter fallender Tendenz. Russland wird zwar auch immer älter, hat aber auch nicht zwingende Verpflichtungen bei den Pensionskassen, Renten und Gesundheitssystemen, weil dies noch gar nicht aufgebaut wurden. Es kann daher in Zukunft finanziell „freier“ agieren. Der Staat ist zudem mehrheitlich an den Gazprom, Rosneft und UES beteiligt, was alleine einen Wert von über 200 Mrd. USD ausmacht und dem Staat jedes Jahr hohe Steuereinnahmen einbringt. Zudem hat Russland die Rohstoffreserven, die die USA gerne hätten. In Russland sitzen in der Duma über 30 Milliardäre, wobei sich die Anzahl der Milliardäre in Russland insgesamt im letzten Jahr von 50 auf 60 erhöht hat. Das Vermögen der beiden reichsten Russen, des Aluminiumkönigs Oleg Deripaska und des reichste „Engländer“ Roman Abromovich, werden schon beide auf jeweils 20 Mrd. USD geschätzt. Abromovich, der zuvor durch Sibneft (jetzt Gapromneft) reich wurde, möchte jetzt vor allem über die Evraz Group im Stahlsektor expandieren. Vielleicht wird irgendwann auch eine Thyssen Krupp oder Salzgitter auf der Watch-List von Russen stehen. Diese so genannten Oligarchen werden in den nächsten Jahren in jedem Fall im Westen auf Einkaufstour gehen. Der Einstieg der Vneshtorgbank, die demnächst ein IPO plant, bei EADS mit 6% war also nur der Beginn einer neuen Zeitepoche. Über 50 Mrd. USD werden schon jetzt von Russen in westlichen Banken geparkt und suchen nach Anlagemöglichkeiten. Die Russen haben auch dafür gesorgt, dass die Immobilienpreise im Baltikum (Lettland) und in Spanien in einigen Gebieten astronomische Größenordnungen angenommen haben. Der Oligarch Vekselberg hat sich schon in der Schweiz eingekauft (u.a. bei Oerlikon), will aber auch Assets in Deutschland erwerben. Sein Vermögen wird auf 10 Mrd. US-Dollar geschätzt. Auch deutsche Unternehmen wie RWE, Linde und Deutsche Telekom könnten demnächst von russischen Oligarchen umgarnt werden. Von daher rollt nicht nur in Russland der Rubel im Konsumsektor; der Rubel, der jetzt übrigens über Clearstream an der Frankfurter Börse frei handelbar ist, ist aufgrund der guten Finanzlage des Staates eher long zu sehen, während der USD langfristig an Wert verlieren sollte. Wer unbedingt Anleihen kaufen will, sollte lieber Rubel- anstelle von US-Anleihen erwerben. Schon im letzten Jahr verlor der USD zum Rubel 8 % an Wert. Dieser Trend dürfte sich in Zukunft fortsetzen. Also Rubel long, Dollar short. Oder auch überspitzt formuliert: „Armes Amerika, reiches Russland!“ Zumindest unsere Enkelkinder werden ein Lied davon singen können. Hinweis: Das nächste ESI-Ostbörsen-Seminar „Go East!“ (mit Schwerpunkthema Balkan- und GUS-Republiken) wird am 18. April 2007 in Frankfurt/M um 17.30 Uhr stattfinden. Infos und Anmeldung unter www.eaststock.de.
@ ad-hoc-news.de | 25.03.07 14:07 Uhr