Staudamm, Cherson

Riesige Wassermassen strömen seit Dienstag aus dem kaputten Staudamm in der Region Cherson, für dessen Zerstörung Kiew und der Westen Russland verantwortlich machen.

08.06.2023 - 11:01:59

Nach Staudamm-Zerstörung: Selenskyj besucht Flutgebiet. Nun ist Selenskyj vor Ort.

  • Rettungskräfte evakuieren eine ältere Frau aus einem überfluteten Viertel in Cherson. - Foto: Evgeniy Maloletka/AP

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  • Blick auf die Wassermassen in Cherson. Noch immer fließt Wasser aus dem Stausee ab. - Foto: Nicolas Cleuet/Le Pictorium via ZUMA Press/dpa

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  • Wasser fließt über den zerstörten Staudamm. In der Nacht zum Dienstag war der Kachowka-Staudamm des Flusses Dnipro durch eine Explosion schwer beschädigt worden. - Foto: Stringer/AP/dpa

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Rettungskräfte evakuieren eine ältere Frau aus einem überfluteten Viertel in Cherson. - Foto: Evgeniy Maloletka/APBlick auf die Wassermassen in Cherson. Noch immer fließt Wasser aus dem Stausee ab. - Foto: Nicolas Cleuet/Le Pictorium via ZUMA Press/dpaWasser fließt über den zerstörten Staudamm. In der Nacht zum Dienstag war der Kachowka-Staudamm des Flusses Dnipro durch eine Explosion schwer beschädigt worden. - Foto: Stringer/AP/dpa

Wenige Tage nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms in der Südukraine ist Präsident Wolodymyr Selenskyj in die Hochwasserregion gereist. Im Gebiet Cherson habe er sich unter anderem ein Bild von den laufenden Evakuierungen gemacht, teilte Selenskyj über seinen offiziellen Telegram-Kanal mit.

Er veröffentlichte auch ein Video, das ihn mit Anwohnern, Rettern und Soldaten zeigt. Zu sehen sind außerdem Häuser, von denen nur noch die Spitze des Dachs aus meterhohen Wassermassen ragt.

In der Nacht zum Dienstag war der Damm in der von russischen Truppen besetzten Stadt Nowa Kachowka zerstört worden. Seitdem strömen riesige Mengen Wasser aus dem Stausee. Zahlreiche Orte sind überflutet, darunter auch die Gebietshauptstadt Cherson.

Die Ukraine macht - ebenso wie viele internationale Beobachter - Russland für die Katastrophe verantwortlich. Die Regierung des angegriffenen Landes ist davon überzeugt, dass Moskau den Staudamm sprengen ließ, um so die geplante ukrainische Gegenoffensive zu behindern. Moskau weist die Vorwürfe zurück und schiebt Kiew die Schuld zu.

Kritik an Hilfsorganisationen

Selenskyj rief die Weltgemeinschaft bereits zu größeren Hilfen für die Flutopfer auf und kritisierte internationale Hilfsorganisationen wegen ihrer angeblichen Passivität. Seinen Angaben zufolge wurden bislang rund 2000 Menschen im ukrainisch kontrollierten Teil des Hochwassergebiets in Sicherheit gebracht. Große Sorge bereitet darüber hinaus aber vor allem die Situation der Menschen auf der von Russland besetzten linken Seite des Flusses Dnipro, die besonders schwer von den Fluten betroffen ist.

Auch am Donnerstag flossen weiter Wassermassen aus dem Stausee ab. Der Wasserstand in dem See sei binnen 24 Stunden um einen Meter gesunken und liege mit Stand 7.00 Uhr MESZ bei 13,05 Meter, hatte der staatliche Wasserkraftwerksbetreiber Ukrhydroenergo in Kiew mitgeteilt.

Russische Stellungen durch Wasserflut zerstört

Die russischen Truppen haben durch die Zerstörung des Kachowka-Staudamms aus Sicht des Militärs in Kiew und von US-Experten Verluste hinnehmen müssen. Die Besatzer seien nicht vorbereitet gewesen auf die Folgen der Sprengung des Staudamms und hätten deshalb Soldaten, Ausrüstung und Militärtechnik verloren, teilte der Generalstab in Kiew mit. Es gebe tote, verletzte und vermisste russische Soldaten.

Auch Experten des US-Instituts für Kriegsstudien (ISW) stellten fest, dass durch die Fluten aus dem Stausee russische Verteidigungsstellungen in der Frontlinie vernichtet worden seien.

Die oppositionsnahe russische Recherchegruppe CIT (Conflict Intelligence Team) sieht die Ursache für die Katastrophe in einer «verbrecherischen Nachlässigkeit der Besatzer». Die russischen Truppen hätten schon seit November 2022 den Abfluss von Wasser aus dem Stausee nicht mehr reguliert und so ein Zerbersten der Mauer in Kauf genommen. Die allmähliche Zerstörung der Staumauer sei auf Satellitenaufnahmen zu sehen und durch unabhängige Quellen belegt.

Dagegen hatte Ukraine bereits am Dienstag kurz nach der Explosion den Namen der Armeeeinheit und des Kommandeurs genannt, die ihren Erkenntnissen zufolge die Sprengung herbeigeführt hätten. Das zentrale russische Ermittlungskomitee in Moskau hat eine Untersuchung eingeleitet. Diskutiert wird international eine Untersuchung zu den Ursachen der Kraftwerkszerstörung.

Besatzer melden fünf Tote

Infolge des verheerenden Hochwassers sind im russisch besetzten Teil mehrere Menschen ums Leben gekommen. Der Besatzungschef der besonders betroffenen Stadt Nowa Kachowka, Wladimir Leontjew, sprach im russischen Staatsfernsehen von fünf Toten. Außerdem seien mehr als 40 Menschen verletzt worden. Unabhängig ließen sich diese Zahlen nicht überprüfen.

Die Ukrainer warnen seit Tagen vor hohen Opferzahlen auf der besetzten Seite des Flusses Dnipro und werfen den Russen vor, sich nicht ausreichend um die Evakuierung der Zivilisten zu kümmern.

@ dpa.de